Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kleine Vampir (01)

Der kleine Vampir (01)

Titel: Der kleine Vampir (01)
Autoren: Angela Sommer-Bodenburg
Vom Netzwerk:
sprang auf den Schreibtisch und breitete die Arme aus. «Du denkst dir einfach, deine Arme wären Flügel! Und nun bewegst du sie wie Flügel, ganz ruhig und gleichmäßig. Auf, ab, auf, ab   …»
    Er hatte kaum die ersten Schwünge ausgeführt, als er auch schon zu schweben begann.
    «Und jetzt bist du dran!», rief er, nachdem er auf Antons Bett gelandet war.
    «I-ich?», stotterte Anton.
    «Na klar!»
    Mit wackligen Beinen kletterte Anton nun ebenfalls auf den Schreibtisch und streckte die Arme aus.
    «Und jetzt – fliegen!», kommandierte der Vampir.
    «Ich kann nicht!»
    «Natürlich kannst du!»
    «Nein!»
    «Doch! Du musst nur wollen!»
    «Nein!»
    «Doch!»
    «Na gut!» Plötzlich war es Anton egal, ob er mit dem Kopf auf den Boden knallte – wenn nur der Vampir einsah, dass Anton Recht hatte: Menschen konnten eben nicht fliegen! Also machte er einen weiten Satz in den Raum hinein – – – und flog! Die Luft trug ihn! Es war ein Gefühl wie beim Tauchen – nur viel, viel schöner!
    «Ich kann fliegen!», jubelte er.
    «Klar», knurrte der Vampir, «aber jetzt komm!» Er saß schon auf der Fensterbank und sah sich ungeduldig nach Anton um. «Wir haben noch viel vor heute Nacht!» Damit erhob er sich und flog in die Nacht hinaus. Anton, der plötzlich überhaupt keine Angst mehr hatte, folgte ihm.

Friedhofsgeflüster
    «Wohin fliegen wir?», fragte Anton unterwegs.
    «Zu mir», antwortete der Vampir, «die Bücher holen.» «Welche Bücher?»
    «Deine!»
    «Und wo – ich meine, wo sind sie?», fragte Anton. Der Vampir sah ihn von der Seite an und grinste. «Im Sarg natürlich, wo denn sonst?»
    «Ach so», sagte Anton und schluckte, «dann wollen wir sicher auf den Frie-Friedhof?»
    «Klar! Hast du Angst?»
    «Ich? Nein!»
    «Brauchst du auch nicht», sagte der Vampir freundlich, «meine Verwandten sind nämlich alle unterwegs.» Anton seufzte erleichtert.
    Vor ihnen tauchte jetzt die Friedhofsmauer auf. «Psst!», flüsterte der Vampir und fasste Anton am Ärmel. «Wir müssen vorsichtig sein.»
    «Warum?», fragte Anton, aber der Vampir gab keine Antwort. Er schien angestrengt zu lauschen.
    «Ist da jemand?», fragte Anton ängstlich.
    Sie mussten sich an einer ganz abgelegenen Stelle irgendwo auf der Rückseite des Friedhofs befinden. Anton konnte sich erinnern, dass im letzten Sommer die Friedhofsmauer weiß gestrichen worden war, aber hier sahen die Steine so grau wie eh und je aus, und dichtes Moos überwucherte sie.
    «Einer von deinen – Verwandten?», fragte Anton.
    Der Vampir schüttelte den Kopf. «Der Friedhofswärter auf seinem Rundgang», zischte er, «komm, wir landen!»
    Kaum hatten sie sich hinter der Mauer versteckt, als sie auch schon ein lautes Räuspern hörten.
    «Das ist er», flüsterte der Vampir. Er sah besorgt und ängstlich aus. «Weißt du», flüsterte er, «er sucht uns.»
    «Uns?», rief Anton erschrocken.
    «Psst! Uns Vampire natürlich!»
    «Und warum?»
    «Weil er uns nicht leiden kann. Was denkst du wohl, was er in seiner Tasche hat? Holzpflöcke und einen Hammer!»
    «Woher weißt du das?»
    «Woher ich das weiß?» Das Gesicht des Vampirs wurde noch bleicher. «Weil er meinem lieben Onkel Theodor einen Holzpfahl durchs Herz getrieben hat!»
    «Iiieh!», rief Anton.
    «Und das alles nur, weil mein Onkel Theodor unvorsichtigerweise kurz nach Sonnenuntergang auf seinem Sarg Quartett gespielt hat. Der Friedhofswärter brauchte sich nur die Stelle zu merken, an der sich das Grab befand, und am nächsten Tag, als es noch hell war   …» Er machte eine Pause und horchte wieder. Aber alles blieb still. «Und seitdem», fuhr er flüsternd fort, «lässt er uns nicht mehr in Ruhe.»
    «Könnt ihr nicht einfach   …», meinte Anton und klappte viel sagend mit den Zähnen.
    «Den doch nicht! Der isst von morgens bis abends Knoblauch!»
    «Brrr!», schüttelte sich Anton. «Knoblauch!»
    «Wenn ich dagegen an den alten Friedhofswärter denke!», schwärmte der Vampir. «Der glaubte nicht an uns, und ein lahmes Bein hatte er außerdem. Kein einziges Mal ist er in diese Ecke des Friedhofs gekommen, sodass wir schon fast vergessen hatten, dass es überhaupt Friedhofswärter gibt.» Verträumt sah er in den dunklen Himmel hinauf. «So ein guter Mensch!»
    «Und der neue», fragte Anton, «der glaubt an Vampire?»
    «Leider», antwortete der Vampir, «und nicht nur das: Er hatsich vorgenommen, den ersten vampirfreien Friedhof Europas zu haben!» Er machte jetzt ein so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher