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Der Kuss des Lustdämons

Der Kuss des Lustdämons

Titel: Der Kuss des Lustdämons
Autoren: Arcana Moon
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Fotos, die mit einer neu aufgelegten Kollektion von Christian Dior einhergingen, bildeten den Durchbruch für das Magazin. Seither blieb dieser Raum, in dem das Flair der ewig stillstehenden Vergangenheit vorherrschte, jedoch ungenutzt. 
    An ihn schlossen sich das Marmorbad und die Küche an.
    Celice war es bisher nicht in den Sinn gekommen, diese neunzig Quadratmeter große „Zwischenstation“ mit Möbeln zu bestücken. Durch die ständig wechselnden Örtlichkeiten ihrer Arbeit hatte sie meist in Hotels geschlafen. Oder in Henrys Appartement.

    Celice kickte ihre Sandaletten in eine Ecke des Wohnzimmers und legte sich eine Decke um die Schultern. So kauerte sie in der Beuge des Sofas unter dem Fenster. Da war kein Schmerz, keine Wut, keine Traurigkeit. Nur Schweigen. Ob das die Ruhe vor dem Sturm war? In den sechs Jahren waren die Scherbenhaufen ihrer Beziehung mehrfach zusammengekehrt und mit emotionalem Sekundenkleber gekittet worden. Aus Dramen erwuchsen zärtliche Stunden und trieben Blüten der Leidenschaft. Doch die Früchte erntete nun die Andere.
    Kaum einer konnte sie leiden, aber leider musste man sich mit Jeanine Kornblum arrangieren. Immerhin war sie die Nichte von Kassandra Stieling, der Besitzerin von „Luv’n Fashion“. Sie würde ihn nicht gehen lassen. Und Henry konnte ihr nicht sein Desinteresse ins Gesicht schlagen, wie er es bei allen anderen gemacht hatte. Diese Beziehung hatte ihn auf ein Drahtseil geführt. Entweder Henry hielt die Balance, oder er stürzte und brach sich das Genick.
    „Private Tragödien haben privat und außerhalb dieses Hauses zu bleiben“, sagte die Chefin immer. Quertreiber betrachteten sich ihre Arbeitsstelle sehr schnell von draußen. Celice konnte sich ein Zerwürfnis mit Frau Stieling nicht leisten. Diese Erkenntnis ruhte wie eine Schutzkuppel auf jedem Vulkan, der in ihr brodelte. Akzeptanz fühlte sich anders an. Es war eher das Verharren im Angesicht der Apokalypse. Hätte sie Alkohol im Haus gehabt, sie hätte sich die Kante gegeben. Die Versuchung, dem bewährten Schmerzunterdrücker heute ein guter Freund zu sein, war hoch.
    Die Stille, die ihre Wohnung erfüllte, zog ihr die Wärme aus dem Leib. Ihre Finger wurden immer tauber. Der Schlaf, den sie sich herbeiwünschte, blieb aus.
    Wie ein Zombie schlich sie durch die Zimmer und blieb vor dem Panoramafenster im Wohnzimmer stehen, das sich gegenüber der Sofaecke, direkt neben der Klappliege befand. Die Lichter der Stadt kamen Celice wie ein Feuerwerk vor, das nicht verglühte. Ihr Blick blieb an der Stadtautobahn hängen, wo sich die Scheinwerfer wie bei einem Lampionumzug vorwärtsschoben. Ja, das Leben ging weiter. Die Zeit und die Geschehnisse rauschten an ihr vorbei. Nur sie schien stehengeblieben zu sein. Bisher hatte sie es nicht geschafft, sich wieder dem Lebensrhythmus zu ergeben.
    Ein dumpfes Klatschen im Flur ließ die junge Frau zusammenfahren. Zögernd wandte sie sich um und atmete erschrocken ein. Hatte sie die Tür nicht richtig zugemacht? Auf Zehenspitzen lief sie zur Stubentür und tastete nach dem Lichtschalter. Ach verdammt, sie hatte ja gar keine Glühbirnen eingeschraubt! Diese Szenerie war wie aus einem Horrorfilm entsprungen. Fehlte nur noch der Schlächter mit der Narbenfratze, der sie in seinem Wahn niedermetzelte. Die Hoffnung, dass es Henry sein könne, schob sie so schnell weg wie sie gekommen war.
    Da ist niemand! Du bist völlig allein.
    Celice versuchte etwas zu erkennen, blieb jedoch in Blindheit gehüllt. Es war so still, dass sie glaubte den Schweiß auf der Stirn rinnen hören zu können. Seltsam. Plötzlich trat sie gegen etwas Weiches. Es klimperte. Sie hatte ihre Handtasche quer durch den Flur getreten. Sie gab einen geflüsterten Fluch von sich. Blind tastete sie am Boden entlang, glitt über Lippenstifte, ihren Hausschlüssel und einem Schminkdöschen. Schließlich bekam sie den Riemen der Tasche zu greifen. Irgendwo da drinnen musste sich eine LED Lampe befinden.
    Es war schon ein Abenteuer, sich im Tageslicht durchzuwühlen. Jetzt schien es ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Doch zu ihrem Erstaunen hatte sie den Minischeinwerfer schnell gefunden. Der schmale Lichtkegel offenbarte das Geheimnis. Celice verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Der Zeitungsstapel war umgefallen.
    Jetzt hast du ja genug Zeit zum lesen , dachte sie, fischte ein Exemplar der Morgenpost aus dem Haufen und ging zur Küche.

    Die Küche befand sich direkt neben dem Eingang zum
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