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Der Kuss des Satyrs

Der Kuss des Satyrs

Titel: Der Kuss des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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begeistert von der Idee. Und das nach so kurzer Bedenkzeit.«
    Nick rollte seine breiten Schultern, so dass die Nähte seiner Weste zu platzen drohten und das unaufdringliche Muster des dunklen Brokatstoffs schimmerte. Es war eine ungewöhnliche Weste, die er aus dem Bestand seiner Vorfahren gewählt hatte. Irgendetwas daran gefiel ihm ungemein, aber schließlich hatte er eine Schwäche für Außergewöhnliches.
    »Ich stimme dir zu: Ich reiße mich nicht gerade ums Heiraten«, sagte er. »Aber je länger ich über Feydons Mitteilung nachdenke, umso klarer wird mir, dass sie uns gewisse … Möglichkeiten eröffnet.«
    Lyon warf ihm einen Blick gespielten Mitleids zu. »Armer Nick. Hast du all die Jahre nicht genügend Aufmerksamkeit durch die holde Weiblichkeit bekommen? Hättest du doch nur früher etwas gesagt. Raine und ich hätten dir nur zu gern ein paar von den Hundertschaften von Frauen abgetreten, die versucht haben, ihre Finger auf unseren Anteil des Satyrvermögens zu bekommen.«
    Raine lächelte. Es war kaum mehr als ein kurzes Anheben eines Mundwinkels. »Wo er recht hat, hat er recht, Bruderherz. Wir alle hatten über die Jahre die eine oder andere Gelegenheit, uns Handschellen anlegen zu lassen.«
    »Wir brauchen Erben«, sagte Nick.
    Raine und Lyon starrten ihn überrascht an.
    »Ich werde bald dreißig. Du bist nur zwei Jahre jünger, Raine. Und du gerade mal vier, Lyon. Wer sonst soll uns Söhne und Töchter schenken als diese Halbblut-Feen?«, wollte Nick wissen und gestikulierte in Richtung des Pergaments auf seinem Schreibtisch. »Sie sind von Natur aus eine Mischung aus der Anderwelt und der Erdenwelt – wie wir.«
    »Aber anders als bei uns fließt durch die Adern von Feydons Töchtern Feenblut«, erinnerte ihn Raine.
    »Und Feen sind unstet«, fügte Lyon hinzu. »Niemand kann ahnen, welche merkwürdigen Tricks sie möglicherweise auf Lager haben.« Er schüttelte sich.
    »Aber bedenkt doch nur: Während Menschenfrauen einige von unseren Eigenheiten merkwürdig oder gar abstoßend finden mögen, wäre eine Feenfrau wahrscheinlich weniger ablehnend gegenüber der Art und Weise, wie wir einen Erben zeugen«, sagte Nick.
    »Aber was für Erben würden sie zur Welt bringen?«, fragte Raine und schüttelte den Kopf. »Der Vater ein halber Satyr und die Mutter eine halbe Fee? Was für Kinder können aus dieser Verbindung schon entstehen?«
    »Wenn wir nicht einschreiten, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Halbfeen sich mit Menschen verheiraten und vereinigen. Was für Kinder dabei wohl herauskommen, was meinst du?«, fragte Nick scharf.
    Lyon vergrub die Fäuste in den Taschen seiner robusten Hose. Er zog sich an wie ein Winzer, trug verkrumpelte Hosen, ein langes Oberhemd aus grober Baumwolle und hohe Stiefel. »Du hast recht. Weder sie noch ihre Kinder werden eine Ahnung haben, wie sie mit ihren Fähigkeiten umzugehen haben. Das könnte sich als desaströs erweisen.«
    Knisternde Spannung lag im Raum.
    »Die Satyre haben sich schon immer um die Feen gekümmert«, stellte Nick fest.
    Lyon seufzte. »Es sieht also ganz danach aus, als müssten wir heiraten. O Bacchus, was mache ich bloß, wenn meine dumm ist? Oder abgrundtief hässlich? Wie soll ich dann je mit ihr schlafen?«
    »So wie ich die ganze Sache verstanden habe, sind wir nur verpflichtet, sie zu heiraten und zu beschützen«, sagte Raine. »Feydons Brief beinhaltete nicht die Pflicht, mit ihnen zu schlafen oder Kinder zu zeugen.«
    Nick schaute ihn streng an. »Richtig.«
    »Du würdest deiner Frau eine kinderlose Ehe zumuten?«, fragte Lyon. »Und dir selbst?«
    »Sie hätte die Wahl. Ich würde ihr die Fakten erklären, bevor wir heiraten«, sagte Raine. »Ich will keine Halbblut-Kinder, die unter ihrer Entfremdung leiden und weder in der Anderwelt noch in der Erdenwelt richtig zu Hause sind.«
    »Und was wird aus dem Wein?«, fragte Lyon. »Unsere Erben müssen die Arbeit in den Weinbergen fortsetzen, wenn wir einmal nicht mehr sind.«
    Die mit Weinstöcken bedeckten Hügel im Zentrum Satyrlands produzierten Reben, die jedes Jahr zu Wein gekeltert wurden. Dieser Wein hieß
Herren von Satyr
, und er war unter den Adligen und Reichen Europas und der Welt heiß begehrt. Einige munkelten hinter vorgehaltener Hand, dass der Satyrwein magische Eigenschaften besaß, womit sie auch recht hatten.
    Die Ländereien der drei Brüder waren strategisch günstig an der Grenze eines uralten Waldes angelegt, wie Wachtürme in den drei Ecken einer
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