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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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erkannte sie Creschio und Moron. Es war ihnen also bestimmt, dass sie das Meer erreichten! Offenbar war Yorsch imstande, sie zu führen. Er wusste es nicht, aber es musste irgendetwas geben, was er konnte. Etwas, was er selbst für unwichtig hielt oder jedenfalls in diesem Augenblick nicht von Nutzen, was dagegen von fundamentaler Bedeutung war!
    »Was kannst du alles?«, fragte Robi unvermittelt, als sie bei ihm angelangt war.
    Yorsch war verdutzt, dann begann er seine Aufzählung. Das Erste, was ihm in den Sinn kam, war, dass er Fliegen wieder zum Leben erwecken konnte, und Robi musste ihren ganzen guten Willen aufbieten, um nicht den Mut zu verlieren, dann ging die Liste weiter mit... Feuer anzünden ohne Glut... Schlösser öffnen ohne Schlüssel... Wind aufkommen lassen, um den Feind zu behindern, wie er es in Daligar getan hatte, aber das war extrem anstrengend und es war ihm auch nur für wenige Minuten geglückt, dann war er einen halben Tag lang erledigt gewesen und hatte seine Kräfte erst wieder sammeln müssen. Er konnte Wunden heilen... nein, nicht die eigenen, nur die der anderen … er konnte... Fliegen wiedererwecken, das hatte er schon gesagt? Auch Ratten... Hühner... einmal ein Kaninchen... In den letzten dreizehn Jahren hatte er vor allem gelesen. Er konnte sehr gut lesen, er las in sieben Sprachen, das Elfische nicht mitgerechnet... Er hatte dreizehn Jahre in einer Bibliothek zugebracht, wo alles vorhanden war... auch Bücher über Militärtaktik, aber die erklärten, wie man den Sieg errang, wenn zwei Heere sich gegenüberstanden, aber jetzt war da auf der einen Seite ein Heer und auf der anderen ein Haufen von... na ja, besser, man ließ die Militärtaktik aus dem Spiel. Dann hatte er Bücher über Astronomie, Alchimie, Ballistik, Biologie, Kartografie, Etymologie, Philologie, Philosophie gelesen... über die Zubereitung von Traubenmarmelade... ganz zu schweigen von den Geschichten. Was für Geschichten? Die, die er dem Drachen vorgelesen hatte, nein, nicht diesem, dem anderen, dem Vorfahren von diesem hier, der während der Brutzeit... ja, Drachen brüten... ein Weibchen? Das wusste er nicht, er hatte nie recht verstanden, ob er männlich oder weiblich war... Jedenfalls, wenn ein Drache brütet, funktioniert sein Hirn nicht so recht, weil das Brüten ihn voll beansprucht... Nein, Drachen haben das Hirn nicht im Hintern, sie haben es wie alle Lebewesen im Kopf, aber wenn sie brüten, funktioniert es eben nicht so gut... dann muss man ihnen also Gesellschaft leisten und ihnen Geschichten erzählen, wie die Geschichte von der Prinzessin mit den Bohnen... Wie die Geschichte von der Prinzessin mit den Bohnen ging...? Also, es war einmal eine Königin, die keine Kinder haben konnte, und sie war furchtbar traurig, weil ihr Leben verging, Monat um Monat, Jahr um Jahr, und sie niemand zum Liebhaben hatte...
    Es war vollkommen still geworden. Sogar diejenigen, die an irgendetwas knabberten, hatten damit aufgehört. Auch Robi, sie hatte sogar vergessen, ihren Hühnerknochen fertig abzunagen, nur um zuzuhören. Alles was geschehen würde, einschließlich der Kavallerie von Daligar, die wahrscheinlich schon auf dem Weg war, erschien ihr irgendwie weniger wichtig als die furchtbare Traurigkeit dieser unglücklichen Königin, die jetzt auch sie erfüllte.
    Yorsch hörte auf zu sprechen und sah sie erstaunt an.
    »Mach weiter!«, rief Robi.
    »Und dann?«, rief jemand anderes.
    »He, nicht aufhören!«
    »Wie geht’s weiter?«
    Wer die Geschichte von Anfang an gehört hatte, erzählte sie den anderen, die später hinzugekommen waren und den ersten Teil verpasst hatten.
    Yorsch sah sie lang und immer erstaunter an, dann erzählte er weiter.
    Er sprach lauter, und ohne aufzuhören, sah er sich um: Alle scharten sich um ihn. Er begann sie zu zählen, weiterhin ohne sich zu unterbrechen, ja, er baute das Zählen in die Geschichte mit ein. An der Stelle, wo die Königin auf dem Bohnenfeld ist und anfängt, Bohnen zu essen, ließ er sie alle einmal durchzählen. Alle waren da, sie konnten aufbrechen. Arstrid war weniger als einen Tagesmarsch entfernt. Wasser gab es entlang des Wegs reichlich in Form von Bächen und Flüssen. Alle hatten etwas im Magen. Vielleicht würden sie es schaffen. Ununterbrochen weitererzählend weckte Yorsch den Drachen, der wieder in Schnarchen verfallen war, setzte die beiden kleinsten Kinder auf Fleck, er selbst nahm sich Blitz, weil seine Verletzung ihn am Gehen hinderte. Er setzte
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