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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes
Autoren: Suzanne McLeod
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hereingeschlurft, Männer, Frauen und Kinder; ein Junge mit einer flachen Mütze auf dem Kopf, der einen kleinen gescheckten Hund an der Leine führte; zwei dunkelhaarige, etwa sechsjährige Mädchen in angesengten Rüschenkleidern, die händchenhaltend hereinhüpften; ein Soldat in zerrissener und blutbesudelter Khakiuniform, der sein Gewehr als Krücke benutzte …alle, alle kamen sie.
    »Wo kommen die denn alle her?«, fragte ich fassungslos.
    »Toll, oder?«, flüsterte sie entzückt. »Deine Doktorfreundin hat dieses Osterei aufgemacht, und da sind sie alle rausgehüpft. Ich hab ihnen gesagt, sie sollen kommen und ein bisschen Wirbel machen.«
    Mein Blick fiel auf das Geistermesser, das neben Rosas Altar lag. Wenn ich es in die Finger bekommen könnte, ohne dass Cosette oder Joseph etwas bemerkten …
    »Okay, dann komm«, sagte ich, sprang auf und machte einen Satz auf das Messer zu.
    »Stopp.«
    Josephs Stimme vibrierte wie eine riesige Glocke in meiner Brust, und ich erstarrte wie schockgefroren. »Kehrt um und verschwindet.«
    Hilflos musste ich zuschauen, wie alle Geister, einschließlich der Motte, sich umdrehten und aus dem Raum schlurften.
    Josephs braune Augen hinter seinen dicken Brillengläsern blinzelten nervös. Er hielt eine Spritze in die Höhe und schob sich mit dem Handgelenk der anderen Hand die Brille hoch, während er den Davonschlurfenden nachschaute. Ich hätte
der Motte gerne nachgerufen, dass es ein guter Versuch gewesen war – sie hatte ja nicht wissen können, dass Joseph ein Nekro war, noch dazu ein so mächtiger -, aber ich konnte mich nicht rühren. Sein Befehl zu verschwinden hatte offenbar nicht mir gegolten.
    Er warf mir stirnrunzelnd einen Blick zu. »Ich weiß zwar nicht, wie du das gemacht hast, Genny, aber -« Er stockte und schaute sich um. »Hier ist noch jemand, stimmt’s?«
    Gebückt, die Hand nur noch Zentimeter von dem Messer entfernt, starrte ich ihn an. Er hatte mir eine Frage gestellt.
    Und ich stellte fest, dass ich sie nicht beantworten musste.
    »Sprich«, befahl er.
    »Freunde«, rutschte es mir heraus.
    »Die Polizei? Sprich!«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    Eine verschwommene schwarze Gestalt fiel von der Gewölbedecke herab und landete geduckt auf dem Altar. Joseph fuhr mit einem Schrei zurück. Dann stach er der Gestalt die Spritze in die Brust. Sie schüttelte sich fauchend, warf sich auf Joseph und stürzte mit ihm in die Maschinen, die funkensprühend umkippten. Es schepperte fürchterlich, dann sah ich die Gestalt auf Joseph sitzen. Sie senkte den Kopf und biss in seinen Hals. Joseph stieß einen gurgelnden Schrei aus, der jedoch abbrach, als eine mächtige Blutfontäne hervorschoss und sich über ihn und seinen Angreifer ergoss.
    War der Dämon zu früh gekommen?
    Ich packte das Messer und sprang auf die beiden zu. Die schwarze Gestalt hatte dunkelblonde Haare und kam mir irgendwie bekannt vor. Sie nagte sich gerade durch Josephs Hals. Knochen krachten, Fleisch und Sehnen rissen, und ein metallischer Blutgeruch hing in der Luft. Ich schüttelte mich, und die Schlangen erwachten zischend zum Leben.

    »Mein Daryl hat ihn!« Die Motte hüpfte an meine Seite, streckte jubelnd die Faust in die Luft. »Mein Daryl hat diesen verdammten Geisterfänger erwischt!«
    Darius hob den Kopf und grinste sie mit blutverschmiertem Mund an. »Dein Plan hat toll funktioniert, Shaz!« Er stemmte sich auf alle viere und erhob sich dann mit einer seltsam fließenden, nicht-menschlichen Bewegung.
    Er zog den Reißverschluss seines Ledermantels auf und schüttelte ihn ab. Darunter trug er nur seine Glitter-Calvin-Klein-Shorts, nicht mal Stiefel. Hatte der Mann denn gar nichts anderes zum Anziehen? Er schüttelte den Mantel aus, dass das Blut und die Fleischstückchen nur so herumflogen, dann zog er ihn wieder an und machte zufrieden den Reißverschluss zu.
    Er leckte sich die Lippen. »Waahnsinn!«, schwärmte er.
    Ich blickte nach unten.
    Da lag Joseph, die dicke Brille schief auf dem zerfleischten Gesicht. Seine Wirbelsäule schimmerte bleich durch seinen zerstörten Hals, und seine Glieder waren eigenartig verrenkt. Er war mir ein Rätsel. Ich hatte ihn anfangs ganz sympathisch gefunden, irgendwie naiv. Aber das Böse kommt nicht immer mit einer hässlichen Maske daher oder mit Reißzähnen. So einfach ist das Leben nicht.
    Und es stimmte, der Plan der Motte hatte tatsächlich funktioniert! Daryl hatte zwar eine ganz schöne Sauerei angerichtet, aber das Wichtigste war, dass
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