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Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Autoren: Alexandra Grote
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seufzte.
    »Mitleid nicht, Monsieur. Aber sicher ein gewisses Unbehagen. Michel Catteau ist das klassische Opfer seiner schrecklichen Jugend. Einer Jugend voller Einsamkeit, ohne Perspektive, ohne Zukunft. Ein Leben auf der Verliererseite.«
    »Hm.« Couperin kratzte sich am Kopf. »Verständlich, dass er da rauswollte. Doch mit welchen Mitteln? Er ist in erster Linie doch ein eiskalter Mörder. Die beiden alten Frauen hat er aus Habgier getötet. Seinen
Cousin, weil er Angst hatte, dass der ihn verrät. Und seine Mutter...« Couperin wiegte unschlüssig den Kopf.
    »Seine Mutter ist die Schlüsselfigur bei allem, was er getan hat.«
    »Das ist keine Entschuldigung, LaBréa. Viele Kinder und Jugendliche wachsen unter ähnlichen Bedingungen auf und werden dennoch nicht zu Mördern. Mitleid habe ich mit den Opfern, nicht mit dem Täter.«
    »Da stimme ich Ihnen zu, Monsieur le Juge. Dennoch - Catteau hatte nie eine Chance. Er hatte nur seinen Hass, der im Lauf seiner Kindheit und Jugend immer stärker wurde, bis er sich in der Ermordung seiner Mutter entlud. Doch auch nach ihrem Tod kam er nicht los von dem, was er erlebt hatte. So suchte er sich ein Ventil in der Ermordung alter Frauen. Sicher, sein Motiv war auch Habgier. Doch in erster Linie erinnerten ihn diese Frauen mit ihrer Leidenschaft für den Musettewalzer an seine traumatische Kindheit und Jugend, an alles, was er aus tiefstem Herzen verabscheute.«
    »Mit einem Unterschied, LaBréa: Die alten Damen waren keine Prostituierten wie seine Mutter.«
    »Dieser Unterschied spielte für ihn anscheinend keine Rolle. Der Musettewalzer war das Bindeglied, der ausschlaggebende Faktor. Mit dem Mord an den alten Damen wiederholte er im Grunde den Mord an seiner Mutter.«
    Couperin blieb skeptisch.

    »Wissen Sie, LaBréa, ich habe immer Schwierigkeiten damit, wenn ein Mörder seine schreckliche Jugend und seine Chancenlosigkeit im Leben als Grund für seine Taten anführt. Dieses Lied wird mir zu häufig gesungen. Heutzutage ist jeder Vergewaltiger angeblich selbst als Kind vom Vater oder Stiefvater missbraucht worden, und jeder Mörder verweist auf ein gewalttätiges Elternteil. Damit wird die Verantwortung für die Taten oft einfach nur abgewälzt.«
    »Der Mann ist Anfang zwanzig und hatte noch nie eine Freundin«, fuhr LaBréa nachdenklich fort. »Weil er, wie er sagte, niemals Interesse an Frauen gehabt hat. Er verachtet sie, für ihn sind sie alle Schlampen. Ein normales Verhältnis zu Frauen hat er nie entwickelt.«
    »Im Gegenteil. Auf seine Weise hat er sich an ihnen gerächt. An seiner Mutter, an den beiden alten Damen. Patrice Montanas Ermordung war ein Betriebsunfall, wenn Sie so wollen. Er wurde zur Gefahr und musste deshalb sterben.«
    Sie schwiegen, jeder in seine Gedanken versunken, während der Kellner die Vorspeisen servierte. Beide hatten Hechtklößchen bestellt, eine Spezialität des Hauses. Dazu gab es einen weißen Côte du Rhone. LaBréa trank einen ersten Schluck. Dann nahm er das Gespräch wieder auf.
    »Im Lauf meines Berufslebens habe ich mich oft gefragt, wie und wodurch kriminelle Energie bei den
Menschen geweckt wird.« Er lächelte und hob entschuldigend die Hand. »Ich weiß, Monsieur le Juge, diese Frage sollte ein Ermittler sich nicht stellen. Dennoch: Was ist bei einem Menschen, der ein Kapitalverbrechen begeht, angeboren, was Einfluss des Milieus? Leider habe ich bisher keine Antwort darauf gefunden.«
    »Da befinden Sie sich in bester Gesellschaft, Commissaire. Auch die Wissenschaft hat bis jetzt keine schlüssige Antwort geben können. Nur verschiedene Theorien. Und da hängt es davon ab, an welche man glaubt.«
     
    Gegen zehn Uhr verließen sie das Restaurant. LaBréa begleitete Couperin zum nächsten Taxistand und verabschiedete sich. Er selbst ging zu Fuß nach Hause.
    In Celines Atelier brannte Licht. Er klopfte an die Scheibe. Kurz darauf erschien Celine an der Tür.
    »Ich sehe nur schnell nach, ob Jenny schläft«, sagte er und nahm sie in die Arme. »Dann komm ich zurück. Aber nur, wenn es dir recht ist!«
    »Natürlich ist es mir recht. Was für eine Frage!« Sie lächelte und strich ihm zärtlich über die Wange.
    Jenny lag schlafend im Bett. Kater Obelix hatte sich an ihre Schulter geschmiegt. Lange betrachtete LaBréa seine Tochter. Wie in einem Wechselrahmen schob sich für einen Augenblick ein anderes Bild davor. LaBrea sah das ernste, blasse Gesicht eines 14-jährigen
Jungen mit kornblumenblauen Augen auf der
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