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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot
Autoren: T.H. White
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ausgesetzt und konfrontiert mit dem Es, dem Dämonisch-Chaotischen in sich
selbst, gewinnt Merlin jene Weisheit und Konzentration, jenes psychologische
Verständnis, die seine Aura bilden: der Zauberer und Magier, der aus der Zeit
fällt.
    Daß es gerade der Wald, die Waldwildnis
ist, die zum »Ort der Läuterungen« wird, mag damit zusammenhängen, daß nach
keltischer Überlieferung Bäume heilig waren, in dem nach Bäumen benannten Alphabet
Geheimwissen eingeschlossen war.
    Noch heute ist auf den Britischen Inseln
die Mythologie, die mit Bäumen zusammenhängt, besonders ausgeprägt. Hierfür nur
ein paar Beispiele. Noch heute wird in Hereford am Maitag ein mit roten und
weißen Fetzen behängter Birkenstamm an die Stalltür gelehnt, um Pferde davor zu
schützen, daß Hexen heimlich nachts auf ihnen reiten oder Feen Knoten in ihr
Haar schlingen. Noch im England des 19. Jahrhunderts empfanden sich Matrosen
und ihre Bräute dann ordnungsgemäß verheiratet, wenn sie über einen Besen aus
Birkenreisern stiegen, der über eine Schwelle gehalten wurde. Unglück brachte ein Holunder vor dem Haus.
Wer sich diesem Strauch nach Einbruch der Dunkelheit näherte, war den Hexen
ohne Gnade ausgeliefert. Eichen, vor allem als einzelne Bäume oder als kleine
Wäldchen, haben eine starke magische Ausstrahlung. Sie schützen vor
Blitzschlag. Trieb man einen Nagel in ihren Stamm, so half das gegen Zahnweh.
    Die Gebirgsesche schützte ebenfalls vor
Hexenmacht. Manch einer trug ein Kreuz aus Gebirgseschenholz. In einer frühen
irischen Saga wird ein großer Teil der Fianna in einem Palast unter einer
Bergesche festgezaubert. Zweige der Bergesche, einem Schwein um den Hals
gehängt, bewirken, daß das Tier rascher fett wird. Die Früchte der Bergesche
verhelfen als Futter bei Kühen und Stuten zu einer unkomplizierten Geburt der
Kälber und Fohlen.

KAPITEL 10
     
     
    Es gibt eine Episode in der »Vita
Merlini«, des Geoffrey von Monmouth, aus der klar wird, daß der Autor manche
folkloristische Geschichten, die er in Wales hörte und in seinem Text
verarbeitete, offenbar nicht richtig bzw. allzu vordergründig begriffen hat. Da
weissagt Merlin beispielsweise, daß ein bestimmter Junge auf drei verschiedene
Arten zu Tode kommen werde. Diese mysteriöse Vorhersage erfüllt sich
tatsächlich, als der Junge von einem Felsen stürzt, an den Füßen in den Ästen
eines Baumes hängen bleibt, mit dem Kopf unter Wasser gerät und so ertrinkt.
Was hier als Beweis für Merlins Prophetengabe angeführt wird, hat in seinem ursprünglichen
Zusammenhang, in der Folklore von Wales, eine andere Bedeutung gehabt, die
Geoffrey offensichtlich nicht durchschaute. Es ist kaum Zufall, daß das hier
sich ergebende Bild genau dem des Gehängten, der Karte XII des Tarotspiels
entspricht. Es ist kein Zufall, wenn man weiß, welche mythischen Zusammenhänge
dieses Bild ausdrückt.
     
    Für Dionysos, den Narren mit den
Eselsohren, kommt das Ende seiner Herrschaft mit dem Ende der Saturnalien.
Seine Zeit ist abgelaufen. Er muß sterben, um als Iachus wiedergeboren zu
werden, wie selbst die Saat ja erst wieder in die Erde gesenkt werden muß, um im
nächsten Jahr wieder aufzusprießen.
    Bei den Griechen wurden Abbilder des
Dionysos häufig in die Bäume gehängt, um so gute Wein- und Getreideernten zu
erzielen. Der alte Glaube lebte in Europa fort. In England werden an manchen
Orten zur Fastenzeit Puppen gesteinigt, die man »Jack o’Lent« nennt. Nachdem
das Abbild des Dionysos geschmäht und beschimpft worden ist, wird es auch
manchmal verbrannt, durchschossen oder einfach durch einen Kamin hinabgeworfen.
Die Sachsen je doch fuhren damit fort, solche Puppen an einem Baum aufzuhängen.
Die Mythe von dem sterbenden Gott ist eine schamanische Vorstellung. In einem
alten nordischen Gedicht, dem »Lay des Erhöhten « , das vordergründig von der Kreuzigung
Jesu handelt, werden in Wirklichkeit die Taten Odins dargestellt, bei dem es
sich um eine nordische Spielart des griechischen Hermes, eines Erzzauberers und
Prototyp des Schamanen handelt.
     
    Für neun stürmische Nächte
    hing ich im Baum,
    verwundet von meiner
eigenen Klinge,
    Gott dem Gott geweiht,
    ein Opfer an mich selbst,
    gebunden an diesen
mächtigen Baum,
    dessen Wurzeln die
Menschen nicht kennen.
    Keiner gab mir zu essen.
    Keiner gab mir zu trinken.
Ich stieg hinab in den Abgrund
    und suchte heraus die Runen!
Dann stürzte ich
in die Dunkelheit
    mit einem langen Schrei.
    Wiedergeburt habe
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