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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens
Autoren: Jojo Moyes
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Byron. »Verschwinde von hier. Sofort.«
    »Verschwinden? Wie kommst du darauf, dass du mir was befehlen kannst?«
    »Du bist ein Arschloch, Matt.« Byron konnte fühlen, wie die alte Wut in ihm hochstieg, ein Gefühl, das er längst besiegt geglaubt hatte. »Du schreckst nicht mal davor zurück, ein junges Mädchen einzuschüchtern, bloß weil du unbedingt dieses Haus willst. Aber damit ist’s vorbei, Matt. Lass dir das gesagt sein.«
    Matt hatte, während Byron sprach, den Kopf abgewandt und starrte durch das Loch auf die Badewanne, die mittlerweile voll war. Das Wasser rann über den Rand und auf den Boden. Er machte den Eindruck, als ob er überhaupt nicht zugehört hätte.
    »Raus«, zischte Byron und spannte seine Muskeln an. »Zum allerletzten Mal, oder …«
    Matt drehte sich um und schaute ihn an. »Oder was? Willst du mich etwa zwingen? Nur ein einziges Wort, Byron.« Er lachte, als ob dies ein guter Witz wäre. » Bewährung . Sagt dir das was?«
    Das Pochen in Byrons Ohren wurde unerträglich. Er sah Matts spöttisches Grinsen, den leeren Ausdruck in seinen Augen, und plötzlich wurde ihm klar, dass er sich einen Dreck um die Folgen scherte. Er wollte diesen Mistkerl aufhalten. Er wollte ihm ein für alle Mal zeigen, dass man andere Menschen nicht ungestraft einschüchtern und hintergehen kann. Und Isabel – wie dieser Mensch sie ausgenutzt hatte. Er hob die Faust, holte aus …
    Und sein Atem stockte, denn in diesem Moment ertönte ein schreckliches Ächzen, ein reißendes, kreischendes Geräusch, und der Boden des Badezimmers begann sich langsam abzusenken.

     
    Byron, dachte Isabel, nahm ihre Geige zur Hand und überlegte, was sie spielen wollte. Irgendwas Fröhliches zur Ablenkung. Jetzt würde alles gut werden. Weil er da war. Byron würde dafür sorgen, dass nichts passierte …
    Ein ohrenzerfetzendes, reißendes Geräusch ertönte. Isabel ließ ihr Instrument fallen und wirbelte herum.
     
    Das Geräusch zerriss die Stille wie ein Gewehrschuss. Ein schreckliches, angsterregendes, unheilverkündendes Geräusch; es saugte gleichsam die Luft aus der Atmosphäre, schuf ein Vakuum. Ein tiefes Grollen und Ächzen, ein lautes, schussartiges Krachen, untermalt vom Zersplittern von Glas.
    Das Spanische Haus begann langsam in sich zusammenzufallen, als hätte sich im Erdboden zwischen den beiden Gebäudeflügeln ein Loch aufgetan. Die Erde bebte, die Enten flogen erschrocken quakend aus dem Schilf auf. Langsam neigten sich beide Seiten nach innen.
    Isabel, Kitty und ihre Gäste starrten schockiert auf das Schauspiel. Das Keuchen war ihnen im Hals stecken geblieben. Als das Haus zusammengesunken war, stieg eine mächtige Staubwolke auf, einem Atompilz ähnlich, und füllte die Lücke dort, wo zuvor ein Gebäude gestanden hatte.
    Und dann verzog sich der Staub, und sie starrten das an, was vom Haus übrig war: zwei abgerissene Enden, deren gesplitterte Balken wie gebrochene Knochen herausragten. Böden, Wände, alles ein einziger Schutthaufen. In der Mitte stieg ein dünner Wasserstrahl von einem gebrochenen Rohr auf wie ein makabrer Springbrunnen.
    Keiner sagte ein Wort. Geräusch und Zeit waren verschluckt worden. Isabel stieß ein geschocktes »Ah!« aus, die Hände vor den Mund geschlagen. Und plötzlich begann Kitty zu heulen, wie eine Sirene, ein verstörendes, durchdringendes Geräusch. Sie zitterte am ganzen Leib, die hervorquellenden Augen auf das gerichtet, was von ihrem Zuhause übrig geblieben
war. Sobald sie wieder einigermaßen sprechen konnte, presste sie hervor: »Wo ist Thierry?«
     
    Laura starrte durch die Windschutzscheibe. Sie konnte kaum fassen, was sie da sah. Unmöglich. Das konnte nicht passiert sein. Dort, wo noch vor wenigen Sekunden ein Haus gestanden hatte, war nichts mehr, nur noch ein Skelett, zwei Seiten, die wie Finger in die Höhe zeigten. Tapezierte Wände, entblößt. An einer hing noch, schief, ein Bild. Die Hälfte eines Schlafzimmers. Mit Postern an den Wänden.
    Hinter ihr, auf dem Rücksitz, winselte der alte Hund.
    Mit fahrigen Fingern riss sie am Türgriff, stieß die Beifahrertür auf und stolperte aus dem Auto. Teenager standen in Grüppchen beisammen, stocksteif, manche noch in Badetücher gewickelt. Isabel starrte aufs Haus, die Hand auf den Mund gepresst. Die Vettern eilten zu ihr. Henry hatte bereits sein Handy herausgeholt und brüllte hinein.
    Pottisworth, dachte sie abwesend. Es krachte erneut, Balken bogen sich, splitterten. Sie konnte ihn fast fühlen,
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