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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger
Autoren: Andreas Franz
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hier, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen. Meinen Sie, Sie sind dazu in der Lage?«
    Er nickte kaum merklich, setzte sich in einen der beiden Ledersessel,zündete sich eine Zigarette an. Seine Finger zitterten, seine Augen wanderten unruhig von Durant zu Hellmer. Die Wohnzimmertür ging mit einem leichten Knarren auf, ein kleines Mädchen stand da, den Blick neugierig auf die Kommissare gerichtet. Sie hatte lange rote Haare, grüne, aufgeweckte Augen, ihre Hände nestelten an dem Bändel des dunkelblauen Sweaters.
    »Nicht jetzt, Julia, geh zu deinem Bruder«, sagte Müller.
    »Es ist langweilig. Wann kommt Mutti wieder?«, fragte sie.
    »Weiß nicht«, antwortete Müller mit einem versuchten Lächeln, »irgendwann. Und jetzt geh.«
    Julia Durant fühlte sich unwohl. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie sich mit der Kleinen unterhalten, hätte ihr gesagt, dass sie auch Julia heißt. Aber nicht jetzt.
    »Wie alt sind Ihre Kinder?«, fragte sie.
    »Thomas ist sechs, Julia vier. Sie wissen noch nicht, dass ihre Mutter nie …« Er hatte doch noch Tränen, legte den Kopf in die Hände und schluchzte. Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, hob er den Kopf, schenkte sich einen weiteren Cognac ein und sah die Kommissare an. »Ich kann es selbst noch nicht begreifen. Was ist bloß passiert?«
    »Das möchten wir gerne herausfinden. Und dazu ist es notwendig, dass Sie uns ein paar Fragen beantworten. Sie haben Ihre Frau am Samstagvormittag als vermisst gemeldet.«
    »Ja, ich weiß auch nicht genau, was … Sie hat am Freitag so gegen sieben das Haus verlassen, um sich mit zwei Freundinnen zu treffen. Und sie wollte um elf wieder da sein. Aber das habe ich alles schon auf dem Revier erzählt.«
    »Erzählen Sie’s noch mal. Bitte. Sagen Sie uns einfach, wie sich der Nachmittag davor abgespielt hat.«
    Müller zuckte die Schultern und zündete sich an der fast abgebrannten Zigarette eine neue an. »Ich bin um kurz vor fünf von der Bank gekommen …«
    »Sie arbeiten bei einer Bank?«
    »Ja, in der Rechtsabteilung. Und freitags machen wir immer schon um Viertel vor vier die Schalter dicht. Na ja, ich bin nach Hause gekommen, sie war im Bad, um sich für den Abend zurechtzumachen. Mein Gott, sie hätte in genau einer Woche Geburtstag gehabt …«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Ich habe mich ins Wohnzimmer gesetzt und gewartet, bis sie fertig war. Wir haben uns noch ein paar Minuten unterhalten, bis sie um kurz vor sieben die Wohnung verlassen hat. Als sie um elf noch nicht zu Hause war, bin ich ins Bad, um zu duschen, und hab mich dann ins Bett gelegt. Beim Fernsehen bin ich wohl eingeschlafen. Und als ich am Samstagmorgen aufgewacht bin, lag sie nicht neben mir. Ihr Bett war unberührt. Da hatte ich schon so eine komische Ahnung. Ich habe gleich bei Renate und Inge angerufen, aber sie haben beide gesagt, dass Erika um halb elf nach Hause gefahren sei.«
    »Sie sagen, sie war mit dem Wagen unterwegs. Wo ist das Auto?«
    Müller zuckte resignierend die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht hat das verdammte Schwein sie deswegen umgebracht. Wir haben zwei Autos, einen Mercedes 190 und einen VW Lupo. Entgegen ihrer sonstigen Angewohnheit hat sie diesmal nicht den VW genommen, sondern den Mercedes. Aber das ist ja egal, das macht sie auch nicht wieder lebendig.«
    »Haben Sie der Polizei das mit dem Wagen gesagt?«
    »Glaub schon«, erwiderte er nachdenklich. »Doch, es müsste im Protokoll stehen.«
    »Wie ist das Kennzeichen?«, fragte Durant. Müller nannte es ihr, sie rief kurz im Präsidium an, bat Berger, eine Suchmeldung nach dem vermissten Mercedes rauszugeben.
    »Okay«, sagte sie, nachdem sie das Handy wieder in die Tasche gesteckt hatte. »Können Sie uns die genauen Namen und die Adressen der beiden Freundinnen Ihrer Frau geben?«
    »Augenblick, sie stehen in unserem Adressbuch.« Er erhob sich, schlurfte mit wankenden Schritten auf den Flur – Julia Durant verfolgte seine unsicheren Bewegungen nachdenklich – und kehrte wenige Sekunden später zurück. »Renate Schwab, Nieder Kirchweg 13, und Inge Sperling, Hostatostraße 29. Sie werden sie aber jetzt nicht antreffen, sie arbeiten beide, soweit ich weiß. Doch hier sind ihre Telefonnummern. Versuchen Sie’s einfach.«
    »Und wo arbeiten sie?«
    »Keine Ahnung, sie waren Freundinnen meiner Frau, ich hab sie nur ein paar Mal kurz gesehen.«
    »Und woher kannten sie sich?«
    Die Antwort kam zögernd, als würde er sich nicht trauen, es auszusprechen.
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