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Der kleine Vampir (01)

Der kleine Vampir (01)

Titel: Der kleine Vampir (01)
Autoren: Angela Sommer-Bodenburg
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einmal ein König und eine Königin, die wünschten sich so sehr ein Kind. Aber sie kriegten keins. Da trug es sich zu, als die Königin einmal im Bade saß, dass ein Frosch aus dem Wasser ans Land kroch und zu ihr sprach: ‹Dein Wunsch wird erfüllt werden.› Und ehe ein Jahr vergangen war, gebar die Königin einen Jungen. Weil sie sich so freuten, feierten sie ein großes Fest, zu dem sie alle Verwandten, Freunde und Bekannten einluden, und auch die weisen Frauen, die sollten dem Jungen Glück bringen. Es waren nun aber dreizehn weise Frauen im Reich, und da sie nur zwölf goldene Teller hatten, musste eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest wurde mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Gaben: die eine mit Gesundheit, die andere mit Klugheit, die dritte mit Schönheit und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elf ihre Sprüche getan hatten, trat die dreizehnte herein, die nicht mit eingeladen worden war, und rief mit lauter Stimme: ‹Der Königssohn soll sich in seinem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen!› Da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte. Weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur mildern konnte, sagte sie: ‹Es soll kein Tod sein, nur ein hundertjähriger Schlaf.›»
    «Wie?», sagte Anton, dem die Geschichte bekannt vorkam. «Ein hundertjähriger Schlaf?»
    «Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück bewahrenwollte, ließ den Befehl ausgeben, dass alle Spindeln im ganzen Königreich verbrannt werden sollten. Es geschah, dass an dem Tage, wo der Königssohn gerade fünfzehn Jahre alt wurde, der König und die Königin nicht zu Hause waren. Da ging er überall herum und kam schließlich auch an einen alten Turm. Er stieg die enge Treppe hinauf und kam zu einer kleinen Tür. In dem Schloss steckte ein verrosteter Schlüssel, und als er ihn umdrehte, sprang die Tür auf, und da saß in einer kleinen Stube eine alte Frau mit einer Spindel und spann Flachs. ‹Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?›, fragte der Königssohn, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte er die Spindel angerührt, so ging der Zauberspruch in Erfüllung. Er stach sich in den Finger und fiel auf das Bett, das daneben stand, und lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloss. Der König und die Königin, die eben heimgekommen waren, fingen an einzuschlafen, und der ganze Hofstaat mit ihnen. Da schliefen auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hof, die Tauben auf dem Dach und die Fliegen an der Wand. Rings um das Schloss begann eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr höher wurde und endlich das ganze Schloss umzog, sodass nichts mehr davon zu sehen war.
    Es ging aber die Sage in dem Land von dem schönen schlafenden Jüngling, dass von Zeit zu Zeit Königstöchter kamen und durch die Hecke in das Schloss dringen wollten. Es gelang ihnen aber nicht, denn die Dornen hielten zusammen, als hätten sie Hände, und die Königstöchter blieben darin hängen und starben eines jämmerlichen Todes. Nach vielen, vielen Jahren kam wieder einmal eine Königstochter ins Land und hörte, wie ein alter Mann von der Dornenhecke erzählte, es sollte ein Schloss dahinter stehen, in welchem ein wunderschöner Königssohn schon seit hundert Jahren schlafe.
    Da sprach die Königstochter: ‹Ich fürchte mich nicht, ich willhinaus und den schönen Jüngling sehen.› Was der alte Mann aber nicht wissen konnte: Die Königstochter war in Wirklichkeit ein Vampir, und so konnte sie sich in eine Fledermaus verwandeln und über die Dornenhecke gelangen. Sie kam in den Schlosshof und sah die Pferde und Hunde liegen und schlafen. Und als sie ins Haus hineinkam, schliefen die Fliegen an der Wand. Da ging sie weiter und sah im Saal den ganzen Hofstaat liegen und schlafen. Endlich kam sie zu dem Turm und öffnete die Türe zu der kleinen Stube, in welcher der Königssohn schlief. Da lag er und war so schön, dass sie die Augen nicht abwenden konnte, und sie bückte sich und gab ihm einen Vampirkuss. Als sie ihn berührt hatte, schlug er die Augen auf und blickte sie freundlich an. Nicht lange darauf war aus dem Jüngling auch ein Vampir geworden und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende.»
    «Die Geschichte kenn ich», sagte Anton, «das war das Märchen von Dornröschen.»
    «Aber meine Fassung ist besser!», lachte Anna.
    «Du hast den Hofstaat
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