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Der Junge, der sich in Luft auflöste

Der Junge, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Junge, der sich in Luft auflöste
Autoren: Siobhan Dowd
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letztes Mal Besuch von Kriminalkommissarin Pearce. Dad und Mum saßen da und hörten zu, während Kat ihr alles erzählte, was wir uns überlegt und unternommen hatten. Zum Schluss hoben sich die Mundwinkel der Kommissarin.
    Sie sah mich an. »Ganz schön viel Nachdenkerei«, sagte sie.
    Sie sah Kat an. »Ganz schön viel Unternehmungsgeist«, sagte sie. »Ihr zwei habt die besten Voraussetzungen, um später einmal erstklassige polizeiliche Ermittler zu werden.«
    Â»Weiß nicht«, erwiderte Kat skeptisch. »Die Modebranche ist mir lieber.«
    Ich erklärte der Kommissarin, dass ich fürs Wetteramt arbeiten würde.
    Â»Ein Jammer«, seufzte sie. »Meine Kollegen finden, ich bin eine gute Kommissarin. Was man als Frau bei der Polizei auch sein muss. Aber ihr beide habt mir etwas beigebracht. Auf Kinder zu hören ist mehr wert als auf eine ganze Legion Erwachsener. Wenn ihr beide nicht gewesen wärt, säße Salim jetzt vielleicht immer noch in diesem Hochhaus in der Falle. Und inzwischen wären die Betonbrecher mit dem Gröbsten fertig. Nicht auszudenken …« Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben kreuz und quer alles abgesucht. Im Norden und im Süden. Und er war die ganze Zeit hier um die Ecke.«
    Dad meldete sich zu Wort. »Ich verstehe nur nicht, wie Salim sich dort einsperren konnte. Ich hatte einen Wachmann am Eingang postiert. Und ich habe jeden Korridor kontrolliert, einen nach dem anderen, um sicherzugehen, dass alles leer ist.«
    Einige Telefonate später wussten wir, was geschehen war. Salim erzählte, er hätte im Vorbeigehen gesehen, dass das Tor im Bretterzaun nur angelehnt war. Die Lücke hatte wie ein Magnet auf ihn gewirkt. Er dachte an die vierundzwanzig Stockwerke, an die Aussicht von dort oben, die es bald nicht mehr geben würde, an seine Einwegkamera. Nur ein paar Minuten, hatte er sich geschworen und war hineingeschlichen. Niemand war in der Nähe. Er fand den Haupteingang, dann die Tür zum Treppenhaus, und sprang die Treppen hinauf.
    In der Zwischenzeit hatte Dad kontrolliert, ob alle Wohnungen geräumt und die letzten Mieter fort waren. Seinen Wachmann Jacky Winter hatte er am Außenzaun postiert, während er über die Treppen hinaufstieg, bis zur obersten Etage.
    Â»Du hast mich angerufen, Faith, und mir erzählt, dass Salim verlorengegangen sei, als ich gerade oben im vierundzwanzigsten Stock war, in der verlassenen Wohnung. Ich weiß noch, wie ich rausrannte und die Tür offen stehen ließ. Das war nicht so schlimm, weil das Gebäude von unten ja sicher verschlossen sein würde. Damit es schneller ging, nahm ich den Aufzug runter in die Eingangshalle. Wahrscheinlich war Salim zu diesem Zeitpunkt gerade auf dem Weg nach oben. Ich schloss alle Türen in der Halle ab. Stellte Wasser und Strom ab. Dann ging ich raus und verriegelte den Haupteingang. Jacky stand dort, am Zauntor, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Wir brachten zusammen das Vorhängeschloss an … und fuhren weg.«
    Salim schwor, er hätte weit und breit keinen Wachmann gesehen.
    Jacky Winter wurde befragt und stritt zuerst ab, seinen Wachposten verlassen zu haben. Dann knickte er ein und gab alles zu. Er war schnell zum Kiosk rübergesaust und nur zwei Minuten fort gewesen. Er wollte so furchtbar gerne eine rauchen, und ihm waren die »Kippen ausgegangen«.
    Jacky wurde entlassen.

41
    Das Rad dreht sich weiter
    Zwei Tage später verabschiedeten wir uns auf dem Flughafen von Salim und Tante Gloria. Salim grinste und schüttelte mir kräftig die Hand, ehe sie durch die Passkontrolle gingen.
    Â»Gewinner«, sagte er. »Komm mal nach New York!«
    Mum und Tante Gloria umarmten sich auf die gewohnte peinliche Art und Weise.
    Dad wollte Tante Gloria auf die Wange küssen, verfehlte sie aber und küsste stattdessen die Luft.
    Tante Gloria umarmte erst Kat und dann mich mit ihrer innigen heftigen Drückerei. Als ich mich wegschlängeln wollte, packte sich mich am Handgelenk.
    Â»Hier, Ted«, sagte sie. »Das nimmst du an dich und schmeißt alles weg. Ich brauch’s nicht mehr.« Sie steckte mir ihren Zigarettenhalter und die Zigarettenschachtel zu und fächelte sich frische Luft ins Gesicht, als könnte sie den Gedanken an Zigarettenrauch nicht länger ertragen.
    Dann lächelte sie und ich vergaß nicht zurückzulächeln, und so wurde Tante Gloria zu Freund
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