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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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die von den Felsen baumelten und von den unteren Ästen der großen Kastanienbäume, die gegen den Horizont aufragten.
    Die Einwohner von Arstrid mussten sich mit einem System von Strickleitern hinuntergelassen haben, die sie dann hinter sich verbrannt hatten.
    Yorsch war sich bewusst, dass Regen und Unwetter den Weg, den sie hinter sich ließen, sehr schnell unsichtbar, vor allem aber unbegehbar machen würden.
    Seine Wunde hatte sich wohl geschlossen, war aber noch nicht verheilt, daher gehörte er nicht zu denen, die, in den Felshang gekrallt, den Weg freischlugen, sondern er blieb oben, gemeinsam mit den ältesten Frauen und den kleinsten Kindern und denen, die sich nach der Arbeit ausruhten. Als Die Fröhlichen Bergleute auf einen derart harten Felsen stießen, der unzerstörbar und unüberwindlich war, schickten sie Cala hinauf, um ihn zu holen. Yorsch kam und versuchte, sich etwas einfallen zu lassen.
    Er erinnerte sich an ein Buch über Mechanik, worin er das Hebelprinzip studiert hatte, aber da war nichts, worauf man eine Hebelwirkung hätte ausüben können, um den Felsen beiseitezuschieben. Mit Keilen hätte man vielleicht versuchen können, ihn zu sprengen, aber da war kein Spalt, in den sie Keile hätten treiben können, und sie hatten auch nichts, was als Keil hätte dienen können.
    Ein leichter Wind erhob sich, der die Möwenschreie deutlicher herübertrug. Verzweifelt über seine Ohnmacht, zückte Yorsch sein Schwert und schlug es mit aller Gewalt gegen den Granit, der unter dem Aufprall der Klinge zerbröselte. Die Klinge blieb heil, sie funkelte nur noch heller, als ob der Schlag sie gehärtet hätte, während Robis frohes Lächeln immer mehr in die Breite ging und ringsum Beifall geklatscht wurde.
     
     
    Der Abstieg ging langsam voran. Vorsichtig setzten sie Schritt vor Schritt und hielten sich alle an der Hand, bildeten eine einzige, sehr lange Kette, um sicher zu sein, dass keiner fiel.
    Als sie unten ankamen, waren Rührung und Erschöpfung so überwältigend, dass alle erst einmal lange still stehen blieben und auf die Wellen sahen und die sanfte Bewegung, mit der sie ans Ufer rollten.
    Irgendwer kniete nieder und küsste den Sand. Viele gingen hin und tauchten Füße und Hände ins Meer.
    Yorsch hatte den Geschmack des Meeres zum ersten Mal gekostet, als er auf Erbrows Rücken darüber hinflog.
    Damals hatte er gedacht, dass die Begegnung mit dem Meer das Leben in ein Vorher und ein Nachher einteilen musste, weil danach nichts mehr so sein konnte wie vorher. Die Stille währte lange, unterbrochen nur vom Wellenschlag und einem Möwenschwarm, der über der Küste dahinflog.
    Als Erstes setzten sich die Kinder in Bewegung. Fasziniert vom Spiel der Wellen, schwärmten sie am Strand aus. Yorsch, der fünf Abhandlungen über Muscheln gelesen hatte, zeigte ihnen, wie sie die essbaren im Sand finden konnten, und es begann eine lautstarke und fröhliche Sammelaktion. Auch Robi hockte am Strand, die Hände in den feinen, feuchten Sand gesteckt, und durchkämmte ihn rasch, sodass ihr die glatten, länglichen Schalen der Stabmuscheln zwischen den Fingern hängen blieben.
    »Mein Vater hat gesagt, Muschelfleisch schmeckt gut, auch wenn Muscheln denken und vielleicht sogar etwas von Poesie verstehen«, sagte sie lachend zu ihm, und ihre großen Augen leuchteten wie Sterne. Yorsch sagte sich, dass er ihr früher oder später erzählen würde, wie dieser Spruch zustande gekommen war.
    Sie schlugen ihr Lager im Pinienwäldchen am See unter dem Wasserfall auf. Das war eine gute Stelle und es war reichlich Wasser vorhanden.
    Das Rauschen des Wasserfalls mischte sich unter das der Brandung und das war wie ein Wiegenlied.
    Über der Lichtung erhob sich senkrecht eine helle Steinwand.
    Yorsch nahm sein Schwert und ritzte ERBROW in die Wand, erst in Elfenbuchstaben, dann in normalen Lettern.
    Ein Häuflein Leute sah ihm gebannt zu. Einer von ihnen trat nahe genug heran, um die Buchstaben mit den Fingern zu berühren. Sie fragten, was das zu bedeuten hätte, und Yorsch erklärte es.
    »Gut«, sagte der Holzfäller, vormaliger Holzarbeiter der Grafschaft Daligar. »Das war der Name des Drachen, nicht wahr? So soll unser Dorf heißen. Wir nennen es Erbrow.«
    Leiser und einstimmiger Beifall von allen.
    Da sagte einer der »Grabungsarbeiter der Grafschaft von Daligar«: »Schreib auch: WAS EINER AN BODEN BEARBEITEN KANN, GEHÖRT IHM, UND KEINER DARF ES IHM NEHMEN.«
    Yorsch schrieb sorgsam in besonders deutlichen
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