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Der Kuss des Satyrs

Der Kuss des Satyrs

Titel: Der Kuss des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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Festung. Im Zentrum eines jeden Guts stand ein jahrhundertealtes Kastell mit ausgedehnten Gärten, deren Ländereien ineinander übergingen und schließlich mit den Bäumen des Waldes verschmolzen. Der Wald selbst zog einen Kreis um die mit Rebstöcken bedeckten Hügel, die das Zentrum ihrer vereinten Ländereien bildeten.
    Ihr Land war alt, und es war von ihren Vorfahren aus einem bestimmten Grund ausgewählt worden. Hier, an geweihtem Ort, traf die Anderwelt auf die Erdenwelt. In den vergangenen Jahrhunderten hatten viele Satyre heimlich hier gelebt und das Tor zwischen den Welten bewacht, aber jetzt waren sie nur noch zu dritt.
    Raine schnippte ein Staubkörnchen von seinem makellosen Jackett. Der Ausdruck seiner grauen Augen war unergründlich. »Eure Nachkommen können meinen Anteil haben. Und damit ist die Sache für mich erledigt.«
    »Einstweilen«, lenkte Nick ein.
    Raine zuckte mit den Achseln.
    »Dann müssen wir also nur noch entscheiden, wer welche Tochter nimmt«, sagte Lyon.
    »Rom passt mir ganz gut«, sagte Nick. »Hat jemand etwas dagegen?«
    »Nein. Dann nehme ich Paris«, sagte Raine. »Verdammt, wie sehr ich das Reisen verabscheue!«
    »Das Reisen? Nach Paris? Darf ich dich daran erinnern, dass mir Venedig übrig bleibt?«, sagte Lyon. »Die Reise dorthin wird jetzt nach dem Regen furchtbar anstrengend werden.«
    Raine zog eine Augenbraue hoch. »Es wird schon nicht zu schlimm werden. Schließlich reist du regelmäßig dorthin, um Kunden zu treffen.«
    »Mag sein, aber es ist trotzdem eine schlechte Zeit zum Wegfahren. Viele meiner Tiere sind hochtragend«, entgegnete Lyon. »Und die Weinberge müssen im Auge behalten werden.«
    »Wir können genug von unserer Kraft bündeln, um den Schutzwall um unsere Ländereien für Wochen aufrechtzuerhalten«, sagte Raine.
    »Aber warum sollen wir dieses Risiko eingehen?«, warf Lyon ein. »Ich finde, wenigstens einer von uns sollte hierbleiben.«
    »Einverstanden«, sagte Nick. »Ich gehe zuerst. Wenn ich meine Braut gefunden habe, seid ihr dran.«
    Raine und Lyon stimmten dem Vorschlag zu, und bald darauf wandten sich alle zum Gehen. Als sie draußen waren, atmete Nick tief durch. »Die Rebstöcke erwachen. Ich werde mich beeilen.«
    Ein saphirblaues, ein aschgraues und ein goldbraunes Augenpaar hielten für Sekunden intensiven Blickkontakt. Dann trennten sie sich, und die drei Herren des Satyrlands verschwanden im spätmorgendlichen Dunst.

[home]
    Kapitel 2
    Tivoli, östlich von Rom,
zwei Wochen später
    S ie war hier! Erregung pochte in Nicholas Satyrs Blut, als er den entzückenden Hauch von Feenmagie wahrnahm, der in der Luft lag.
    Er ließ seinen Blick über die Menschenmenge schweifen, die sich den nachmittäglichen Festlichkeiten in den Renaissancegärten der Villa d’Este hingab. Jongleure, Musikanten und kostümierte Artisten mischten sich unter Roms gesellschaftliche Elite. Die meisten hatten eine Wegstrecke von zwanzig Meilen in Kauf genommen, um einen Tag auf dem Land zu verbringen. So wie er.
    Aber sie waren aus anderen Gründen hier.
    Weder die Brunnen noch die anderen angebotenen Vergnügungen konnten im Augenblick sein Interesse wecken. Er hatte zu tun. Er war auf der Jagd – und seine Beute war dazu bestimmt, seine Frau zu werden.
    Während der letzten Woche hatte Nick jede gesellschaftliche Veranstaltung in Rom besucht, und es sah ganz so aus, als habe Feydon sich geirrt. Die erste der Feentöchter war keineswegs in Rom zu finden. Heute hatte er die Chance ergriffen, sie vielleicht hier, im nahe gelegenen Tivoli, aufzuspüren. Und soeben schien seine Ahnung Früchte zu tragen.
    Aber er hatte wertvolle Zeit damit verloren, sie in Rom zu suchen. Er war so beschäftigt gewesen, dass er seit Tagen nicht mehr in den Genuss gekommen war, sich mit einer Frau zu vereinen; für einen Satyr war das eine bemerkenswert lange Zeitspanne. Noch heute Abend würde er in den Armen einer Dirne entspannen können – oder seiner Mätresse, wie die Engländer ihre Huren höflicherweise nannten.
    Nick mischte sich unters Volk und konzentrierte sich auf die vor ihm liegende Aufgabe. Mit feiner Nase suchte, prüfte und verwarf er Parfümnoten und natürliche menschliche Gerüche. Es stand außer Frage: Irgendwo in diesem Zusammentreffen von italienischer und englischer Oberschicht verbarg sich König Feydons Tochter.
    Aber wo nur?
    Inmitten der Grünanlagen stritten riesenhafte Hüte mit tanzenden Federn gegen raschelnde, weite Röcke um seine
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