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Der kleine Nadomir

Der kleine Nadomir

Titel: Der kleine Nadomir
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mussten sie eine Steilwand emporklettern. Die Kälte kroch durch ihre Kleider, und die Finger wurden steif. Aber sie schafften den Aufstieg und blieben ermattet vor der Höhle stehen.
    Sie hielten ihre Waffen bereit, doch auch hier ließen sich keine Alb-Krieger blicken.
    »Sollen wir hier übernachten?« fragte Tordo.
    »Nein«, antwortete der Kleine Nadomir. »Wir legen nur eine kurze Rast ein, dann gehen wir weiter.«
    Erleichtert setzte sich Sadagar nieder. Er sah sich nach Nadomir um, doch der Gnom war plötzlich verschwunden. Kurze Zeit später tauchte er breit grinsend aus der Höhle auf. »Weit und breit sind keine Alb-Krieger zu sehen«, sagte er zufrieden.
    *
    Der Tunnel führte schnurgerade in den Berg hinein. Die Wände waren grau und glatt. Von der Decke ging ein fahles Leuchten aus, das hell genug war, um den Gang zu erleuchten. Sie brauchten die mitgebrachten Fackeln nicht zu entzünden.
    Der Tunnel musste in jahrhundertelanger Arbeit vollendet worden sein. Die Luft war frisch und der Boden feucht. Dann versperrten ihnen Stufen den Weg, die nicht für normale Menschen ins Gestein gehauen waren. Sie waren etwa fünf Fuß hoch und glattpoliert.
    »Das schaffen wir nie«, flüsterte Sadagar.
    Die Stufen schienen in die Unendlichkeit zu führen.
    »Keine Angst, Adagar«, sagte Olinga. »Ich werde dir helfen.«
    Fast spielerisch leicht schwang sie sich hinauf und reichte Sadagar die rechte Hand, der sie ergriff und von ihr hochgezogen wurde. Auch der Kleine Nadomir und Duprel Selamy brauchten Hilfe. Die anderen kamen besser zurecht. Trotzdem war es ein mühsamer und ziemlich kräfteraubender Aufstieg.
    Nach fünfzig Stufen zeigten alle die ersten Ermüdungserscheinungen, und sie legten eine Rast ein.
    »Diese Stufen sind mir unheimlich«, flüsterte Sadagar. »Der ganze Schacht scheint kein Menschenwerk zu sein. Ihn müssen Riesen erbaut haben.«
    »Du irrst«, sagte Nadomir. »Es ist Menschenwerk. Viele Jahrhunderte arbeiteten Menschen daran.«
    Sadagar war davon nicht überzeugt, denn ihm kam es unwahrscheinlich vor, dass die Wilden mit ihren einfachen Werkzeugen eine so gewaltige Leistung vollbringen konnten.
    Sie stiegen höher. Die Stufen wirkten nun irgendwie unfertig. Sie waren nicht mehr glattpoliert. Und dann erreichten sie plötzlich eine riesige Höhle. Auch hier strömte mattes Licht von der wild zerfurchten Decke auf sie nieder. Sechs hohe Gänge waren zu sehen.
    Nadomir untersuchte den Boden, betrat die Gänge der Reihe nach und entschied sich dann für den linken. »Dies müsste der richtige Gang sein«, meinte er.
    Gelegentlich kamen sie an Nischen vorbei, in denen Menschenknochen und Totenschädel aufgestapelt waren. Der Boden war uneben, mit großen Steinen übersät und an einigen Stellen voller tiefer Löcher.
    Plötzlich schimmerte Tageslicht in den Schacht herein. Sie gingen schneller, verließen den Tunnel und blieben überrascht stehen. Vor ihnen lag ein endlos tiefer Abgrund. In die rechts liegende Felswand war ein schmaler Pfad gehauen, der auf ein dunkles Loch zuführte. Sadagar wurde schwindelig, als er in die schwarze Schlucht blickte.
    Ein Stein löste sich aus der Felswand, schlug auf dem Pfad auf und fiel in die Tiefe. Sein Aufschlag am Boden war nicht zu hören.
    Vorsichtig betraten sie den Pfad. Sadagar wagte nicht in die Tiefe zu blicken. Er drückte sich an die Felswand und hielt sich an vorstehenden Steinen fest. Als er etwa fünfzig Schritte getan hatte, lösten sich wieder ein paar Steine aus der Wand und rissen größere Brocken mit, die auf den Pfad stürzten.
    Einer der Heusen versuchte dem Steinschlag auszuweichen, stieß dabei an den vor ihm gehenden Guravo an, klammerte sich an ihm fest, und beide verloren das Gleichgewicht und wurden mit der Steinlawine in die Tiefe gerissen. Ihre Schreie hallten von den Wänden wider, wurden leiser und verstummten dann.
    Sadagars Knie schlotterten. Er wischte sich den Angstschweiß von der Stirn.
    »Weiter, geht weiter!« schrie der Kleine Nadomir.
    Alle waren bleich, als sie den Tunneleingang erreichten. Schaudernd warfen sie entsetzte Blicke in den Abgrund. Der Tod der beiden Jäger hatte sie erschüttert, und jeder dachte wohl, dass es auch ihn hätte erwischen können.
    Schweigend betraten sie den Gang. Auch hier glühte die Decke in geheimnisvollem Licht. Der Gang war hoch, aber ziemlich schmal.
    Der als erster gehende Aravo stieß einen Warnschrei aus. Ein riesiges, fledermausartiges Geschöpf schoss auf ihn zu und
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