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Der Kuss des Lustdämons

Der Kuss des Lustdämons

Titel: Der Kuss des Lustdämons
Autoren: Arcana Moon
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kannte.
    „Du bist das Licht und ich dein Schatten. Wir sind eins. Ich kann spüren, wie der Feuersturm in dir wütet. Lass es zu. Komm zu mir, mein Herz.“ Seine Stimme war wie ein Lockruf, der ihre Sinne berauschte. Sie schien so fern und doch ganz nah an ihrem Ohr zu flüstern. 
    „Ein Krieger gibt niemals auf, er stirbt lieber im Kampf. Du willst, dass man dich bezwingt, nicht wahr?“ 
    Die junge Frau schloss die Augen. 
    Ja. Er sollte sich nehmen, was ihm zustand. Der Geschmack der wollüstigen Niederlage war bittersüß und hatte Suchtpotenzial. Hände legten sich um ihre Hüften. Nackte Haut schmiegte sich an ihren Rücken, als sie sich aufrichtete. Es war nur ein Hauch von seinen Lippen auf ihrem Hals und doch arbeitete sich ein Kribbeln ihre Wirbelsäule hinauf. Rosige Knospen traten hervor, als er sie berührte.
    „Ich ... ich hätte niemals gehofft ...“ 
    Er küsste ihr die Worte von den Lippen. Der Schmerz, der ihre Seele beinahe zerrissen hatte, ließ nach. Celice wurde von einem Glücksgefühl ergriffen, das sie fortriss und wie auf Wolken schweben ließ. Ja, er war es. Und es würde geschehen! Oh die Sekunden, mögen sie doch schneller vergehen! 
    Seine Lippen fuhren ihren Hals hinab und hinterließen ein Knistern. „Die Götter wissen, du gehörst mir, mein Herz, auf ewig.“
    Die Wellen seiner Meeraugen schlugen über ihr zusammen.

    „Warum sagst du denn nichts?“ Celice zuckte zusammen. Sanft berührte sie die Konturen ihrer Lippen und blickte irritiert auf ihre Fingerspitzen. Für einen Moment hatte sie alles um sich herum vergessen und den Funken einer Hoffnung verspürt, ihn endlich zu vergessen. Doch es war nur ein Traum. 
    „Ich schütte dir mein Herz aus, und du schweigst mich an!“ 
    Ja, Schweigen. Alles, was zwischen ihr und Henry geblieben war.
    Deine Stimme klingt wie die eines Obdachlosen, der darum bettelt, dass man ihm nicht seinen Schlafkarton wegnimmt , dachte sie bei sich. Erbärmlich!
    „Celice. Ich weiß, ich habe dich belogen. Und Jeanine ...“
    „Oh, bitte! Ich will nichts mehr hören.“ Celice wandte sich von dem dunkelhaarigen Mann im Nadelstreifenanzug ab, der versetzt zu ihr auf der Brücke stand. „Nicht hier“, fügte sie gedämpft hinzu. Der Boden knarrte, als sie näher an die Brüstung trat. In ihren Seelenspiegeln reflektierte sich das Spiel der Wellen. Dieser Sommer war der schönste seit Jahren, einen blaueren Himmel hatte es nie gegeben. Doch ihr Herz fror.
    Der Rebell, der an ihrer Seite immer seine Freiheiten haben wollte, klebte nun mit einer anderen Frau zusammen wie die Wespe am Limonadenglas. Alles, was sie ihm sagen wollte, hing wie ein Kloß in ihrer Kehle fest.
    „Glöckchen. Bitte.“ 
    Celice lachte abfällig auf. Diesen Namen wieder aus seinem Mund zu hören kam ihr lächerlich vor. Sie war nicht mehr seine kleine Elfe.
    „Es ist besser, wenn du jetzt gehst, Henry.“ Ihre sonst helle Stimme glich dem ersten Frost im Winter. Fingernägel bohrten sich in das dunkle Holz. Celice konnte spüren, dass er ihre Rückenfront musterte. Sie hatte sich heute sehr auffällig gekleidet, natürlich mit dem Hintergedanken, ihm zu zeigen, was er verloren hatte. Ihre gelockten Haare und das nachtblaue Trägerkleid standen im perfekten Einklang mit ihren schwarz umrandeten Augen und den blutroten Lippen. Leider war Celice eine schlechte Schauspielerin. Sie wollte ihn zurück und sie ahnte, dass er es sehen konnte. War das noch wichtig nach allem? Die junge Frau starrte weiter auf den Lauf des Flusses, der das Schweigen zwischen ihnen mit Klang erfüllte.
    „Celice. Wir sind doch erwachsen. Bitte lass uns reden.“ 
    Sie drehte sich zu ihm. „Schluss jetzt! Erst behandelst du mich monatelang wie Dreck und jetzt willst du reden? Es tut nur noch weh, kapierst du das nicht?“ Ihre flachen Hände schlugen auf das Geländer. Sie wollte weg von dem Menschen, den sie bis zur Besinnungslosigkeit liebte. Und der ihr seine Gefühle vermutlich nie wieder offenbaren konnte, ohne sie dabei zu verletzen. Die Absätze ihrer silbernen Buffalo London Sandaletten hämmerten auf den Holzboden.
    „Celice, das kann es doch nicht gewesen sein. Ich brauche dich!“ 
    Er hatte es tatsächlich getan! Seine Worte trafen sie wie ein massiver Schlag auf den Brustkorb. Unvermittelt blieb sie stehen und knickte dabei fast auf dem Kieselweg um. Ihr nächster Impuls war, ihn zu ohrfeigen. Doch sie verharrte wie erstarrt. Die Blätter der Erlen rauschten.

    Henry
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