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Der kleine Vampir (01)

Der kleine Vampir (01)

Titel: Der kleine Vampir (01)
Autoren: Angela Sommer-Bodenburg
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weißer aus, und seine Zähne klapperten, als hätte er Schüttelfrost.
    «Schnell, zu mir in den Sarg!», rief er. «Wenn dich Tante Dorothee hier findet, bist du verloren!» Anton war der Schreck dermaßen in die Glieder gefahren, dass er sich willenlos zum Sarg ziehen und hineinschieben ließ.
    «Und keinen Muckser!», schärfte ihm der Vampir noch ein, bevor er den Sargdeckel schloss. Dann war Anton allein. Pechschwarze Finsternis umgab ihn, und es roch so entsetzlich, dass ihm fast übel wurde. Aus der Gruft hörte er die Stimme des Vampirs: «Ich komm ja schon, Tante Dorothee», ein Sargdeckel knarrte, und dann brach ein ohrenbetäubendes Gezeter los.
    «So eine Gemeinheit!», kreischte eine schrille weibliche Stimme. «Lasst ihr mich hier im Sarg verhungern! Noch zehn Minuten, und ich wäre vor Entkräftung gestorben!»

    «Aber Tante Dorothee», sagte der Vampir, «warum hast du denn nicht selbst den Deckel geöffnet?»
    «Warum?», keifte sie. «Weil ich so erschöpft bin, dass ich kaum noch klopfen konnte. Außerdem war ich vor Hunger in Ohnmacht gefallen.»
    An dem nun folgenden Poltern erkannte Anton, dass sich die Tante aus dem Sarg erhob.
    «Ach, bin ich schwach», jammerte sie, «wenn ich doch etwas zu essen hätte! – Aber was ist denn das?», rief sie mit plötzlich ganz veränderter Stimme. «Ich rieche Menschenblut!»
    Anton blieb das Herz stehen. Wenn sie ihn hier fand!
    «Aber Tante», sagte der Vampir, «das ist doch völlig unmöglich. Du musst dich täuschen.»
    «Ich täusche mich nie», erklärte die Tante, «allerdings – es könnte ja auch von draußen kommen   …»
    «Vielleicht geht gerade ein Mann mit seinem Hund spazieren», meinte der Vampir. «Auf jeden Fall solltest du dich beeilen, bevor er weg ist!»
    «Du hast Recht!», rief die Tante aufgeregt. «Wenn ich mich nicht beeile, ist er weg!»
    Anton hörte, wie sie die Treppen hinaufstürmte und den Stein zur Seite schob. Dann war alles ruhig. Anton hielt den Atem an und lauschte. War Rüdiger mitgegangen? Aber jetzt kamen leichte Schritte die Treppen hinunter, und gleich darauf wurde der Sargdeckel hochgehoben.
    «Hallo», sagte der kleine Vampir und grinste.
    Anton hob den Kopf und fragte vorsichtig: «Ist sie weg?»
    «Klar», lachte der Vampir, «die sucht jetzt den Mann mit dem Hund.»
    Anton hatte sich auf den Sargrand gesetzt. Er fühlte sich todmüde.
    «Einen besonders unternehmungslustigen Eindruck machst du nicht», meinte der Vampir.
    «Ich will nach Hause», murmelte Anton.
    «Nach Hause?», rief der Vampir. «Aber die Nacht hat doch erst angefangen.»
    Anton schüttelte nur stumm den Kopf.
    «Na gut, wenn du nicht willst», brummte der Vampir, «dann können wir meinetwegen auch zurückfliegen. Aber vergiss deine Bücher nicht!»
     
    Kaum zehn Minuten später lag Anton in seinem Bett. Er sah noch einmal zum Fenster, das er hinter sich geschlossen hatte und in dem nun schwarz und fremd die Nacht stand. Dann schloss er die Augen und schlief.

Böses Erwachen
    Als Anton aufwachte, roch es in der Wohnung bereits nach Mittagessen. Er schnupperte: Nudelauflauf, im Ofen gebacken!
    Hatte er denn so lange geschlafen? Aber dann fiel ihm ein, dass er ja erst spät ins Bett gekommen war, und die Ereignisse der vergangenen Nacht zogen noch einmal wie in einem Film an ihm vorüber: der Flug durch die Nacht, der Besuch in der Gruft, das Klopfen, das Versteck im Sarg und schließlich der Rückflug, auf dem er wieder den schaurigen Umhang getragen hatte.
    Wo war der überhaupt? Gestern hatte er ihn zusammen mit seinen anderen Sachen über den Stuhl gelegt, doch da war er nicht mehr! Hatten ihn seine Eltern gefunden?
    Plötzlich war Anton hellwach: In der Küche lief die Waschmaschine! Er sprang aus dem Bett, zog sich an und sauste in die Küche. Sein Vater saß am Tisch und schälte Äpfel.
    «Morgen, Anton», sagte er freundlich.
    «Morgen», brummte Anton.
    «Immer noch müde?», grinste der Vater.
    «Nö», sagte Anton und schielte hinüber zur Waschmaschine. Die Trommel drehte sich, aber außer Schaum konnte er nicht viel erkennen.
    «Suchst du was?», fragte der Vater.
    «Nein, nein», sagte Anton leichthin. Er ging zum Kühlschrank und goss sich Milch ein. «Was wascht ihr denn da?», fragte er. Dabei guckte er angestrengt in sein Glas, um sich nicht zu verraten.
    «Warum fragst du?»
    «Weil – ich hätte auch noch schmutzige Wäsche.» Wenn der Vater die Maschine anhielt, könnte er feststellen, ob der Umhang drin war, und
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