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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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höflichen Heiratsantrag. Indessen war aber die Liebe, die Ludwig zu Maria Mancini hegte, sostark geblieben, daß er noch vielerlei Stürme durchleben mußte, bis er ihr entsagte und in die spanische Hochzeit einwilligte.
    Endlich konnte Mazarin triumphieren. Am siebenten November 1659 unterzeichnete er mit den Spaniern einen Vertrag, der das französische Reich bedeutend vergrößerte. Und als notwendige Dreingabe, die diesen Frieden haltbarer machen sollte, wurde die Infantin Maria-Teresia von Spanien mit Ludwig XIV. vermählt.
    Der Heiratsvertrag enthielt eine Klausel, die sich als gefährlich erweisen sollte. Sie besagte, daß Marie-Thérèse, wie sie französisiert hieß, von ihrem Vater eine Mitgift von fünfhunderttausend Goldtalern erhalten werde, und vermittels dieser Summe sollte sie beim Tod ihres Vaters ihrer Anrechte auf die spanische Krone verlustig gehen. In Spanien nämlich galt nicht das Salische Gesetz, wonach Frauen von der königlichen Macht ausgeschlossen waren, so daß die französische Königin Marie-Thérèse beim Tod ihres Vaters durchaus auch regierende Königin von Spanien hätte werden können. So weit so gut, doch was, wenn die Mitgift von fünfhunderttausend Goldtalern nicht bezahlt würde, was in Anbetracht des schwachen spanischen Staatsschatzes äußerst wahrscheinlich war? Wäre der Verzicht der Königin von Frankreich auf die spanischen Kronrechte dann noch gültig? Sie werden sehen, Leser, daß dieses Problem sich schon bald stellte.
***
     
    »Monsieur, bitte, auf ein Wort. Um ehrlich zu sein, ich bin ärgerlich.«
    »Auf mich?«
    »Nein. Auf die Königin. Ich finde, sie ist mit Mademoiselle de La Motte Argencourt abscheulich umgesprungen, erstens, indem sie ihr fälschlich einen Liebhaber unterstellte, und zweitens, indem sie sie ins Kloster steckte, nur um sie von ihrem Sohn zu trennen.«
    »Schöne Leserin, wenden Sie sich an den Herzog von Orbieu oder an den Autor?«
    »An den Autor.«
    »Nun, der Autor teilt Ihre Mißbilligung voll und ganz. Der Herzog von Orbieu als Mann seines Zeitalters fand hingegen an dem königlichen Absolutismus nichts zu mäkeln, weder anden Ungerechtigkeiten noch den Unbilligkeiten, die jener mit sich bringen mußte. Ist das alles?«
    »Monsieur, mir erscheint aber auch die Strategie, Ludwigs Verbindung mit der Tochter der Herzogin von Savoyen vorzutäuschen, reichlich kindisch.«
    »Nein, liebe Freundin! Was Erfolg bringt, ist niemals kindisch. Erlauben Sie, darauf hinzuweisen, daß Ludwigs vorgebliche Hochzeit mit Marguerite Yolande von Savoyen den König von Spanien so erschreckte, daß er seine Verzögerungstaktik aufgab.«
    »Sicher, aber bedenken Sie doch, welchen Kummer es Marguerite Yolande bereitet haben muß, nichts mehr zu sein, nachdem sie geglaubt hatte, sie würde Königin von Frankreich werden.«
    »Das hat sie niemals geglaubt. Sie wußte von vornherein, daß diese ›Hochzeit‹ nichts wie Komödie war. Außerdem erhielt sie zum Dank für ihr gutes Rollenspiel schöne Geschenke und wurde mit dem Herzog von Parma vermählt, der nicht nur Herzog, sondern auch ein unermeßlich reicher Mann war. Trocknen Sie Ihre Tränen, schöne Leserin. Für die Großen dieser Welt regnet es Rosen. Sie brauchen sich nur die Mühe zu machen, auf die Welt zu kommen.«
***
     
    Es war nicht das erstemal, daß Frankreich und Spanien ihre Kinder vermählten. Der Leser wird nicht vergessen haben, daß 1612 der spanische Infant Elisabeth von Bourbon, die kleine Schwester der Dauphins, und Ludwig selbst die Infantin Anna, Schwester des spanischen Königs, heirateten. Der Tausch der Prinzessinnen hatte an der Bidassoa statt, was diesen Fluß berühmt machte, ebenso wie die Fasaneninsel, auf der die Franzosen und die Spanier zusammentrafen. Glauben Sie nicht, daß diese Doppelhochzeit den Bräuten als das große Glück erschien. Denn künftig sollten sie fern ihrer Familie und ihrer Heimat leben, in einem Land, das ihnen gänzlich fremd war, kaum daß sie dessen Sprache kannten, und aus dem sie nie mehr zurückkehren durften. Denn es war geltende Regel, daß Könige und Königinnen einander nie von Staat zu Staat besuchten.
    Leserin, auch wenn Sie die Frage nicht stellen sollten, nehme ich an, Sie würden gern mehr über die Bidassoa erfahren, deren Name unseren Ohren so düster klingt. Nun, um Ihnen Genüge zu tun, die Bidassoa ist ein Fluß der Pyrenäenküste, sie entspringt in Spanien und dient Frankreich mit ihren letzten zehn Kilometern als Grenzfluß.
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