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Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin

Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin

Titel: Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin
Autoren: Unbekannt
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zu. »Ferrand de Paris?«, erkundigte er sich.
    »Der sitzt dort drüben, Sir«, bekam er als Antwort.
    Ariana entdeckte den beleibten französischen Kaufmann, dessen Gesicht im matten Kerzenschein glänzte, an einem Ecktisch. Ferrand war in ein Gespräch mit einem anderen Mann vertieft, der ihm auf einer Bank gegenübersaß: ein breitschultriger Hüne mit wirrem, schulterlangem Haar, das sich vor dem hellen Grau seiner wollenen Tunika so dunkel und glänzend ausnahm wie edelster Zobelpelz.
    Der Mann saß mit dem Rücken zu Ariana. Obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, ließ seine stolze Körperhaltung darauf schließen, dass er eine bedeutende Persönlichkeit war. Kein gewöhnlicher Ritter, denn seine hohen Lederstiefel wiesen keine Sporen auf, und der Knauf des Schwerts, das er an der Seite trug, glänzte milchig weiß von Perlmutt. Ariana hielt ihn für einen Edelmann, der mit dem Kaufmann womöglich um erlesene Waren aus fernen Landen feilschte – vielleicht stritt er sich auch mit ihm, mutmaßte sie dann, als die tiefe, grollende Stimme des Fremden lauter wurde, während sie und James sich dem Ecktisch näherten.
    »Ich warne Euch, Ferrand, beleidigt mich nicht! Die Sachlage ist klar. Ihr habt mich angeheuert, um die Seidenstoffe zu liefern, und das habe ich getan. Vor über einem Monat. Jetzt will ich das, was mir zusteht, ansonsten werde ich es mir eigenhändig aus Eurer lausigen Haut herausschneiden.«
    Der Fremde sprach das normannische Französisch der englischen Oberschicht und drückte sich gewählt aus, auch wenn seiner Drohung eine gewisse Schärfe innewohnte. Monsieur Ferrand begriff offenbar, in welche Gefahr er sich begeben hatte, denn seine Mundwinkel zuckten, und der Krug, den er soeben noch an die Lippen geführt hatte, zitterte in seiner Hand. Ohne einen Schluck genommen zu haben, setzte er ihn wieder ab.
    »Lasst uns das Problem wie Edelmänner regeln«, sagte er beschwichtigend, doch die Worte entlockten seinem Gegenüber nur ein unwirsches Schnauben. »Kommt morgen früh zu den Docks, dann werde ich Euch gern Euren Anteil an dem Handel auszahlen.«
    Plötzlich erhob sich der Mann in der grauen Tunika, wobei er die Tischplatte mit seinen großen Händen umschloss und dem Tisch einen kraftvollen Stoß versetzte. Der verdutzte Kaufmann wurde auf Höhe seines Oberkörpers von der Tischkante in die Ecke gezwängt. »Ihr werdet mich noch heute Abend bezahlen, Ferrand. Ich habe Euer Hinhalten satt.«
    Schon als sie den Fremden vom Eingang der Schankstube aus beobachtete, hatte Ariana ihn für hochgewachsen gehalten, doch als sie nun wenige Schritte von ihm entfernt stand, verfiel sie angesichts seiner beeindruckenden Größe in ehrfürchtiges Staunen. Er nahm seinen Mantel von der Bank, wandte sich mit einem knurrenden Laut schwungvoll von Monsieur Ferrand ab und stand nun Ariana und James direkt gegenüber. Um ein Haar hätte er Ariana berührt. James wich keinen Deut zurück und räusperte sich, ganz so, als wolle er dem Mann eine Entschuldigung abnötigen. Doch nichts geschah.
    Schweigend blieb der dunkelhaarige Fremde vor Ariana stehen, eine ungemein kraftvolle, bedrohliche Erscheinung, die von Zorn beherrscht zu werden schien. Mochten seine beachtliche Größe und verdrießliche Laune Ariana bereits in Unruhe versetzt haben, so war dies nichts im Vergleich zu dem Schrecken, der sie durchzuckte, als sie in das Gesicht des Fremden sah. Seine verhärteten Züge waren abweisend und strahlten eine Entschlossenheit aus, die durch die schreckliche Narbe, die quer über seine linke Wange verlief, noch verstärkt wurde. Die lange, silbern verwachsene Haut schien von einer alten Wunde herzurühren, die ihn einst von der Schläfe bis zum Kinn entstellt haben musste. Es war kein sauberer Schnitt, und er hätte ihn gewiss das Leben gekostet, wäre die Klinge bis zu seinem Hals hinuntergefahren.
    Unwillkürlich hatte Ariana sich mit einer Hand an den Hals gefasst, als sie dem Mann in das zornige Gesicht schaute. Bei seinem Anblick war ihr ein Keuchen entwichen, aber der Fremde schien von ihrer Reaktion unbeeindruckt. Tatsächlich vermittelten ihr die höhnisch hochgezogene Oberlippe und der Blick, den er ihr unter dichten schwarzen Brauen aus leicht verengten grauen Augen zuwarf, eher den Eindruck, als würde ihn ihre Furcht erheitern. Für einen Edelmann musterte er sie einen Moment zu lang. Sein Blick glitt über ihre Gestalt, angefangen bei ihrem kleinen Reisehut bis hinab zu den modischen, spitz
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