Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
Autoren: Denise Mina
Vom Netzwerk:
erdrückend.
    Dubs Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Sie hat gesagt, dass sie mich liebt. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich bin kein gewalttätiger Mensch.«
    Callum wollte, dass Dub gut von ihm dachte, nicht damit er einen positiven Bericht schrieb oder ihm Bewährung versprach, sondern nur weil er seine sanfte Art mochte und er sich vor Mäusen fürchtete. »Aber ich«, sagte er leise. »Ich bin gewalttätig. Ich weiß, wie ich mich verhalten soll. Sie ist da alleine und sie ist meine Familie und ich fahre zurück.«
    Callum hatte nicht damit gerechnet, dass jemand, der so feige war wie Dub, zu so etwas fähig gewesen wäre, aber die Zornesröte stieg Dub ins Gesicht und er beugte sich über die Gangschaltung und schob sein Gesicht Callum direkt vor die Nase: »Du hörst mir jetzt verdammt noch mal zu: Du bist noch ein Kind.« Er deutete auf Callums Brust, stocherte mit dem Finger auf ihn ein, als wollte er ihn erstechen. »Sean Ogilvy hat dich nicht mit zu seiner Familie nach Hause genommen, damit du dich in so eine Scheiße einmischst, hast du mich verstanden? Paddy ist nicht die ganze verdammte Küste entlanggefahren und hat sich in der Redaktion so viel Mist angehört, damit du ihr jetzt zur Last fällst. Du bist ein Kind.«
    »Aber, ich weiß wie …«
    Dub beugte sich wieder zu Callum rüber, seine Augen quollen wütend aus ihren Höhlen. Er war so zornig wie Haversham. »Wenn dieser Typ auftaucht und du ihn zu Brei schlägst, wie lange meinst du, wird es dauern, bis sie dich wieder in den Knast stecken? Du bist nicht mal eine Woche draußen, Gott und die Welt suchen dich, wir reißen uns alle den Arsch auf, um dich zu beschützen. Glaubst du, ich lasse dich jetzt da hinmarschieren und eine Prügelei anzetteln?«
    »Aber sie ist meine Familie«, sagte er kläglich.
    Dub lehnte sich mit noch immer weit aufgerissenen Augen zurück. »Du bist nicht ihr Vater, du bist nicht ihr Bruder, also wer bist du dann?«
    Callum zuckte mit den Schultern.
    Dub formte einen kleinen Kreis mit dem Finger. »In dieser Familie, in unserer Familie, bist du das Kind. Und in dieser Familie, in unserer Familie, passen die Großen auf die Kleinen auf.« Er öffnete die Wagentür und stellte sich neben den Wagen. »Wenn du aussteigst, rede ich nie wieder ein Wort mit dir.«
    »Du musst eine Waffe besorgen«, sagte Callum.
    Dub sah ihn an. »Ich gehe zur Tankstelle. Und besorge ein Messer.«
    Er schlug die Tür hinter sich zu und ging um die Ecke auf den Laden zu.
    Callum saß alleine im Wagen, seine Augen brannten und er blinzelte. Er hatte geglaubt, er sei ihnen lästig, sei ein Problem für sie. Erst als Dub es ausgesprochen hatte, hatte er es begriffen: Sie wollten ihn beschützen. Er war ihr Kind. Seit jener dunklen Nacht mit dem Kleinen war er kein Kind mehr gewesen. Aber sie versteckten ihn nicht, sie duldeten ihn nicht. Sie kümmerten sich um ihn.
    Als Dub wieder um die Ecke bog, verdrehte Callum die Augen und stöhnte. Dub trug einen roten Benzinkanister aus Plastik. Er öffnete die Fahrertür, sah hinein und wiederholte seine Warnung: »Ich rede nie wieder mit dir.«
    Callum schüttelte den Kopf. »Mit einem Benzinkanister kannst du nichts gegen ihn ausrichten. Der ist weich, damit kannst du nicht zuschlagen und versuch erst gar nicht, ihn anzuzünden, dann erwischst du sie gleich mit. Wahrscheinlich steckst du dich selbst in Brand.«
    Dub wirkte einen Augenblick lang unsicher. »Also was dann?«
    »Besorg einen Mauerstein. Du musst ihn hier treffen …« Callum befingerte seinen Kopf an einer Stelle, wo der Schädel, wie er wusste, weich war.
    Dub sah ihn an, diesmal sanfter. »Versprich mir, dass du nicht aussteigst, Callum.«
    »Okay«, flüsterte er. »Ich bleib hier.«

II
    Das Gras war frisch gemäht. Lange Streifen reichten bis zum Hügel hinauf und wieder zurück. Daran erkannte man, dass das Feld von einer Maschine abgemäht worden war, die das Gras bis auf wenige Zentimeter gestutzt hatte.
    Dub hielt sich im Straßengraben, um von den Insassen der vorüberfahrenden Autos unentdeckt zu bleiben. Eigentlich wäre es ganz einfach gewesen: Ein Rinnsal hatte eine flache Spalte in die fruchtbare Erde getrieben, durch die er sich geduckt hätte fortbewegen können. Doch der Bauer hatte seinen Zaun an dem Bach entlang aufgestellt, vier Reihen Stacheldraht, die Pfähle fest in der schwarzen Erde verankert. Er musste sehr langsam gehen, sonst hätte er riskiert, runterzurutschen und sich am Zaun zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher