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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot
Autoren: T.H. White
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ich
erlangt
    und auch Weisheit.
     
    In Hinblick auf das, was wir über
schamanische Initiationsriten wissen, deutet der Gehängte auf eine Art
Initiationsprobe hin, die sich der Betreffende wahrscheinlich selbst auferlegt.
    Im Femen Osten, charakteristischerweise in
einer weitaus weniger gewalttätigen Version ah in den Geschichten von Odin und
Jesus, gewinnt Buddha seinen Feldzug gegen den Tod und Illusion, indem er unter
einem archetypischen bodhi-Baum sitzt, nicht aber von diesem herabhängt. Er ist
mit dem Baum mehr durch sein Gelübde als durch physische Bande verbunden.
    Die primitiven Schamanen aber, indem sie
einer alten bei Leichen angewandten Praxis folgten, die man fesselte, damit sie
die Lebendigen nicht heimsuchen konnten, banden sich tatsächlich Arme und Beine
zusammen, ehe sie in magische Trance versanken.
    Von daher scheint diese Praktik auch auf
spätere Initiationsrituale übergegangen zu sein. Freimaurer benutzen ein
»Kabeltau « und fesseln
vor seiner Aufnahme dem Kandidaten Arme und Beine… Theoretisch besteht der
erste Schritt einer astralen Wanderung im Fesseln der Glieder, Verbinden der
Augen, Verstopfen der Ohren und in einem Ausstrecken des ganzen Körpers derart,
daß das Gefühl eintritt, man schwebe.
    Statt wie gewöhnlich mit den durch die
Sinneswahrnehmungen einfließenden Daten ist das Bewußtsein des Subjekts jetzt
mit mentalen Daten in Art von Halluzinationen und Phantasien angefüllt.
    Während der Yogi sich leicht in diesen
Zustand versetzen kann, schließt sich der Schamane gegen die Reize ab, die
normalerweise die zentrale Position in unserem Bewußtsein besetzt halten. Auf
diese Weise setzt er sich den Phantasmagorien des Unterbewußtseins aus, in die
er als Protagonist einer Handlung eintritt. Nach allen bekannten Berichten ist
der eintretende Traumzustand surrealistisch und erinnert an die Bildwelten
eines Hieronymus Bosch, Peter Breughel und Salvador Dali.
    Alltägliche Gegenstände, verzerrt in ihren
Proportionen, winzig klein oder übergroß, erscheinen zusammen mit entstellten
oder bizarren Formen, Tieren, Pflanzen oder Mineralien.
    Die charakteristische Eigenart dieses
Zustandes ist jedoch, daß alles ständig in Fluß ist, von einer Gestalt in eine
andere übergeht, sich von einem Platz zum anderen bewegt. Wie die physische
Existenz immobilisiert werden muß, damit sich der Betreffende besser auf den
astralen Bereich konzentrieren kann, so muß diese sich ständig in Bewegung
befindliche Welt gezähmt werden. Sie muß durchdrungen und durchschaut werden,
ehe bei der Schau ein Fortschritt gegen den Zustand der Erleuchtung hin
eintritt. Die Formen, die durch die mystische Quelle aufgeschleudert werden,
scheinen ihm teils bekannt, teils völlig fremd. Auf diese Weise schafft er
Ordnung unter den wilden Tieren des Unterbewußten, die sein und doch nicht sein
sind, die objektiv und zugleich subjektiv wie Dämonen projeziert werden, denen
er begegnet und die er zähmen muß.
    Paul Hubson, The Devil’s
Picturebook
     
    Es ist kaum ein Zweifel möglich, daß das
Bild des einen dreifachen Tod sterbenden Jungen verschlüsselt die Formel jener
Meditationsriten enthält, die der Merlinus Silvestris praktiziert haben mag.
Wem eine solche Interpretation zu weit geht, wird aber vielleicht zustimmen
können, wenn wir mutmaßen: hier liegt ein Hinweis auf Riten und
Bewußtseinszustände vor, die im prähistorisch-heidnischen Wales bekannt gewesen
sind und dann in christlicher Zeit als verpönt galten.
    Auch die Vorstellung, der spätere Zauberer
sei von einem incubus, einem Buhlteufel, mit einer Nonne gezeugt worden,
drückt meiner Ansicht nach exakt diese Entwicklung aus. Merlin verkörpert
heidnische Geheimpraktiken, die in ihm fortleben. Einerseits wurden sie als
»Teufelszeug« verboten und unterdrückt, andererseits ging von ihnen, wie von
allem Verbotenen, eine große Faszination aus. Und so hat T. H. White in »Das
Schwert im Stein« Merlin beschrieben:
    Er trug ein wallendes Gewand mit einem
Pelzkragen, das mit verschiedenen Tierkreiszeichen bestickt war, auch mit
kabbalistischen Zeichen, Dreiecken mit Augen drin, komischen Kreuzen,
Baumblättern, Vogel- und Tierknochen, und einem Planetarium, dessen Sterne
leuchteten wie kleine Spiegelstücke, die von der Sonne beschienen werden. Er
trug einen spitzen Hut, ähnlich einer Narrenmütze oder gewissen weiblichen
Kopfbedeckungen jener Zeit, nur daß bei den Damen noch ein Schleier daran
flatterte. Darüber hinaus hatte er einen
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