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Der Lächler

Der Lächler

Titel: Der Lächler
Autoren: Jason Dark
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Gefrierpunkt, und es konnte auch zu ersten Schneefällen kommen.
    Keine Ausnahme im Oktober.
    Onopko ging nicht bis in den hellen Lichtstreifen am Bahnsteig hinein. Er wartete im Hintergrund, wo ihn das Dunkel schützte. Er fand einige Bahnschwellen, wo er sich niederließ, starrte ins Leere und konzentrierte sich dabei auf seine Umgebung, in der keinerlei fremde Geräusche zu hören waren.
    Warten…
    Minuten vergingen. Vom Bahnhof her erreichte ihn der Klang der Stimmen, während sich Onopko mit seinen Rachegedanken beschäftigte. Er würde all diejenigen finden, die an ihm verdient und von ihm profitiert hatten. Er würde ihnen eine Rechnung präsentieren, die sich aus Blut und Gewalt zusammensetzte.
    Er schreckte nicht zusammen, sondern hob nur den Blick, als er den schrillen Pfiff der Lok in der Ferne hörte.
    Der Lächler erhob sich.
    Er streckte seine Glieder. Er wollte geschmeidig und auf alles gefaßt sein. Der Zug kam.
    Die Menschen auf dem Bahnsteig schauten nach links. Sie hofften darauf, daß genügend Händler aus den Wagen stiegen, um ihnen die angebotenen Waren zu einem vernünftigen Preis abzukaufen.
    Darüber machte sich Onopko keine Sorgen. Im Schutz der Dunkelheit schlenderte er dem Bahnsteig entgegen und sah in der Ferne die Scheinwerfer.
    Das war die Lok.
    Er lächelte wieder. Gelassen wartete er die Ankunft der Wagenschlange ab. Die Lok zeigte mit ihrer Stirnseite in Richtung Westen. Es war die Fahrt von der Küste in Richtung Moskau, denn dort lief alles zusammen.
    Dorthin wollte auch Onopko. Er kicherte.
    Noch mußte er warten. Kaum stand der Zug, begannen die Geschäfte.
    Jeder am Bahnsteig hatte nur Augen für sich, seine Ware, für den Händler, und niemand achtete darauf, daß sich eine fremde Person unter die Bewohner der kleinen Stadt gemischt hatte.
    Wie ein Müßiggänger schlenderte der Lächler an der Wagenschlange entlang. Vor dem zweitletzten Waggon blieb er stehen. Er nahm die hintere Tür, weil an der vorderen Kinder spielten.
    Sekunden später war er verschwunden.
    Wieder lächelte er.
    Diesmal vor Freude, denn nun befand er sich auf dem grausamen Feldzug der Rache…
    ***
    In den letzten Jahren war es gefährlich geworden, in einer Stadt wie Moskau zu leben, und es war müßig, nach den Gründen zu forschen, obwohl Begriffe wie Russen-Mafia und Korruption haargenau paßten.
    Man hatte sich an die Schreckensmeldungen gewöhnt, an Bandenkriege und an Mord und Totschlag. Doch es gab auch viel Positives aus Rußland zu berichten. Es gab Leute, die sich auch für den Staat engagierten. Zum Beispiel Wladimir Golenkow, ein ehemaliger KGB-Agent, der aber nie der seelenlose Apparatschik gewesen war. Er hatte in seinem Bereich auch Menschlichkeit walten lassen und hatte schon damals einsehen müssen, daß es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die mit dem normalen Verstand nicht zu begreifen waren, wie der gute Shakespeare so treffend formuliert hatte.
    Wladimir hatte viele Freunde. Darunter waren zwei Männer in London, die Geisterjäger John Sinclair und dessen Kollegen Suko. Gemeinsam hatten sie manch magische Nuß geknackt, und das war auch nach dem Zerfall der UdSSR nicht anders geworden, denn ein Riesenreich wie Rußland wurde von den Dämonen nicht verschont, wie Wladimir wußte.
    Da brauchte er nur an ihren letzten gemeinsamen Fall, den Höllensog, zu denken.
    Wladimir hatte einen neuen Posten bekommen. Er war nicht nur so etwas wie ein Dämonenjäger, sondern auch ein erklärter Feind der Russen-Mafia, und er mußte immer damit rechnen, aus dem Hinterhalt erschossen zu werden. Die Probleme wuchsen ihm über den Kopf. Daß er unter ihnen nicht zusammenbrach, lag an seinem Naturell. Er war von Natur aus ein Kämpfer und jemand, der nie aufgab, sondern immer wieder versuchte, sich an kleinen Erfolgen hochzuziehen, wobei er noch hoffte, daß diese kleinen die großen irgendwann nachziehen würden.
    An diesem Abend war er unterwegs, um einen Mann zu treffen, den er kannte, aber nicht mochte.
    Er hieß Talin, war eigentlich Este, hatte aber trotzdem in der damaligen UdSSR beim Geheimdienst Karriere machen können.
    Womit er damals beschäftigt gewesen war, wußte auch Wladimir nicht genau. Gerüchte besagten, daß Talin so etwas wie ein Bindeglied zwischen dem KGB und einem geheimen Forschungszentrum irgendwo in Zentralrußland gewesen war.
    Es gab ihn auch jetzt noch. Und er verfügte wiederum über einen gewissen Einfluß. Ein paarmal war Wladimir der Name in den letzten beiden
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