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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm
Autoren: Ravensburger
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diesem Hebel, dreh an diesem Schalter und gieß Öl nach!“ Sein Blick fiel auf die Fische. „Was ist das denn?“
    Stan merkte, dass er immer noch den Eimer in der Hand hielt. „Das sind Goldfische“, sagte er. „Ich habe sie auf dem Jahrmarkt gewonnen. Den ganz kleinen da habe ich mit dem Geburtstagsgeld gewonnen, das ich von dir bekommen habe.“
    Ernie rümpfte die Nase. „Pah!“, sagte er. „Was für mickrige kleine Kerle!“
    „Aber guck doch mal!“, sagte Stan. Er hielt sie seinem Onkel unter die Nase, damit er die Herrlichkeit selbst erkennen konnte.
    Ernie kniff die Augen zusammen und steckte dann seinen Finger ins Wasser.

    „Goldfische!“, grunzte er schließlich. „Was soll ein Mann wie ich mit Goldfischen anfangen? Plattfische, das sind die einzigen Fische, die zählen. Plattfische und Heringe und Kabeljau und …“ Er tauchte die Hand noch ein bisschen tiefer in den Eimer und die Goldfische schwammen darum herum.
    „Siehst du?“, sagte Stan. „Sind sie nicht herrlich?“
    Ernie schaute nach unten und schwieg nachdenklich. Er fühlte die zarten Flossen und Schwänze der kleinen Fische, die seine Finger streiften.
    „Danke für die zehn Pfund“, sagte Stan. Und dann sagte er etwas, was er sein Leben lang bereuen würde. „Wenn du mir das Geld nicht gegeben hättest, wären die Fische …“
    „Was wären sie?“, fragte Ernie.
    „Sie wären gestorben. Da war ein Mann, der sie in Plastikbeuteln …“
    Ernies Augen bekamen einen verträumten Ausdruck, doch dann kam er wieder zu sich. „Genug davon!“, sagte er. „Wir erleben eine Zeit voller Prüfungen, Plagen und perfiden Plänen. Es gibt viel zu tun und wir dürfen nicht zaudern! Schaff mir diese nutzlosen Viecher aus den Augen und mach dich an die Arbeit! Und zwar SOFORT !“
    Stan rannte zu seinem Wandschrank und stellte die Fische ab. Dann rannte er zurück zu den Maschinen und krempelte die Ärmel hoch. Er war so glücklich wie seit Wochen nicht mehr. Er hatte einen viertel freien Tag gehabt, er war auf dem Jahrmarkt gewesen, und er hatte den schönsten Preis von allen gewonnen.
    „Okay. Was soll ich tun?“
    „Stell dich dorthin. So ist’s gut. Da drehen. So ist’s gut. Da draufdrücken. So ist’s gut. So muss man das machen! Schneller, Junge, schneller! Schneller! Sie werden uns nicht aufhalten. Oh nein, sie werden den Traum von Ernest Potts nicht zerstören!“
    „Wer denn, Onkel Ernie?“, fragte Stan, während er drehte und drückte und kurbelte und kabelte.
    „Kümmere dich nicht darum!“, sagte Ernie. „Lass das meine Sorge sein. Du konzentrierst dich bloß auf deine Arbeit, Junge. Schneller! Schneller! So ist’s gut! Fische Fische Fische Fische! Maschinen Maschinen Maschinen Maschinen! So muss man das machen! So wird das was!“
    Und sie arbeiteten zusammen und sie sangen zusammen.
    „Fische in Eimern, Fische in Töpfen.
    Ab mit den Flossen und Schwänzen und Köpfen!“
    Ihre Stimmen vermengten sich mit dem Getöse der Maschinen und ihre Bewegungen wurden eins mit den Bewegungen der Maschinen. An einem Ende quollen Fische hinein und am anderen quollen Dosen heraus. Und in ihrem Eifer vergaßen Stan und sein Onkel all ihre Sorgen. Nach einer Weile rief Ernie: „Macht’s dir Spaß, Junge? Amüsierst du dich auch recht gut?“
    Stan lachte und reckte den Daumen hoch. „Ja, Onkel Ernie! Ja!“, rief er.
    „Großartig!“, sagte Ernie. „Das ist Arbeit, mein Junge. Richtige, ordentliche Arbeit. Dein Papa wäre stolz auf dich. Das ist das wirklich Wichtige auf der Welt.“
    Und sie grölten vor Lachen und sie arbeiteten und sie sangen und sie waren erfüllt von einer ganz merkwürdigen Freude. Und sie veranstalteten einen derartigen Lärm, dass sie Annie nicht kommen hörten.

Sieben
    Annie hatte alles für eine richtige Feier eingekauft: Käsestangen, Würstchen, Limonade, Schokoladenmuffins, eine Packung Kerzen und einen Kuchen, auf dem mit Zuckerguss „Herzlichen Glückwunsch“ geschrieben stand. Sie zog ein paar Holzkisten zusammen und machte daraus einen Tisch. Sie drehte Eimer um und machte daraus Hocker. Sie nahm Fischkonserven-Etiketten und machte aus ihnen Servietten. Sie stellte die Leckereien auf den Tisch, es sah ganz herrlich aus. So eine Herrlichkeit hatte sie nicht mehr erlebt, seit die Sache mit den Fischdosen angefangen hatte. Sie lächelte zufrieden.
    Dann ging sie zu der riesigen Hauptschalttafel, griff nach dem großen Hebel, auf dem Hauptschalter stand, und zog daran. Die Maschinen
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