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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken
Autoren: Sarah Sundin
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ausstehen, aber Ihre Augen haben genau das Gegenteil gesagt.“
    Walt zuckte mit den Achseln. „Hätte die Dame gewusst, dass ich sie selbst essen wollte, hätte sie niemals eingewilligt.“
    „Vielleicht. Aber ich bin der Meinung, dass es für jedes Problem eine ehrliche Lösung gibt.“
    „Nicht immer.“ Walt schälte die Orange. Dieses Mal stieg kein Duftnebel auf.
    „Oh. Ich dachte, Sie wären ein ... Ach, schon gut.“ Verlegen spielte sie mit dem Apfel auf ihrem Schoß.
    Er sah sie an. Sie dachte, er wäre ein Mann von Integrität. Und ein Mann von Integrität flunkerte wohl nie, nicht einmal, wenn es um eine gute Sache ging? Unsinn. „Ich halte mein Wort. Aber ... eine kleine Notlüge finde ich überhaupt nicht schlimm, solange die Motive stimmen. So bleiben die Dinge schön am Rollen – in gewisser Weise sind sie so etwas wie die Kugellager in der Maschinerie der Gesellschaft.“
    Sie wandte sich ruckartig ab und sah aus dem Fenster.
    Walt grinste, weil er aus dieser Argumetation als Sieger hervorgegangen war. Aber was hatte sie für ein Problem mit Kugellagern? Hatte ihr Daddy mit Kugellagern ein Vermögen beim Börsencrash verloren? Oder arbeitete ihre Familie bei der Konkurrenz und für sie war Kugellager genauso ein rotes Tuch wie Stanford für einen Kalifornier wie ihn? Oder hatte sie ihre wahre Liebe bei einem Unfall mit defekten Kugellagern verloren?
    Walt zog ein Stück von der Apfelsine ab und warf es sich in den Mund. Bitter. Fast so bitter wie sein Sieg. Herr, was ist mit mir los? Sie kauft mir eine Apfelsine und ich mache wieder alles kaputt.
    Die junge Frau biss von ihrem Apfel ab und betrachtete gedankenverloren die runden Hügel, die die Bucht von San Francisco umgaben. Rund um ihre Hutkrempe bauschte sich ihr lockiges Haar.
    Walt räusperte sich. „Ich schätze, Schweigen ist dann wohl die ehrliche Lösung für ein Problem.“
    Ihr Blick wanderte zu ihm zurück und er tauchte ein in das erfrischende Grün ihrer Augen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ja, das ist es. Ehrlich und effektiv.“
    „Sollte ich bei Gelegenheit auch mal ausprobieren.“
    „Sollten Sie. Wie ist die Apfelsine?“
    Walt verkniff sich eine Lüge, zuckte stattdessen demonstrativ mit den Achseln und schaute weg.
    Sie lachte. „Also nicht besonders gut?“
    „Etwas bitter. Und der Apfel?“
    „Trocken. Aber ich bin verwöhnt. Wir haben einen ganzen Garten voller Apfelbäume und Zitrusgewächse.“
    Walt wusste, dass er etwas an ihr mochte. Neben ihrem Interesse für Fliegergeschichten. „Meine Eltern haben auch Obstbäume. Mein Freund Frank behauptet immer, die Früchte fehlten mir mehr als die Familie.“
    „Und? Hat er recht?“
    „Ach was.“ Er schluckte das letzte Apfelsinenstück herunter. „Es ist einfach männlicher, sich über das Kantinenessen zu beschweren. Wer seine Familie vermisst, gilt als heimwehkrankes Muttersöhnchen.“
    „Ich verstehe.“
    Der Zug bremste ab und stieß einen langen, tiefen Pfiff aus. Walt seufzte. Zum ersten Mal führte er ein richtiges Gespräch mit einer ledigen Frau und nun würde er sie nie wiedersehen. Er knüllte seine Tüte mit den Apfelsinenschalen zusammen und stand auf. „Tja, in Tracy muss ich raus. Danke für die Apfelsine.“
    Die grünen Augen setzten sich aufrecht hin und spähten aus dem Fenster. „Tracy? Da muss ich auch aussteigen.“
    „Wirklich?“ Sie sah viel zu elegant aus für die Kuhdörfer in dieser Gegend. Er trat beiseite und folgte ihrer schlanken Silhouette den Gang hinunter. Nachdem sie ausgestiegen waren, sah sie sich erst auf dem Bahnsteig um und betrat dann eine Telefonzelle.
    Walt atmete die frische Luft im Central Valley tief ein, um den Zigarettenqualm aus den Lungen und die grünen Augen aus dem Kopf zu bekommen. Dann machte er sich auf den Weg in Richtung Schalter. Ihm fehlte noch das Ticket für Zug 53. Der Daylight fuhr zwar direkt durch seinen Heimatort, hielt dort aber nicht. Zu schade, dass er nicht einfach abspringen konnte.
    „Walter! Walter!“
    Erstaunt drehte er sich um. Als er seine Eltern entdeckte, machte er sich innerlich auf die Umarmung seiner Mutter gefasst. Auch wenn sie klein war, konnte sie ganz schön zupacken. „Hi, Mom. Was macht ihr denn hier?“
    Sie lachte. „Na, das ist ja eine Begrüßung nach über einem Jahr. Wir dachten, wir überraschen dich!“
    „Danke. Lieb von euch.“ Er schüttelte seinem Vater die Hand.
    „Na los, zeig mal dein Abzeichen“, sagte der daraufhin. „Sehr gut. Genau
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