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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm
Autoren: Ravensburger
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baumelnden Fische.
    „Ich hab gesagt: ‚Was machst’n da?‘“
    Stan schüttelte den Kopf. „Ich schaue mir nur die Fische an“, flüsterte er.
    Der Mann war klein, hatte ein glänzendes, glattes Gesicht und schwarze Haare, die aus einem spitzen Ansatz oberhalb seiner Stirn wuchsen. Er trug einen goldenen Ohrring und hatte ein staubig rotes Seidenhemd mit Fettflecken an. Hinter ihm schaukelten schmutzige Plastikenten mit Haken am Kopf in einer grünen Plastikwanne in einem endlosen Kreis. Hinter den Enten stand ein heruntergekommener Wohnwagen. Aus dem schmutzigen Fenster des Wohnwagens starrte düster ein Mädchen. Es rieb mit der Fingerspitze über das Fensterglas, wischte ein Guckloch sauber und spähte hinaus zu Stan.
    „Nix bloß angucken!“, fuhr der Mann auf. „Du musst sie gewinnen, Jung!“
    Er deutete auf ein Schild:

    Stan betrachtete sein Geld. Er hatte nicht einmal mehr zwei Pfund, also nicht genug für einen einzigen Versuch.
    „Aber das ist grausam!“, protestierte er. „Sie haben kaum Wasser und sie …“
    Der Mann zuckte mit den Schultern. „Wenn du ihnen helfen willst, musste sie gewinnen“, sagte er. Er schaute an Stan vorbei auf den Jahrmarkt.
    Stan sah, dass der allerkleinste Goldfisch sich kaum noch rührte. „Aber sie sterben!“, sagte er.
    Der Mann warf einen Blick auf die Fische und sagte gleichmütig: „Wenn sie sterben, hol ich mir neue. So einfach isses.“
    „Aber ich könnte sie retten!“
    „Wie viel Geld haste?“, fragte der Mann.
    „Ein Pfund sechsundsechzig“, sagte Stan.
    Der Mann deutete auf das Schild: 1 x angeln = £2,–
    „Aber was nutzen sie Ihnen denn, wenn sie tot sind?“, flehte Stan. Er streckte die Hand mit seinem Geld aus. „Bitte, Mister. Bitte!“
    Der Mann zog die Nase hoch. Er blickte auf das Geld in Stans Hand.
    „Okay“, seufzte er. „Ich hab halt ’n weiches Herz. Aber du musst den nehmen, der am Krepieren is. Und nich schummeln!“
    Er nahm das Geld und gab Stan einen langen Stock mit einer Schlaufe aus Schnur und einem Haken daran. Stan schob den Stock auf die vorbeischwimmenden Enten zu, aber seine Hand zitterte zu sehr, und er konnte den Blick nicht von dem sterbenden Fisch in seinem winzigen Wasserbeutel abwenden.
    Der Mann schnalzte mit der Zunge. „Die Jugend von heute“, murmelte er. „Bringt euch denn keiner bei, wie man anständig angelt?“
    Und damit schob er Stans Haken über den Haken an einer Ente und Stan hob die Ente aus dem Wasser. Er packte den Beutel mit dem sterbenden Fisch. Aber er konnte die anderen nicht einfach zurücklassen.

    „Sie werden alle sterben!“, sagte er verzweifelt. „Wenn niemand kommt und sie gewinnt, dann …“
    Der Mann streckte die Hand aus.
    „Aber ich habe nichts mehr!“
    Der Mann betrachtete Stan. „Tja, dann könntste vielleicht für die Fische arbeiten“, sagte er.
    „Arbeiten?“, wiederholte Stan.
    „Ja“, sagte der Mann. Er nickte nachdenklich. „Das is ’ne gute Idee. Das heißt, wenn du weißt, was Arbeit is.“
    „Oh, das weiß ich!“, sagte Stan.
    „Oha! Das wär ja mal was Neues.“ Der Mann strich sich übers Kinn. „Du könntst vielleicht die Enten abschrubben.“ Er spuckte auf den Boden. „Guck sie dir bloß an! Die sin ziemlich dreckig.“
    „Okay“, sagte Stan rasch. Er krempelte die Ärmel hoch. „Was soll ich machen?“
    Der Mann deutete auf einen Plastikeimer. „Du holst dir das Putzzeug da drüben, nimmst dir die Seife und schrubbst. Nix leichter als das.“
    Stan machte sich sofort an die Arbeit. Er schrubbte die Enten wie verrückt ab. Immer wieder schaute er zu den Fischen. Sie drehten immer langsamer ihre Runden in den kleinen Plastikbeuteln.
    „So ist’s gut“, sagte der Mann. „Eigentlich sollte meine Tochter das machen, aber sie is sich zu fein dafür. Das da is sie, die im Wagen, das faule Stück.“
    Stan wagte einen schnellen Blick. Das bleiche Mädchen spähte durch sein Guckloch.
    „Nitascha heißt sie“, sagte der Mann. Er sah zu ihr hin und schüttelte den Kopf. Dann deutete er auf Stan, der immer schneller und schneller arbeitete, bis alle Enten blitzblank waren. Nitascha rümpfte die Nase und schaute weg.
    Der Mann hob die Enten eine nach der anderen aus dem Wasser und betrachtete sie prüfend.
    „Darf ich die Fische jetzt haben?“, bettelte Stan.
    Der Mann hielt eine kleine gelbe Ente hoch. „Da is noch’n Fleck“, sagte er.
    Stan schnappte sich die Ente, schrubbte und polierte sie und gab sie dem Mann
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