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Der kleine Kiffer

Der kleine Kiffer

Titel: Der kleine Kiffer
Autoren: C. Koch , S. Dommaschke
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Straße herumliegenden Jutesack darunter hielt. Die Ausbeute war sicherlich ziemlich hoch. Ich schätze mal, es werden so zwei-, dreihundert Euro gewesen sein. Sofort gingen wir mit unserer Beute los in den nächsten Coffeeshop, um uns was zum Abheben zu besorgen. Wir bestellten also ein paar Gramm von vier oder fünf verschiedenen Sorten Gras und bekamen noch einen Gratisjoint dazu, bis es ans Bezahlen ging. Der Verkäufer (in jedem anderen Land würde der Typ Dealer heißen) sah unser Zahlungsmittel, zog gleich wieder alles an sich ran, was er uns eben noch so bereitwillig verkaufen wollte, und sagte: „Ihr spinnt wohl, mir hier euer Indianergeld andrehen zu wollen!“ Mit diesem Kommentar warf er uns hochkantig aus seiner Kaschemme. Enttäuscht zogen wir von dannen und überlegten uns, was wir nun mit der Knete anfangen sollten, die offensichtlich keiner haben wollte. So irrten wir noch einige Zeit durch die Straßen, bis wir vor einer Tankstelle standen. Dort versuchten wir unser Glück und gingen hinein. Der Tankwart sah sehr heruntergekommen aus und offensichtlich war der Laden auch nicht sonderlich gut besucht, denn der Typ sah ganz überrascht aus, Kunden zu sehen. Wir suchten uns ein paar Süßigkeiten aus und gingen an die Theke. Dort angekommen legten wir unseren Sack auf die Theke und der Tankwart bekam schon große Augen von dem ganzen Geklimper in dem Sack. Als er ihn allerdings öffnete wurde sein Blick wie der des Dealers. Fast schon verärgert fragte er: „Habt Ihr euer Sparschwein geplündert?“ „Nein!“, sagten wir fast unisono. Da wir aber anscheinend die ersten Kunden seit Tagen waren, machte er uns einen Vorschlag. „Ich tausche euch den ganzen Sack gegen hundert Euro ein.“ Wir überlegten kurz und sagten dann wild entschlossen: „Für hundertfünfzig können sie den Schotter behalten.“ Sein Blick wurde finster, er schaute sich um und öffnete seine Kasse, holte hundertzwanzig Euro heraus und bückte sich noch, um eine Schrotflinte hinter dem Tresen hervorzuholen. Er richtete die Knarre auf mich,
    dann sagte er: „Hier ist weit und breit kein Mensch und ihr zwei Freaks solltet lieber nehmen, was ich euch anbiete, bevor ihr hier mit gar nichts wieder geht!“
Schnell und entschlossen nahmen wir die Knete und die Süßigkeiten und machten uns sofort aus dem Staub. Wir liefen einfach nur vorwärts, bis wir schier zusammenbrachen vor Erschöpfung (wir mochten zweihundert Meter geschafft haben) und ließen uns dann auf einer am Straßenrand stehenden Bank nieder. Wir waren nun auf einem Platz angekommen, der ziemlich ramponiert aussah und vor einer halb eingestürzten Mauer stand er: „Der astrobreite Türke!“, schrie der kleine Kiffer. Er ging hin zu ihm und unterhielt sich ein paar Minuten mit ihm, dann kam er eiligst wieder zu mir zurück und wollte die Knete haben. Ich gab ihm einen Fünfziger und er ging gleich zurück zu der komisch gekleideten Figur. Mit einem breiten Grinsen und einer kleinen Plastiktüte in der Hand kam er zu mir zurück. „Endlich kann ich wieder nach Hause, und diesen komischen Planeten wieder verlassen“, sagte er in einem befreiten Ton.

    Obwohl mir der kleine Kiffer manchmal ganz schön auf den Sack ging, fing ich jetzt schon an ihn zu vermissen. Das Gras, das er gekauft hatte, roch sehr streng. Es brannte förmlich in der Nase, wenn man dran roch, das sprach wohl für die Qualität des Stoffes. Wir gingen in einen kleinen Park und setzten uns auf eine Bank. Das war der Platz, an dem ich den kleinen Kiffer das letzte Mal sah. Er wickelte das Kraut in ein riesiges Paper und begann an dem Teil zu ziehen. Er sagte noch zu mir: „Falls ich jetzt gleich abhebe, lass mich gehen, ich will einfach nur nach Hause, dieser Planet geht mir langsam aber sicher ganz gewaltig auf die Nüsse!“ Ich wollte auch mal an dem Teil ziehen aber als er drei kräftige Züge genommen hatte, fing er schon an schläfrig zu werden und den Joint krampfhaft festzuhalten. Ich traute meinen Augen nicht, als er Sekunden später tatsächlich abhob und langsam gen Himmel davonschwebte. Ich sah ihm lange nach, bis er zu einem winzigen Punkt am Himmel wurde und letztlich komplett verschwand.
    Ich wurde von Minute zu Minute trauriger und mein Herz wurde mir ganz schwer, da ich mich mittlerweile eigentlich an den kleinen Kiffer gewöhnt hatte und mich jetzt schon einsam fühlte. Ich blieb noch einige Zeit auf der Parkbank sitzen. In Gedanken spielte ich die ganze Begegnung noch einmal
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