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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht
Autoren: Helena Brink
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…«
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    Roos nickte wissend, und Katharina fuhr fort: »Ich hatte nichts von einem neuen Vorarbeiter gehört, und als ich Astrid nach dessen Aussehen fragte, gab sie mir eine Beschreibung, die genau auf Nygren passte. Ich habe anfangs nicht weiter darüber nachgedacht, doch als ich später bei Nygren war, um ihm etwas auszurichten, und ihn bei dieser Gelegenheit nach dem neuen Vorarbeiter fragte und auch seinen Besuch in Astrids Geschäft erwähnte, da reagierte er ungewöhnlich abweisend und aggressiv, als wisse ich etwas, das ihm gefährlich werden könnte. Er wollte mich nicht weglassen und hätte mir fast seinen Hund auf den Hals gehetzt, einen blutrünstigen Köter … Ich hatte Todesangst und glaubte … ja, ich glaubte, er, Nygren, sei verrückt geworden. Doch erst nachdem er mich schließlich gehen ließ, begann ich die Zusammenhänge zu begreifen. Mir wurde klar, dass er keinesfalls den Verstand verloren hatte, sondern bloß von meiner Nachricht schockiert war, dass ihn jemand in Äsperöd …«
    Sie hielt inne, als sie Roos’ ernsten Blick wahrnahm. »Und Sie schließen daraus, dass Astrid Enoksson aus Äsperöd die Einzige ist, die den wahren Bengt Nygren getroffen hat?«, fragte er leise.
    »Ja.«
    Nachdenklich fügte er hinzu, als spräche er mit sich selbst:
    »Und dass Bengt Nygren eines gewaltsamen Todes starb, als er auf seinen Hof kam.«
    »Ja«, sagte Katharina.
    Eine bleierne Stille senkte sich über den Raum, als hätte der tragische Tod des echten Nygren ihnen die Sprache verschlagen.
    Roos’ Stimme ließ sie zusammenzucken. Sein stechender Blick schien sie zu durchdringen. »Haben Sie eine Idee, warum das geschehen sein sollte?«
    Sie schüttelte den Kopf und schaute ihn mit großen Augen an.
    »Nein, ich habe keine Ahnung.«
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    Roos setzte seine Sonnenbrille wieder auf, und es schien ihr, als wäre damit ein Zauber gebrochen.
    Er wandte sich an Roffe und sagte in professionellem Ton:
    »Ich denke, dass sind schwerwiegende Hinweise, denen wir sofort nachgehen sollten. Was meinen Sie?«
    »Absolut«, brummte Roffe und warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr.
    Roos breitete entschuldigend die Arme aus und sagte: »Wenn wir es nicht so eilig hätten, würde ich gern noch bleiben und mich eingehender mit Ihnen über den Fall unterhalten.« Er streckte seine Hand aus. Katharina ergriff sie ganz automatisch.
    Doch zu ihrem Erstaunen schüttelte er ihr nicht die Hand, sondern führte sie behutsam an seine Lippen. Ohne sie loszulassen, lächelte er sie vieldeutig an und sagte leise: »Darf ich auf ein Wiedersehen hoffen?«
    »Gern«, murmelte sie und fühlte einen behaglichen Schwindel.
    Er eilte zur Tür und war verschwunden. Roffe folgte ihm nach.
    Katharina hielt ihn zurück und fragte: »Wollt ihr denn nicht
    …?«
    »Sei unbesorgt«, flüsterte Roffe und drückte leicht ihren Arm.
    »Das erledigen wir auf der Stelle.« Dann eilte auch er aus dem Haus.
    Wie auf Kommando stürzten Katharina und Patrik zum Küchenfenster und schauten dem langsam davonrollenden Fahrzeug nach.
    »Dass sich hinter solch einem trockenen Titel ein so interessanter Mann verbergen kann«, sagte sie träumerisch.
    Patrik ging darauf nicht ein.
    »Verstehst du das?«, fragte sie. »Erst können sie nicht schnell genug von hier verschwinden, und dann rollen sie im Schneckentempo davon, als hätten sie den ganzen Tag Zeit.«
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    »Ist doch klar. Die wollen sofort nach Knigarp, aber zuerst müssen sie sich eine Strategie zurechtlegen.«
    »Und warum haben sie das nicht gesagt?«
    »Weil dieser Roos ein Geheimniskrämer ist, der nicht jedem gleich auf die Nase bindet, was er vorhat. Vermutlich eine eingefleischte Gewohnheit von ihm, genau wie seine Gewohnheit, Frauen den Kopf zu verdrehen.«
    »Du klingst so gereizt.«
    »Ich bin nicht gereizt, sondern eifersüchtig. Ich frage mich, warum du so rote Wangen und so strahlende Augen hattest und warum du ›gern‹ gezwitschert hast, als er sich an dich herangemacht hat.«
    »Wieso herangemacht? Er hat auf sehr raffinierte Weise mit mir geflirtet, und das war mir nicht unangenehm. Was hätte ich denn antworten sollen? Ich musste doch schließlich höflich sein.
    In dieser Hinsicht hast du übrigens noch einiges zu lernen. Ich frage mich, wie er an die Sache herangegangen wäre, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, mich zu verführen.«
    »Wahrscheinlich hätte er Champagner aus deinem Schuh geschlürft. Das hätte dem Lackaffen ähnlich gesehen«, sagte
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