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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kassierten hohen Provision war keine Rede mehr; schließlich ist jede Arbeit ihres Lohnes wert. Außerdem stand in jedem Vertrag kleingedruckt, aber ganz deutlich: Die Firma Finanzdiskret ist lediglich vermittelnd tätig und nicht haftbar für die vermittelten Objekte. Aber wen stört dieser Satz, wenn man gesagt bekommt, man könne dem Finanzamt 224 % Verlustzuweisung vorlegen.
    Dieser Beruf machte Eduard Hallinsky ehrliche Freude. Zu Hause in Dortmund besaß er im Villenviertel von Kirchhörde ein riesiges Haus mit Schwimmhalle und Gewächshäusern, fuhr einen Zwölfzylinder-Jaguar, beschäftigte sechs Sekretärinnen, von denen vier seine Geliebten waren, war trotz seines Rufes ein gern gesehenes Mitglied des Golfclubs wegen seiner generösen Spenden und unterstützte einen Rennstall für Fahrradrennen. Die 6-Tage-Rennen in der Dortmunder Westfalenhalle erlebte er immer im Innenrund bei den Mannschaften. Ja, und eine Frau und zwei Kinder hatte er auch. Das muß man so am Rand erwähnen, weil sie nie auffielen. Sie gehörten zur Möblierung.
    Einmal im Jahr aber erholte sich Eduard Hallinsky von Arbeit und Verpflichtung, vor allem aber von seinen vier favorisierten Sekretärinnen: Er machte eine Seereise, um aufzutanken.
    Und das tat er auch. Tapfer widerstand er dem Angebot alleinreisender Damen an Bord, gehörte zu der Clique Männer, die auf dem Schiff überall dort anzutreffen waren, wo gerade ein Bier gezapft wurde, faulenzte ansonsten in den Tag hinein und stürmte bei den Landausflügen die Lokale, in denen es Bier gab. »Was interessieren mich die Tempel von Simsalabim?« sagte er, wenn man ihn darauf ansprach. »Ob ich die gesehen habe oder nicht, die fallen doch nicht zusammen. Und als Anlage verkaufen kann ich sie auch nicht. Aber ich weiß, wie in Hawaii oder Hongkong das Bier schmeckt! Das ist echtes geistiges Kapital.«
    An Bord war Eduard Hallinsky deshalb bei allen Stewards beliebt. Er war nicht laut, gab immer ein gutes Trinkgeld, und da er selbst viel trank, läpperte sich pro Fahrt ein ganz schöner Betrag zusammen. Er war mit allem zufrieden, was man ihm auf dem Schiff bot. Nur über eins konnte man mit ihm nicht reden, ohne Streit zu bekommen: Für ihn war das Dortmunder Bier das beste der Welt.
    »Haben Sie Vergleiche?!« brüllte er einmal an der Bartheke, als ein Dickkopf ihm immer wieder widersprach. »Was kennen Sie denn für Biere? Zehn verschiedene? Erbärmlich. Wissen Sie, wie das Bier von Tonga schmeckt? Oder von den Cook-Inseln? Oder in Kota Kinabalu? Aber ich! Das Dortmunder Bier ist einsame Spitze! Hätte es im alten Rom schon Dortmunder Bier gegeben, würde Agrippina in Bier und nicht in Eselsmilch gebadet haben.«
    »Das war Poppaea«, sagte der sture Gegner selbstgefällig.
    »Wer?« schrie Hallinsky zurück.
    »Poppaea Sabina, die zweite Frau des Kaisers Nero, gestorben 65 nach Christi.«
    »Weil sie kein Dortmunder Bier getrunken hat!«
    Es war unmöglich, mit Eduard Hallinsky über Dortmunder Bier zu streiten. Trotzdem trank er tapfer das an Bord ausgeschenkte Bier einer Hamburger Brauerei, wenn auch mit dem Kommentar: »In der Not frißt der Teufel Fliegen.«
    Eine andere Sache war es, daß Hallinsky auch auf seinen Schiffsreisen seinen Aktenkoffer aus grauem Krokodilleder mitnahm, gefüllt mit den herrlichsten Anlageangeboten, gedruckt auf glänzendem Luxuspapier, in Kunstdruck natürlich, mit faszinierenden Berechnungen von Steuerersparnissen, Grundrissen, Architektenentwürfen, Expertisen von Wirtschaftsprüfern und Vorwegzusagen von Großbanken. Damit beeindruckte er jeden, den er für wert erachtete, ein Hallinsky-Kunde zu werden.
    Am Ende solch einer vierwöchigen Seereise nahm Hallinsky so viel Verträge mit nach Dortmund, daß seine Provision zehn Reisen rund um die Welt abdecken konnte. Er nannte das einen ›nützlichen Nebeneffekt‹, der nur den großen Fehler hatte, daß er ab und zu auf seinen Seereisen alte Kunden wiedertraf, die ihn dann entweder schnitten, als sei er Luft, oder ihn mit Vorwürfen überhäuften. Einen dankbaren Vermögensanleger hatte Hallinsky nur sehr selten aufzuweisen. Stellen wir fest: Anlageberater zu sein, ist ein hartes Geschäft. Ein bitteres Brot, wenn auch ein gut beschmiertes.
    An diesem Tage nun, an dem ein Unbekannter der Baronin von Sahlfelden so übel mitspielte, lag Eduard Hallinsky genau auf der anderen Seite des Sonnendecks auch in einem Liegestuhl, neben sich ein Tischchen, auf dem in einem gläsernen Halbliterkrug das Bier
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