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Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Hodder
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über Burton einige weniger schmeichelhafte Artikel im Empire veröffentlicht – einschließlich einer Schmährede, die Burton beschuldigte, einen Jungen ermordet zu haben, der ihn dabei beobachtet hatte, wie er auf seiner berühmten Pilgerreise nach Mekka nach europäischer Manier urinierte. Wie Burton schnell zu bedenken gegeben hatte, waren seine Verkleidung, sein Geschick im Umgang mit der Sprache und seine akribische Einhaltung der Sitten und Gebräuche des fremden Landes überzeugend genug gewesen, um die anderen Pilger über viele Monate im Glauben zu halten, er sei ein Araber. Daher sei es undenkbar, dass er sich bei einem solch grundlegenden Fehler, wie im Stehen zu pinkeln, hätte erwischen lassen. Abgesehen von der Kleinigkeit, dass ein Mord an einem Jungen zweifellos zu seiner Enttarnung als Hochstapler und einer standesrechtlichen Hinrichtung geführt hätte.
    Stanley hatte auch Isabel in der Presse angegriffen, indem er sie ob ihres Mangels an Taktgefühl und ihres übermäßig eigenwilligen Charakters diffamierte. Burton kam nicht umhin darüber nachzudenken, dass sie an diesem entscheidenden Punkt seiner Karriere zu einer Belastung wurde; eine Situation, die Stanley vor einer Weile erkannt hatte und an der er sich jetzt weidete.
    »Lecker!«, rief Oscar aus.
    Mrs Angell war mit einem großzügigen Stück Pastete wieder aufgetaucht. Sie reichte es dem Jungen.
    »Es ist nichts Besonderes, aber ich hoffe, es füllt das bodenlose Loch, das du Magen nennst«, sagte sie.
    »Ich habe den denkbar einfachsten Geschmack, Mrs Angell«, erklärte der Zeitungsjunge. »Ich bin immer zufrieden, wenn ich das Beste bekomme!«
    Burton zerzauste dem Jungen das Haar.
    »Dann ab mit dir, Quips. Wenn du wiederkommst, wartet noch ein Stück auf dich.«
    Oscar stieß einen Seufzer der Zufriedenheit aus, hob seine Zeitungen auf und flitzte durch die Tür, die Burton für ihn aufhielt.
    Als er die Eingangstür schloss, sah der Entdecker seine Vermieterin an.
    »Sie haben die Neuigkeiten gehört?«
    »Ja, Sir. Gott schütze ihn. Es muss ein entsetzlicher Schock für Sie gewesen sein.
    »Er hasste mich.«
    »Nehmen Sie mir meine Worte nicht übel, Sir, aber ich denke, er war fehlgeleitet.«
    »Dem widerspreche ich nicht. Haben die Reporter schon die Tür eingeschlagen?«
    »Nein, Sir, sie denken wahrscheinlich, Sie seien noch in Bath.«
    »Gut. Wenn sie kommen, kippen Sie ihnen einen Eimer Schmutzwasser über. Keine Besucher bitte, Mrs Angell. Ich will niemanden sehen, bis der junge Oscar wiederkommt.«
    »Wie Sie wünschen. Kann ich Ihnen etwas zu essen bringen?«
    Burton begann, die Treppe hinaufzusteigen.
    »Ja, bitte. Und eine Kanne Kaffee.«
    »Jawohl, Sir.«
    Die alte Dame sah ihm nach, als er den Treppenabsatz erreichte, sich nach rechts wandte und in seinem Arbeitszimmer verschwand. Sie schürzte die Lippen. Sie kannte Burton gut genug, um zu erkennen, welche Stimmung sich da zusammenbraute.
    »Kaffee, ja sicher!«, murmelte sie, als sie in die Küche hinabstieg. »Der hat eine Flasche Brandy vernichtet, bevor der Abend vorüber ist!«

    Burton hatte sich in der Tat ein großzügiges Glas Brandy eingeschenkt und hing jetzt in seinem alten ledernen Lehnstuhl am Kamin, seine Füße ruhten auf dem Kamingitter. In der einen Hand hielt er das Glas, in der anderen einen Brief. Er kam aus der Downing Street Nr. 10 und lautete:
    Bitte melden Sie sich bei Ihrer Rückkehr nach London unverzüglich im Amtssitz des Premierministers.
    Er nippte an seinem Getränk und genoss das wärmende Feuer, das sich in seinem Bauch ausbreitete. Er war müde, aber nicht schläfrig und fühlte das schwere Gewicht der Depression an seinem Verstand zerren.
    Er lehnte den Kopf zurück und konzentrierte sich mit halb geschlossenen Augen ganz auf sein Gehör. Es war ein Sufi-Trick, den er auf dem Weg nach Mekka gelernt hatte. Die Sehkraft war der dominante Sinn, gab man einem anderen den Vorrang und ließ den Geist wandern, tauchten oft Gedanken, Erkenntnisse und bislang unbemerkte Verbindungen aus den sonst unzugänglichen Tiefen auf.
    Er hörte das Bücherregal leise knacken, als dessen Holz sich an die veränderte Temperatur des frühen Abends anpasste; es war das einzige Geräusch, das aus dem Innern seines Arbeitszimmers stammte, abgesehen von seinem eigenen Atem und dem Ticken der Uhr auf dem Kaminsims. Von der Welt vor den beiden Schiebefenstern drang jedoch die gedämpfte Kakofonie der britischen Hauptstadt herein: Stimmen, die von unten auf
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