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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer
Autoren: Lynn Raven
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mitgebracht hatte, in der festen Annahme, sie könne sie ihm wieder annähen; zwei Krieger aus Fürst Rusans persönlicher Garde, die ihren Händel um eine Frau mit dem Schwert ausgetragen hatten und sich nun mit ihren Wunden nicht zum Kriegsheiler ihrer Truppe wagten, weil der es ihrem vorgesetzten Offizier gemeldet hätte.
    Sie zog den Riemen des Arzneikastens höher auf die Schulter, öffnete die Tür, nahm den Korb mit dem Kuchen und trat hinaus ins goldene Abendlicht. Als sie sah, wie Malk, der jüngste Sohn eines Krämers aus der Nachbarschaft, der für sie zuweilen Botengänge erledigte, aufsprang, musste sie unwillkürlich lächeln.
    »Habe ich dich nicht schon vor über einer Stunde nach Hause geschickt, junger Herr?«, rügte sie belustigt, während sie die Tür hinter sich schloss und verriegelte.
    Das Donnern der Wellen, die sich an den Steilklippen von Anschara brachen, vermischte sich mit dem Gesang der Vögel, die sich nach dem Regen wieder aus ihren Nestern wagten. Zärtlich streiften ihre Finger das gerade handgroße Symbol der Gnädigen Göttin, das in den Türpfosten eingehauen war - zwei kunstvoll aus dem Stein gearbeitete Federn, die sich um das vom häufigen Darüberstreichen polierte Oval eines stilisierten Auges in ihrer Mitte bogen. Ihre Gedanken schweiften zu Ahmeer, wie oft in den letzten Wochen. Er war zu Beginn des Sommers an die südliche Küste geschickt worden, um den Edari-Piraten Einhalt zu gebieten, die dort immer wieder Fischerdörfer überfielen. - Und er hatte sie tatsächlich an seinem letzten Abend in Anschara gefragt, ob sie seine Frau werden wollte.

    Sie hatte sich Bedenkzeit bis nach seiner Rückkehr ausgebeten, obwohl ihre Entscheidung eigentlich schon feststand. Das versonnene Lächeln auf ihren Lippen erstarb. Plötzlich war ihr kalt. Die Edari machten gewöhnlich keine Gefangenen und ließen niemals jemanden am Leben - sie hatten auch damals alle getötet, als sie das Dorf überfallen hatten, in dem Lijanas aufgewachsen war. Ein Schaudern rann ihre Glieder hinab. All das war so lange vergangen ... Sie war ein kleines Mädchen gewesen, das gerade fünf Winter gesehen hatte. - Entschieden straffte sie die Schultern. Ahmeer würde zurückkommen! Er hatte es versprochen. Und dann würde sie ihm sagen, dass sie seine Frau werden wollte!
    Als sie sich zu Malk umwandte, grinste der ihr zahnlückig entgegen. »Kann schon sein, dass Ihr mich nach Hause geschickt habt, Heilerin, aber ich fand den Sonnenuntergang so schön ... «
    »Schwindler! « Lijanas lächelte. » Du hast gehofft, wenn du hier auf mich wartest, bekommst du noch ein Stück Jelil-Kuchen. « Sie streckte ihm den Korb entgegen. »
    Da! Nimm!«
    So etwas ließ Malk sich nie zweimal sagen. Er brauchte nur einen Bissen, um fast die Hälfte des Kuchenstücks in seinem Mund verschwinden zu lassen. Lijanas strich ihm durch das wirre Haar, als sie die zwei Stufen auf die Straße hinuntertrat. »Du hättest nur fragen brauchen, weißt du.«
    Einen Kuchenkrümelkranz um beide Mundwinkel nickte der junge, dann trollte er sich. Lijanas rückte den Riemen auf ihrer Schulter zurecht und wollte sich auf den Heimweg machen.
    »Lijanas! Heilerin! Wartet!«
    Erstaunt wandte sie sich zu der Stimme um. Aus einer Seitengasse strebte Udelar, ein Heiler aus der Nordstadt, hastig auf sie zu, gefolgt von einem dunkel gekleideten Fremden.
    »Wie gut, dass ich Euch noch antreffe, Heilerin.« Udelar schnaufte wie ein schwindsüchtiger Karrengaul. »Der Begleiter dieses Mannes ist schwer krank. Ich kann mir nicht erklären, was ihm fehlt. Er hat offensichtlich grässliche Schmerzen. Als ich seinen Leib abgetastet habe, brüllte er, als würde ich ihn abstechen. Aber ich konnte weder Knoten noch Schwellungen spüren. Ihr müsst kommen und nach ihm sehen, ich bitte Euch, Heilerin. Es scheint sehr ernst zu stehen, und ich weiß nicht, wie ich ihm helfen könnte. «
    Nur ganz kurz dachte Lijanas an das warme Mahl, das in der Halle der Gesegneten der Gnädigen Göttin auf sie wartete, dann nickte sie.
    »Führt mich zu ihm! «
    Die hellblauen Augen des Fremden betrachteten sie aufmerksam unter einem blonden Schopf heraus, dann verneigte er sich leicht und deutete auf die Gasse, aus der er und der Heiler gerade gekommen waren.
    »Hier entlang.« Seine Stimme klang weich, mit einem seltsamen Akzent. Er wandte sich um und ging ihr voraus. Udelar blieb zurück. Erstaunt sah Lijanas ihn an. Der Heiler hob leicht die Schultern.
    »Ich wurde zu einem
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