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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Mars!" Um neun Uhr kamen einige erregte Leute mit unglaubwürdigen Berichten auf den Bahnhof, riefen aber keine größere Verwirrung hervor als etwa Betrunkene. Leute, die in der Richtung nach London fuhren und durch die Wagenfenster in die Dunkelheit hinausbückten, sahen nur einen seltsam flackernden, immer wieder erlöschenden und immer wieder auftauchenden Lichtschein vor Horsell schimmern, sahen eine rote Glut und einen dünnen Rauchschleier zum Himmel treiben; und sie hielten es höchstens für ein Heidefeuer. Nur am letzten Stück des Weidelandes konnte man einige Aufregung bemerken. An der Gemeindegrenze von Woking brannten etwa sechs Landhäuser. In allen Häusern der drei Dörfer auf der Weideseite brannte Licht und die Leute wachten bis Tagesanbruch. Neugierige Menschenhaufen hielten sich hartnäckig auf den Brücken in Chobham und in Horsell; Leute kamen und gingen, aber die Menge blieb. Einige waghalsige Gesellen schlichen sich, wie man später hörte, in die Dunkelheit hinaus und krochen ganz nahe an die Marsleute heran', aber sie kehrten nie wieder zurück; denn von Zeit zu Zeit strich ein Lichtstrahl wie der Scheinwerfer eines Kriegsschiffes über die Weide, und der Hitzestrahl folgte unmittelbar darauf. Von diesen Unterbrechungen abgesehen schien jene große Fläche schweigend und verlassen; und die verkohlten Leichen lagen hier die ganze Nacht unter den Sternen und blieben dort den ganzen nächsten Tag. Ein hämmerndes Geräusch aus dem Krater wurde von vielen Leuten gehört. Das war der Stand der Dinge Freitag nachts. Im Mittelpunkt der Zylinder, der in der Rinde unseres alten Planeten wie ein vergifteter Wurfspeer steckte. Doch das Gift war noch kaum wirksam. In der übrigen Welt floß der Strom des Lebens wie schon seit undenklichen Jahren. Das Fieber des Krieges, das in kurzem das Blut in den Adern gerinnen lassen, Nerven erröten und das Gehirn zerstören sollte, mußte erst aufkommen.
    Eine ganze, schlaflose Nacht hindurch hämmerten die Marsleute offenbar unermüdlich an Maschinen, die sie instand setzten. Immer wieder fuhr eine Masse grünlichweißen Rauches zum sternenhellen Himmel auf.
    Ungefähr um elf Uhr kam ein Zug Soldaten durch Horsell und verteilte sich am Rand der Weide, um einen Kordon zu bilden. Später marschierte ein zweiter Zug durch Chobham, um sich auf der Nordseite zu verteilen. Einige Offiziere von der Inkerman-Kaserne waren schon am frühen Morgen bei der Weide angekommen, und einer, Major Eden, wurde als vermißt gemeldet. Der Oberst des Regiments kam um Mitternacht zur Brücke von Chobham und fragte die Menge eifrig aus. Die militärischen Behörden waren sich des Ernstes der Dinge ohne Zweifel völlig bewußt. Am nächsten Morgen konnten die Zeitungen mitteilen, daß um elf Uhr eine Schwadron Husaren, zwei Maximgeschütze und etwa vierhundert Mann des Cardigan-Regiments von Aldershot aufbrachen. Einige Sekunden nach Mitternacht sah die Menge in der Chertsey Road in Woking einen Stern in nordwestlicher Richtung in das Fichtengehölz einfallen. Er fiel unter grünlichen Lichterscheinungen und blendete wie ein sommerlicher Blitz. Das war der zweite Zylinder.
     

9. Der Kampf beginnt
     
    Der Samstag lebt in meiner Erinnerung als ein Tag Gnadenfrist. Er war auch ein Tag der Abspannung, heiß und schwül; wie man mir mitteilte, wechselte das Barometer unaufhörlich. Meiner Frau war es gelungen, bald einzuschlafen; ich hatte nur wenig Schlaf gefunden und stand früh auf. Vor dem Frühstück ging ich in den Garten und blieb dort lauschend stehen. Aber in der Richtung gegen die Weide regte sich nichts als eine Lerche.
    Der Milchmann kam wie gewöhnlich. Ich hörte das Rasseln seines Karrens und ging ums Haus herum zum Seitenpförtchen, um von ihm die letzten Neuigkeiten zu erfahren. Er erzählte mir, daß im Laufe der Nacht die Marsleute von den Truppen umzingelt wurden und daß man die Geschütze erwarte. Ich hörte (ein vertrautes, beruhigendes Geräusch!) einen Zug nach Woking fahren. "Man will sie nicht toten", sagte der Milchmann, "wenn es nur irgendwie vermieden werden kann." Ich sah einen Nachbarn in seinem Garten arbeiten, plauderte eine Weile mit ihm und schlenderte gemächlich ins Haus zurück, um zu frühstücken. Es war ein ganz gewöhnlicher Morgen. Mein Nachbar war der Ansicht, daß es den Truppen gelingen würde, die Marsleute während des Tages entweder gefangenzunehmen oder zu vernichten.
    "Es ist wirklich schade, daß sie sich so unzugänglich machen", sagte

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