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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
Autoren: Denise Mina
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zerklüfteter Riss. Warmes Blut quoll träge daraus hervor, in der Dunkelheit der Küche wirkte die Pfütze schwarz, ein zähflüssiger Tintenteppich, der sich auf dem unebenen Boden silbrig glänzend in Nebenarme teilte, kleine Seen bildete und das Meer suchte.
    Die linke Hand lag ganz nah bei ihnen, ruhte in einer Raute aus Morgenlicht, das durchs Fenster drang. Paddy sah einen Streifen weiche weiße Haut unter seinem schweren Ehering. Sein Gesicht wirkte seltsam ohne Brille, nackt, verletzlich. Seine Augen waren kleiner, als sie angenommen hatte, die Wimpern kurz und geschwungen.
    »Wir vergraben ihn im Garten«, sagte Callum.
    Seine Ungerührtheit verstörte Paddy. »Er ist nicht tot.«
    »Du solltest gar nicht hier sein«, sagte Dub.
    Einen Moment lang saßen sie schweigend da. Callum holte Luft und sprach erneut. »Wir fackeln das Haus ab und ihn gleich mit. Wenn sie kommen, finden sie Essen und einen Schlafsack. Wir lassen ein Feuerzeug in seiner Nähe liegen, eine Schachtel Zigaretten und alle werden denken, dass er ein obdachloser Penner war, der sich mit seiner Kippe in Brand gesteckt hat. Das Problem ist der Wagen vorm Haus … Wir könnten ihn zurückfahren und irgendwo in der Stadt stehen lassen.«
    Paddy und Dub sahen ihn an. Er war sehr ruhig, als wäre er für diesen Moment geboren worden.
    »Callum«, sagte Paddy, »der Mann ist noch nicht tot. Was daran verstehst du nicht? Er ist nicht tot, er lebt.«
    Callum seufzte. »Okay, dann ruf einen Krankenwagen.«
    Sie schüttelte den Kopf, unterbrach ihn, aber Callum blieb beharrlich. »Wenn er überlebt, wird er dich dann umbringen? Wird er zurückkommen und dir und Pete wehtun?«
    »Vielleicht.« Sie dachte darüber nach. »Wahrscheinlich.«
    »Dann werde endlich erwachsen.«
    »Ich wollte, dass du in dem verdammten Wagen bleibst«, sagte Dub, als ob damit irgendetwas zu retten gewesen wäre.
    Paddy schlug die Hände vors Gesicht. »Gott, ich bin am Verhungern. Wie kann man in solch einem Moment bloß Hunger haben?«
    »Adrenalin«, sagte Callum und beobachtete ruhig, wie ein blutiges Rinnsal über den Boden auf ihn zufloss. »Es rauscht durch einen hindurch, dann lässt es nach und man hat Hunger.« Er sah, dass sie ihn fragend musterten. »Aggressionsbewältigungskurs. Im Knast.«
    Paddy betrachtete den eingefallenen Haufen auf dem Boden. »Vielleicht verblutet er ja.«
    Callum rümpfte die Nase. »Was, wenn nicht?«
    Dub stand auf und sah auf Callum herab. »Was mir wirklich Sorgen macht und ich meine, richtig heftig Sorgen, das ist, dass du eigentlich gar nicht hier sein solltest. Egal, was passiert, du solltest nicht hier sein und es sehen.«
    »Er hat recht«, sagte Paddy, stand auf und ließ McBree nicht aus den Augen, fürchtete sich, den Blick abzuwenden für den Fall, dass er plötzlich auf die Beine springen und auf sie losgehen würde. »Geh zurück zum Wagen.«
    Callum stand auf, wischte sich den Dreck vom Hintern. »Ihr wollt mich schützen, aber da kommt ihr zu spät.« Er machte eine Handbewegung in Richtung des halb toten Mannes. »So was hier verstehe ich. Ihr beiden, ihr versteht so was nicht. Ihr sitzt da, beobachtet ihn und hofft, dass er stirbt, aber wir müssen etwas unternehmen.«
    Er hatte nicht ganz unrecht, aber Paddy trat zwischen ihn und McBree. »Ich muss etwas unternehmen.«
    Etwas Flehendes lag in seinem Blick. »Überlass das mir. Ich weiß, was ich tue. Du nicht.«
    Paddy zögerte. »Ich möchte, dass du mit Dub zurück zum Wagen gehst. Die meisten Menschen, Callum, die meisten kommen wie wir aus einem schönen Zuhause, wir wachsen auf und dann sehen wir so was. Du hast es viel schwerer. Du musst das alles in umgekehrter Reihenfolge machen.«
    »Ich lass dich hier nicht alleine, du hast keine Ahnung …«
    »Du gehst jetzt mit Dub zum Wagen.« Da war wieder ihre wütende Mutterstimme. Sie hatte bei den Typen von der Sportredaktion funktioniert und sie funktionierte bei Pete, aber Callum war bereits sein ganzes Leben lang angeschrien worden. Sie sah, dass er ein kleines bisschen lächelte und unentschlossen war. Er unterdrückte ein Grinsen, senkte die Augen und starrte auf Dubs Füße.
    »Okay, ich geh zum Wagen.«

IV
    Sie zündete eine Zigarette an und sah wieder auf McBrees Kopf. Die Wunde hatte aufgehört zu bluten, die Blutlache breitete sich nicht weiter aus. Als sie um seine Füße herum auf seinen linken Arm zuging, behielt sie sein Gesicht im Blick. Sie hätte seinen Puls fühlen sollen, nachsehen müssen, ob er
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