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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes
Autoren: Suzanne McLeod
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Menschen, keine Sidhe. Die beiden mochten vielleicht in einer Welt der Magie leben, ja manchmal sogar einen Blick darauf erhaschen, aber sie konnten nicht selbst zaubern wie ihre Mütter. Sie mussten sich jeden Zauber kaufen, wie alle anderen auch, und Zaubersprüche, die ihr Geld wert waren, waren nicht billig, wie ich nur zu gut wusste.
    Ich lachte ein kurzes, freudloses Lachen. Ich mochte ja eine Sidhe sein, ein magisches Wesen, aber ich konnte genauso wenig zaubern wie die beiden fetten Truthennen. Ich konnte Magie zwar sehen , sie zu mir rufen , knacken oder gar absorbieren , aber das war auch schon alles. Selbst zaubern konnte ich nicht – einer dieser Streiche, die einem die kapriziöse Magie spielt. Immerhin war dieses Problem eins meiner ältesten – im Gegensatz zu anderen, die im Moment viel weiter oben auf meiner Liste standen. Zum Beispiel, was die geisterhafte kleine Cosette von mir wollte.
    Nachdenklich joggte ich zu meiner Wohnung zurück. Wo, zum Teufel, sollte ich einen Nekro aufstöbern? Außer vielleicht buchstäblich in der Hölle?
     
    Fünf Minuten später war ich zu Hause und im Trockenen. Oder besser gesagt, in der trockenen Eingangshalle meines Wohnhauses. Ich musste noch fünf Stockwerke erklimmen, bevor ich zu meiner Mansardenwohnung gelangte. Ich legte meine Handfläche auf die Haustür, und der Schutzzauber glühte kobaltblau auf, bevor er, sich aktivierend, mit der Tür verschmolz. Ich nahm meine Hand weg und atmete den vertrauten
Geruch nach Bohnerwachs ein, leider vermischt mit neueren und unangenehmeren Gerüchen nach Knoblauch und modriger, feuchter Erde.
    »Blöde Hexen«, brummte ich naserümpfend.
    Ich knipste das Licht an, aber wie üblich ohne Erfolg: Mr. Travers, der Hausmeister, hatte sämtliche Glühbirnen aus dem prächtigen Lüster, der in der hohen Eingangshalle des edwardianischen Hauses hing, herausgeschraubt. Er machte gerade eine scheue Phase durch.
    Meine Hexen-Nachbarinnen störte das nicht, die konnten sich jederzeit Licht zaubern. Aber obwohl ich orangefarbene Katzenaugen habe – ich bevorzuge es, sie bernsteinfarben zu nennen -, ist meine Nachtsicht nicht stärker als meine Zauberkraft, weshalb ich mich auf das trübe Licht verlassen musste, das durch das bogenförmige Sprossenfenster über der Haustür hereinfiel und die Schatten, die sich im Treppenhaus zusammenballten, nicht vertreiben konnte. Ich warf einen furchtsamen Blick nach oben und zuckte zusammen: Im ersten Stock stand eine schlanke schwarze Gestalt.
    Mit klopfendem Herzen spähte ich in die Düsternis, dann seufzte ich zitternd vor Erleichterung auf. Es war nur ein Reisigbesen, den eine der Hexen zur Abwehr aufgestellt hatte. Verdammte Hexen! Allmählich gingen sie mir wirklich auf die Nerven. Nicht nur, dass sie das Treppenhaus mit Knoblauch verpesteten, jetzt machten sie einem auch noch das Vorbeikommen schwer. Na wenigstens war’s kein Geist. Schaudernd holte ich das Handtuch hervor, das ich in einer Sporttasche unter der Treppe deponiert hatte, und rieb mir Gesicht und Haare trocken. Dann schlüpfte ich aus den nassen Joggingschuhen – Eligius, der Putzkobold, schätzte Wasserflecken auf seinen makellos blitzenden, schwarz-weißen Fliesen nicht – und streifte ein trockenes Sweatshirt über. Endlich wurde mir wärmer.

    »Genny«, brummte eine tiefe Bassstimme, die mich erschreckt zusammenfahren ließ. »Auf ein Wort?«
    Mit sinkendem Mut drehte ich mich zu unserem Hausmeister um, ein höfliches Lächeln auf mein Gesicht gepflastert. »Aber gerne, Mr Travers.« Solange dieses Wort nicht Rausschmiss lautet, fügte ich im Stillen hinzu und blickte zu dem fast zweieinhalb Meter großen Bergtroll auf.
    Er wirkte auf mich noch immer wie der unglaubliche Hulk, bloß dass der Film-Hulk grün war, wohingegen Mr. Travers’ Haut unterschiedliche Brauntöne aufwies. Er steckte in einem voluminösen karamellbraunen Sackkleid aus Samt, das ihm vom Hals bis zu den Fußknöcheln reichte. Seine klumpigen braunen Arme waren unbekleidet. Die hellbeigen Flecken waren seine natürliche Hautfarbe, die dunkelbraunen Stellen dagegen waren Erdklumpen. Mr. Travers liebte es, sich ein wenig beim Buddeln unter der Erde zu entspannen, und mochte es gar nicht, wenn man ihn störte, aber meine lieben Nachbarinnen schienen wenig Rücksicht darauf genommen zu haben.
    »Hexe Wilcox hat sich leider schon wieder beschwert«, brummte er. Auf seiner Stirn tauchten tiefe Risse auf.
    Hexe Wilcox wohnte im dritten Stock und war
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