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Der kleine Kiffer

Der kleine Kiffer

Titel: Der kleine Kiffer
Autoren: C. Koch , S. Dommaschke
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euch daher meine Überraschung vorstellen, als bei Sonnenuntergang eine raue, verrauchte Stimme mich weckte:
    „Kauf mir eine Bong!“
„Wie bitte?“
„Kauf mir eine Bong!“

    Wie vom Donner gerührt sprang ich auf die Füße, rieb mir die Augen und schaute genau hin. Da sah ich ein kleines, höchst ungewöhnliches Kerlchen, das mich mit schrägem Blick betrachtete. Hier das beste Porträt, das ich später von ihm zustande brachte.

    Aber das Bild ist bestimmt nicht so verplant wie das Modell. Ich kann nichts dafür, ich war im Alter von sechzehn Jahren von den Abstinenten aus meiner Künstlerlaufbahn geworfen worden und hatte nichts zu zeichnen als breite Hippies und solche, die kurz davor sind.
Ich schaute mir also die Erscheinung mit großen, staunenden Augen an. Vergesst nicht, dass ich nicht mehr viel Geld in der Tasche hatte. Auch schien mir das kleine verpeilte Männchen nicht nüchtern, auch nicht halb wahnsinnig vor Verlangen nach einem neuen Rausch. Es machte durchaus nicht den Eindruck eines mitten in Holland verirrten Aliens, Milliarden von Meilen fern seiner Heimat. Als ich endlich sprechen konnte, sagte ich zu ihm:
„Sehe ich aus wie die Wohlfahrt?“
Da wiederholte es mit ganz rauer Stimme, wie eine sehr ernsthafte Sache:
„Komm schon Alter, kauf mir eine Bong“
Wenn eine Nervensäge zu lästig ist, wagt man nicht zu widerstehen. Mir erschien es absurd, hier im zivilisierten Europa in einem heruntergekommmenen Coffeeshop, irgendwo in Holland, einem kleinen krassen Männchen eine Bong zu kaufen. Dennoch zog ich meine Geldbörse aus der Tasche. Dann aber erinnerte ich mich, dass ich eigentlich ja fast abgebrannt war und sagte missmutig zu dem Kleinwüchsigen, ich hätte kaum Geld für mich selbst. Er antwortete:
„Das macht nichts. Kauf mir eine Bong.“ Da ich nie eine Bong geraucht hatte, zeigte ich ihm eine von den zwei Zeichnungen, die ich immer noch bei mir trug, um wenigstens von der Erwartung ausgehen zu können, der Kleinwüchsige würde mich und meine Zeichnung verstehen.
    Es war die von dem total breiten Hippie. Und ich war höchst verblüfft, als ich das Männchen sagen hörte:
„Nein! Nein! Ich will keinen Schnorrer. Das ist sehr gefährlich für meine Vorräte und meinen Konsumplan, außerdem ist bei mir zu Hause sehr wenig Platz. Ich brauche eine Bong. Kauf mir eine Bong.“
Ich war so verblüfft über diese Antwort, wahrscheinlich hauptsächlich immer noch des Schimmelkaschmirs wegen, dass ich mit ihm in den nächsten Headshop ging, um dort in den Regalen nach etwas Passendem für ihn zu suchen, da er selbst zu klein war, um hochsehen zu können.
Der Minimensch schaute mir aufmerksam zu, und als ich die erste Bong aus dem Regal nahm, sagte er: „Nein, die ist aus Plastik.

    Such eine andere.“ Ich suchte. Mein Freund lächelte breit und voller Erwartungen:
„Du weißt schon, was ne Bong ist? Das ist ein Kawumm.

    Man kann kein Wasser einfüllen“, sagte er frech, als ich das nächste Teil aus einem Verkaufsständer nahm.
Ich suchte also weiter. Aber die nächste Bong wurde ebenso abgelehnt wie die vorigen:
„Die ist zu klein. Ich will eine Bong, die voll reinhaut.“

    Mir ging die Geduld aus, es war allerhöchste Eisenbahn, mal wieder etwas zu essen, da mein Magen zu diesem Zeitpunkt schon in den Kniekehlen zu hängen schien. So nahm ich einen Bongbausatz von einem Grabbeltisch und knurrte dazu: „Das ist die Kiste. Die Bong, die du haben willst, steckt da drinnen.“

    Und ich war höchst überrascht, als ich den Gesichtsausdruck meines kleinen Kritikers sah:
„Genau so hab ich mir das vorgestellt.
Meinst du, dass ich mit dieser viel Gras brauche?“
„Warum?“
„Weil bei mir zu Hause alles voll davon ist !“
„Du wirst schon genug vernichten können. Ich hab dir einen Glasbongbausatz geschenkt.“
Er neigte den Kopf über die Kiste, öffnete sie einen Spaltbreit und spickte hinein: „Damit werd ich breit werden, da bin ich mir sicher“, gab er stolz von sich.
So machte ich die Bekanntschaft des kleinen Kiffers.

III

    Ich brauchte damals lange Zeit, um zu verstehen, woher er kam und was er ist. Der kleine Kiffer, der sich ständig einen neuen Docht ansteckte, war ein sehr verschwiegenes Kerlchen, wahrscheinlich war er die meiste Zeit zu stoned zum Reden. Aus Bruchstücken seiner kargen Worte konnte ich mir aber nach und nach die Lösung seines Rätsels zusammenreimen.

    So sagte der kleine Kiffer, als er zum ersten Mal in mein Gesicht sah
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