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Der kleine Kiffer

Der kleine Kiffer

Titel: Der kleine Kiffer
Autoren: C. Koch , S. Dommaschke
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kleiner Kiffer, so nach und nach habe ich dein karges und gemütliches Leben verstanden. Lange Zeit hast du, um abzuspacen, nur die Farbenpracht der Sonnenuntergänge gehabt. Das erfuhr ich, nachdem ich mir auf dem Klo das Gesicht gewaschen hatte, als du mir sagtest:
„Ich steh auf Sonnenuntergänge. Lass uns einen Sonnenuntergang anschauen!“
„Da muss man doch noch warten!“
„Worauf denn warten?“
„Warten, bis die Sonne untergeht.“
Erst machte er ein erstauntes Gesicht. Dann musste er über sich selbst lachen. Schließlich sagte er:
„Ich bin so breit, dass ich ständig glaube, ich wäre noch zu Hause!“

    In der Tat. Wenn es in Amerika Mittag ist, geht bei den Franzosen, wie jeder weiß, die Sonne unter. Um dort einen Sonnenuntergang zu erleben, müsste man in einer Minute um den halben Erdball fliegen. Unglücklicherweise sind die Franzosen viel zu weit weg, um so schnell da hinzukommen. Auf deinem Miniplaneten ist das ganz anders, dort genügt es, den Sessel nur ein paar Schritte weiter zu schieben und schon kannst du die Dämmerung, sooft du willst, erleben.
„An einem Tag habe ich die Sonne fünfundvierzig Mal untergehen sehn!“
Und ein wenig später fügte er hinzu:
„Mann, war ich an dem Tag stoned, wenn man so richtig stoned ist, dann vergisst man alles beim Anblick eines Sonnenuntergangs.“
„An dem Tag warst du wohl ganz besonders verladen?“
Aber der kleine Kiffer bekam schon gar nichts mehr mit und schwieg.

VII

    Am sechsten Tag war es wieder die Bong, die ein Lebensgeheimnis des kleinen Kiffers zu enthüllen half. Er fragte mich unvermittelt, ohne Umschweife, als wäre es das Dringendste auf der Welt:
„Wenn mit dem Glasbongbausatz aber die Männlichen Dröhntannen nicht in die Birne fahren, was mach ich dann?“
„Dann tunest du die Bong so lange, bis sie breit macht.“
„Was, wenn ich schon alles verbaut hab, aus dem Bausatz?“
„Dann musst du mehr in den Kopf stopfen?“
„Was, wenn der schon schier überquillt?“
Ich wusste es nicht.

    Ich war gerade mit dem Versuch beschäftigt, meine Geheimzahl zu rekonstruieren. Langsam bekam ich Panik, da mir die Knete ausgegangen war und in mir schon wieder jede Menge Bedürfnisse aufkamen, essen, kiffen, saufen usw., ich musste mit dem Schlimmsten rechnen und der Kleine löcherte mich hier mit so belanglosen Fragen. Zu alledem trank er mir in dem Augenblick auch noch meinen letzten Schluck Coke weg.
„Was, wenn der schon schier überquillt?“
r wollte immer auf jede Frage eine Antwort und nervte dann auch so lange, bis man sich seiner angenommen hatte.
Ich musste mich unbedingt an die blöde Geheimzahl erinnern und antwortete, um Ruhe zu haben:
„Dann wirst du eben mal nüchtern!“
„Oh.“
Er schwieg. Aber dann warf er mir in einer Art Verärgerung zu:
„Das geht doch nicht, ich kann nicht nüchtern werden. Ich war schon seit Immer breit! Mein Name muss rein bleiben.“
Ich antwortete nichts und sagte mir im selben Moment:
Wenn mir diese scheiß Geheimzahl nicht gleich einfällt, dann räum ich die nächste Bank aus.
Der kleine Kiffer störte meine Überlegungen schon wieder und ging mir auf den Sack.
„Und du glaubst wirklich, dass …“
„Ach Quatsch! Ich habe nur irgendetwas dahergelabert, wie du vielleicht unschwer erkennen kannst, muss ich mich an was Wichtiges erinnern, weil ich hier nicht verrecken will!“
Er schaute mich verplant an.
„Etwas Wichtigeres?“
Er sah mich an, wie ich dasaß, über einem Stück Plastik und dem leeren Colaglas brütend.
„Du laberst ja wie die Abstinenten!“
Das beschämte mich sehr. Er aber fügte verpeilt hinzu: „Du verwechselt alles, und dabei bist du noch nicht mal high, du tust mir leid!“
Er war wirklich sehr aufgebraucht. Er schüttete den Inhalt seiner Hand in den Ventilator, in der er die ganzen Stummel gesammelt hatte, und begann wieder, mich beim Nachdenken zu stören.
„Ich kenne einen Planeten, auf dem ein Abstinenter haust. Er hat nie den Duft einer vollreifen Space-Skunk Blüte gerochen. Er hat nie breit in den Himmel geschaut und ist beim Anblick der Sterne ins Träumen gekommen. Er hat nie gekifft. Er hat sein ganzes Leben mit Arbeiten verschwendet und den ganzen Tag wiederholte er wie du mit hochgezogener Nase: Ich bin ein ernstzunehmender Mann und ich will auch so behandelt werden. Und das macht ihn ganz geschwollen vor Hochmut. Der kennt das Leben nicht und wird es nie kennenlernen. Das ist kein Mensch, das ist ein
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