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Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Autoren: Alexandra Grote
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hasserfüllten Blick zu. »Was haben Sie denn schon für eine Ahnung, was das für Verhältnisse waren!«
    »Sagen Sie es uns«, erwiderte Couperin.

    Langsam glitt Michel Catteau auf den Stuhl zurück. Schwer atmend stützte er die Ellbogen auf und schüttelte den Kopf.
    »Ich wollte da raus«, sagte er leise, und seine Stimme klang jetzt weinerlich. »Nur raus! Und zwar um jeden Preis. Meine Mutter war eine miese Nutte! Ich war ihr völlig egal! Hauptsache, sie hatte ihren Fusel und... Irgendwann wäre ich genauso verkommen wie sie. Aber so wollte ich nicht werden. Auch kein Stricher. Und wenn ich sie nicht...«
    Erneut schüttelte er den Kopf. Couperin und LaBréa warteten, dass er weiterredete.
    »Und die Scheißmusik, die sie immer aufgelegt hat, wenn sie mit ihren Kerlen auf der Matratze fertig war.«
    »Was für eine Musik?«, fragte LaBréa schnell.
    »Diese Tingeltangelwalzer!«
    »Musettewalzer?«
    »Ja. Jedes Mal, wenn die Männer endlich weg waren, schmiss sie die Scheißkassetten an. Ich konnte es nicht mehr hören!«
    »Und da haben Sie sie umgebracht.« LaBréa klang sanft und verständnisvoll, doch er ließ Catteau nicht aus den Augen. Der Mann schlug die Hände vors Gesicht, und seine Schultern begannen zu beben. »Sie haben Sie erschlagen«, fuhr LaBréa fort. »Damit Sie endlich Ihre Ruhe hatten. Vor den widerlichen Typen, die jede Nacht kamen, und vor dieser verdammten Musik. Ich verstehe das.«

    Catteau begann leise zu schluchzen. Seine Worte kamen abgehackt.
    »Ich hatte keine Kindheit, keine Jugend. Von Anfang an wäre Dolly mich am liebsten losgeworden. Ich stand ihr nur im Weg, bei dem, was sie machte!«
    Mit einem Ruck nahm er die Hände vom Gesicht. Seine Wangen waren hochrot, Tränen schimmerten in seinen Augen.
    »Gehasst hab ich sie! Aber sie hat ihre gerechte Strafe bekommen! Weiter nichts. Was anderes hatte sie nicht verdient!«
    Wie auf Knopfdruck hörte Michel Catteau wieder auf zu sprechen, und nach einer Weile schaltete Couperin das Tonband aus. Er goss Wasser aus einer Flasche in ein Glas und schob es über den Tisch.
    »Hier, Monsieur Catteau«, sagte der Ermittlungsrichter. »Trinken Sie einen Schluck. Sie können auch rauchen, wenn Sie wollen.« Er hielt ihm seine Zigarettenpackung entgegen, doch Catteau schüttelte den Kopf.
     
    Nach einer viertelstündigen Pause wurde die Vernehmung fortgesetzt. Sie zog sich bis in die frühen Abendstunden hin. Michel Catteau gestand den Mord an seiner Mutter und schilderte den Tathergang. Wenige Tage vor Weihnachten, in einer bitterkalten Nacht des Jahres 2001, war seine Mutter Dolores, die er Dolly nannte, gegen halb elf nach Hause gekommen. Allein.
Sie war bereits so betrunken, dass sie auf dem Weg zur Eingangtür des Stellwerks schwankte und laut vor sich hin schimpfte. Er hatte draußen in der Kälte auf sie gewartet, eine Eisenstange in der Hand, die er einige Stunden zuvor in einem Geschäft gekauft hatte. Die Nacht war mondhell, doch Dolores Catteau sah ihren Sohn nicht, der ihr im Schatten der Hausmauer auflauerte. Als sie vor der Tür stand, und in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel kramte, trat er hinter sie und schlug ihr die Eisenstange mit voller Wucht über den Schädel. Mehrere Male schlug er zu, auch als sie längst am Boden lag und sich nicht mehr rührte. Sie hatte keinen Laut von sich gegeben. Als er von ihr abließ und seine unbändige Wut sich verflüchtigt hatte, ließ er die Eisenstange fallen. Er schleifte Dollys Körper durch den Schnee zu einem Haufen Schottersteine unweit des Stellwerks. Am frühen Abend hatte er hier bereits Vorkehrungen getroffen. Auf dem frostharten Boden war es nicht leicht gewesen, Steine für eine ausreichend große Vertiefung beiseitezuräumen. Bevor er den Leichnam seiner Mutter dort hineinlegte, schnitt er ihr mit einem Messer die Kleider vom Leib. Er zog ihr die Schuhe aus, auch die Strümpfe und stopfte die Sachen in seinen Rucksack. Nur die Unterwäsche ließ er ihr. Viele Male hatte er sie in dieser Unterwäsche gesehen. Nachts, wenn die Freier weg waren und Dolly sich am Waschbecken gewaschen hatte. Morgens, wenn sie sich verkatert und verschlafen von
ihrer Matratze erhob und zu ihm an den Frühstückstisch setzte, wo ihr stinkender Atem ihn einhüllte wie Höllendunst. Die Unterwäsche war ihre »Berufskleidung«, das Symbol einer Tätigkeit, die er zutiefst verabscheute. Noch im Tod sollte sie sie tragen! Dann bedeckte er den Leichnam mit den Schottersteinen. Anschließend warf
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