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Der letzte Single fangt den Mann

Der letzte Single fangt den Mann

Titel: Der letzte Single fangt den Mann
Autoren: Burgess Gemma
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die ihn ärgert, wie ich weiß.
    Ich sehe ein wütendes Funkeln in seinen Augen und spüre Genugtuung, weil es mir gelungen ist, dass ein anderer sich genauso mies fühlt wie ich. Ist das böse?
    » Hast du auch nur die leiseste Ahnung, was du uns angetan hast?«, schreit er.
    » Wen meinst du mit › uns ‹ ?«, erwidere ich. Ich bin so erschöpft, dass es mich nicht kümmert, dass ich wie ein arrogantes Gör klinge. » Das ist meine Familie, das sind meine Freunde! Was fällt dir ein, mir hinterherzuspionieren?«
    Er starrt mich einen Moment lang an, dann sagt er in ausdruckslosem Ton: » Du blöde Kuh.«
    » Sei still!«, brülle ich. » Sei verdammt noch mal still!«
    Ich weiß, ich bin hysterisch, aber ich bin so müde, und mir ist schlecht, und ich kann nicht aufhören zu weinen. Ich will nicht mehr hier sein, nichts ist, wie es sein sollte, und mein Leben wird nie funktionieren, weil ich nicht weiß, was ich will beziehungsweise wie ich es kriegen kann, wenn ich es wüsste, und während mir das alles durch den Kopf schießt, schreie ich so laut, dass winzige Blitze vor meinen Augen explodieren.
    Zu meiner großen Bestürzung verpasst er mir eine Ohrfeige. Nur eine leichte, aber ich bin so verdattert, dass ich sofort verstumme, mitten in meinem Heulkrampf. Er schlägt mich?
    Ich setze mich auf das Bett. Wow, wie dramatisch. Ich war noch nie eine Drama-Queen. Eher eine Dramazofe.
    Er setzt sich neben mich und versucht, seine Atmung zu beruhigen, während ich ihn mit vor Erstaunen offenem Mund anstarre. Er sieht müde aus, fällt mir auf. Inzwischen muss Freitag sein, oder doch noch nicht? An welchem Tag bin ich von London abgeflogen? Ich weiß es nicht mehr.
    Mein Hals schmerzt. Ich kann plötzlich nicht mehr. Ich ertrage das nicht. Ich ertrage nichts von alldem. Also lasse ich mich nach hinten aufs Bett fallen, rolle mich zu einer kleinen Kugel zusammen und beginne zu weinen.
    Wieder.
    Es ist erbärmlich, ich weiß, aber ich kann nichts dagegen tun. Wie kann ich überhaupt noch Tränen übrig haben? O Gott. Ich will zu meiner Mum.
    Der falsche Mann streckt seine große Hand aus und beginnt, meinen Kopf zu streicheln, die nassen Haarsträhnen aus meinem Gesicht zu streifen und tröstend » Schschsch« zu machen.
    » Tut mir leid«, schluchze ich. » Danke, dass du mich gefunden hast. Du hattest recht. Ich habe sie gesehen… und mein Gesicht, mein Gesicht…«
    » Er ist es nicht wert. Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe, tut mir wirklich sehr leid…«
    Er redet weiter, aber ich kann ihn nicht verstehen, weil jetzt endgültig alle Dämme brechen. Ich wünschte, ich wäre nie hergekommen. Was zum Teufel habe ich mir dabei gedacht? Ich weine und weine, bis ich mich verausgabt habe.
    Bevor ich einschlafe, ist mein letzter Gedanke: Gott sei Dank, dass er mich gefunden hat.

Wie alles begann …

Kapitel 1
    Das ist es. Mein allererstes Date.
    Es gibt nicht viele Menschen, die mit siebenundzwanzig ihr erstes Date haben, und ich will nicht behaupten, dass ich stolz darauf bin, aber es ist eine Tatsache, und es ist eines der Dinge, die Sie über mich wissen sollten. Ebenso, dass ich gerade nervös bin. Vor lauter Nervosität habe ich richtig Magenschmerzen. Vielleicht habe ich mir auch etwas eingefangen. Gott, dann können wir nicht knutschen. Werden wir herumknutschen? Keine Ahnung. Wie knutscht man überhaupt beim ersten Mal? Sagt man mit siebenundzwanzig überhaupt noch » knutschen«?
    Mein letzter erster Kuss ist sieben Jahre her, verdammte Hacke. Ich habe wahrscheinlich vergessen, wie das geht.
    Wir haben uns verabredet für zwanzig Uhr im Bam-Bou, und ich sitze in der U-Bahn. Ich bin vierzig Minuten zu früh. Typisch.
    Dabei ist es nicht so, als würde ich ihn besonders toll finden beziehungsweise als könnte ich… äh… mich richtig an ihn erinnern. Vielleicht hat meine Schwester recht. Für das erste Date hätte ich einen Mann wählen sollen, der mir unsympathisch ist.
    » Schleif dein Werkzeug zuerst an einem stumpfen Objekt«, waren ihre genauen Worte.
    Ich frage mich, ob ich überhaupt Werkzeug habe zum Schleifen.
    Ich bin übrigens keine ehemalige Nonne. Vielmehr habe ich schon ewig eine Beziehung. Ich meine, ich hatte eine Beziehung. Ich muss mich noch daran gewöhnen, die Vergangenheitsform zu benutzen. Ich habe mir vor kurzem erst abgewöhnt, » wir« zu sagen, wenn ich von mir spreche. » Wir lieben diesen Film« oder » Wir waren dort mal abends essen« sagt man nämlich, wenn man von
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