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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder
Autoren: P.J. Tracy
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Lebensgeister
    abgestürzt und unter Grace MacBrides Stiefeln zerquetscht.
    «Es ist ein anderes Geschenk.»
    «Ein Abschiedsgeschenk also. Verdammt, Grace, ich finde das
    beschissen.»
    «Es wird dir gefallen. Ich bin um sieben da.»
    Magozzi klappte das Handy zu und beschloss, dass es ihm total
    gleichgültig war, ob Grace MacBride nach Arizona fuhr oder zum
    Mond flog. Gino hatte Recht. Er brauchte ein Privatleben. Er
    brauchte eine Frau – vorzugsweise eine, die ihm half, ein Sofa zu kaufen. Oh, sie konnte heute Abend vorbeikommen, sie würden ein
    wenig essen, ein wenig trinken, und vielleicht würde er sie sogar überrumpeln und so küssen, dass ihr die Stiefel von den Füßen
    flogen, aber danach würde er sie, bei Gott, mit einem Arschtritt
    hinausbefördern. Das genau würde er machen.
    Gino sah fragend zu ihm hinüber. «Grace?»
    «Ja», knurrte Magozzi und klang wie ein echter Mann, ein Mann,
    der keine Bedenken kannte, ein Mann, der sein Leben in die Hand
    nahm. Er fragte sich, ob das dämliche Grinsen auf seinem Gesicht
    diesen Eindruck verdarb.

    Harley Davidson saß am Steuer des fünfzehn Meter langen
    Spezialmobils. Seine kräftigen tätowierten Arme ruhten auf dem
    großen Lenkrad, und sein massiger Körper wurde von einem
    Kapitänsstuhl aus echtem Connolly-Leder umfangen, einer
    Spezialanfertigung, die auf seine Körpermaße zugeschnitten war. Es hatte zwanzigtausend gekostet, den Sitz anfertigen zu lassen, weitere tausend, ihn per Luftfracht von der kleinen italienischen Möbelfabrik schicken zu lassen, bei der er ihn in Auftrag gegeben hatte, und
    weitere dreitausend, um die Hydraulik zu installieren. Ein weißes Grinsen durchschnitt seinen schwarzen Bart. Jeder Cent hatte sich gelohnt. «Verdammt, ich liebe dies Ding. Zur Hölle und zurück
    würde ich mit Freuden in diesem Ding fahren.»
    Der storchenähnliche Mann neben ihm verschränkte die langen,
    dürren Arme über seiner knochigen Brust und schmollte. «Ich bin
    dran. Ich will jetzt fahren. Du bist zum Flughafen gefahren, und
    deswegen darf ich auf dem Rückweg ans Steuer. Fahr an die Seite.»
    Harleys Blick huschte nach rechts – man durfte in diesem Baby
    die Straße nicht zu lange aus den Augen lassen, wenn man nicht eine ganze Wohnsiedlung in Trümmer legen wollte. Roadrunner steckte
    wie gewohnt von Kopf bis Fuß in Lycra, aber heute war der Anzug
    grell orange. Harley kam es vor, als unterhielte er sich mit einem Warnkegel. «Roadrunner, du wirst diese Maschine nie fahren.
    Schlag es dir aus dem Kopf.»
    «Oh ja? Und wieso nicht?»
    «Also, lass mich überlegen. Erstens hast du keinen Führerschein
    und noch nie einen gehabt. Zweitens bist du in den letzten dreißig Jahren ausschließlich Zweirad gefahren. Und bei dem Ding hier sind die Bremsen nicht am Lenker, du Blödmann.»
    «Jungs, würdet ihr aufhören, euch zu streiten?», griff Annie von
    hinten ein, und Harley riskierte einen Blick zu einem der sieben
    Spiegel. Drei von ihnen hatte er so eingestellt, dass er aus
    verschiedenen Blickwinkeln Annie Belinsky sehen konnte, die sich
    lässig auf eines der Sofas drapiert hatte. Sie trug diesen hautengen rehbraunen Wildlederfummel mit Fransen unten und Perlenbesatz
    oben sowie Cowboystiefel mit Sporen. «Mein Gott, Annie, ich kann
    diese Sporen beinahe in meinen Flanken spüren.»
    Annie starrte wütend auf seinen Rücken. «Das stelle sich einer
    vor. Zwei Wochen war ich nur weg, und trotzdem habe ich es
    irgendwie geschafft, völlig zu vergessen, was für ein widerlicher Schmutzfink du bist, Harley.»
    «Er hat dich vermisst», sagte Grace. Sie rekelte sich auf dem
    Sofa gegenüber, trug wie immer Stiefel, hatte die Beine lang
    ausgestreckt und an den Knöcheln überkreuzt. «Wie wir alle.»
    Roadrunner drehte sich mit seinem Sitz um und sah Annie an.
    «Hast du mir ein Geschenk mitgebracht?»
    «Mein Süßer, natürlich habe ich das. Es ist da in dem kleinen
    schwarzen Beutel.»
    Roadrunners Miene erhellte sich, und er kramte in dem Beutel,
    bis er ein in Geschenkpapier gewickeltes Päckchen gefunden hatte.
    Er riss es auf und hielt ein limonengrünes Cowboyhemd aus Lycra in die Höhe. Es hatte Biesen auf den Schultern, Druckknöpfe aus
    Perlmutt und einen gestickten Stierschädel auf der Tasche. «Mann, Annie, das ist ja toll. Wo hast du bloß ein Cowboyhemd aus Lycra
    gefunden?»
    «Ich kann dir sagen, Phoenix ist das reine Einkaufsparadies,
    wenn man auf den Stadtcowboy-Look steht. Sie verpassen dir einen
    Kaktus, einen
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