Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der italienische Nachbar (German Edition)

Der italienische Nachbar (German Edition)

Titel: Der italienische Nachbar (German Edition)
Autoren: Verena Rank
Vom Netzwerk:
Federica, Rico – und sogar Alessandros Mutter waren gekommen. Federica begrüßte mich mit einer Umarmung – als würden wir uns schon ewig kennen. Ich fühlte mich zunehmend wohler. Wir unterhielten uns angeregt, bis mein Blick auf die Mitte des Wohnzimmers fiel, wo einige Leute ausgelassen tanzten. Unter ihnen war Carina. Sie stand in der Mitte, damit sie au ch jeder sehen konnte und ließ ihre Hüften völlig übertrieben kreisen. Sie lächelte ihr künstliches Lächeln und winkte mich zu sich her.
    „Oh, oh“, rief mir Federica ins Ohr, „Vorsicht, Noah. Die blöde Zicke beißt .“
    Ich nickte und wollte mich von Carina abwenden, da kam sie schon auf mich zu und streckte ihre Hand nach mir aus.  „Komm, Engelchen, wir tanzen!“
    Ich warf Federica einen flehenden Blick zu, doch sie zuckte nur hilflos mit den Schultern. In der Raummitte legte Carina ihre Arme um meinen Nacken, ich griff unsicher nach ihren Hüften. Ihr e grünen Augen bohrten sich in m eine. „Und? Wie gefällt dir die Party?“, fragte sie mit einem eigenartigen Unterton, den ich nicht einordnen konnte. Dann brachte sie ihre Lippen ganz nah an mein Ohr und flüsterte: „Alessandro ist ein paar Nummern zu groß für dich. Hast du geglaubt, ich merke nicht, wie du ihn anstarrst? Er hat mir erzählt, dass du eine Schwuchtel bist. Lass die Finger von ihm, oder ich erzähl ihm und allen anderen hier, dass du scharf auf meinen Freund bist.“
    Sie wandte sich mit einer raschen Drehung ab und verließ die Tanzfläche mit wiegenden Hüften. Ich starrte ihr nach und kapierte erst nach einigen Schrecksekunden, was sie gesagt hatte. Mein Herz raste, während ich den Raum nach Alessandro absuchte. Ich konnte ihn nirgends ausfindig machen und verspürte ein wenig Erleicht erung. Zugleich stiegen Enttäuschung und unendliche Traurigkeit in mir auf. Ich fühlte mich völlig bloßgestellt.
    Warum hatte Alessandro Carina gesagt, dass ich schwul war? Lachten sie womöglich beide über mich? Bei dem Gedanken wurde mir schlecht. Meine Beine bewegten sich wie auf Watte und ich spürte den Boden unter meinen Füßen kaum, als ich wie paralysiert den Raum durchquerte und auf den Balkon hinaus trat. Ich war alleine und fühlte mich wie ein riesengroßer Volltrottel.
     
    Obwohl es eine laue Sommernacht war, fror ich plötzlich. Ich griff nach der Brüstung, lehnte mich dagegen und blickte hinunter. Eine Frau führte ihren Hund in der Dunkelheit spazieren, in der Ferne heulte eine Sirene. Sonst war die Straße wie ausgestorben. Was machte ich eigentlich hier? M it einem Mal fühlte ich mich fehl am Platz. Ich schütt elte seufzend den Kopf, wandte m ich rasch um und wollte flüchten , als ich geradewegs in Alessandro hineinrannte. Ale ssandro griff automatisch nach m einen Schultern und hielt mich fest.
    „Hoppala … hey Noah, ist alles in Ordnung?“ Sein Atem streifte meine Wange und bescherte mir wohlige Schauer. Für eine Sekunde war ich versucht, m einen Kopf auf Alessandros Schulter zu legen und die Arme um ihn zu schlingen. Alessandro roch so gut, nach After Shave und Shampoo. Er war mir in den letzten Tagen so vertraut geworden. Viel zu vertraut. Erst jetzt bemerkte ich, dass m eine Hände flach auf Alessandros Brust lagen. Sein Körper war hart und warm – ich konnte seinen Herzschlag unter meinen Handflächen spüren. Ich zog meine Hände rasch zurück und nickte heftig.
    „Ich … bin müde und geh ins Bett.“ Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, ich schaffte es einfach nicht. Mit gesenktem Blick riss ich m ich los und lief davon wie ein Feigling . „Vielen Dank für die Einladung, Alessandro. Gute Nacht.“
    „Aber … Noah! Warte doch mal!“
     
    Ich schlug die Wohnungstür hinter mir zu und ließ mich an ihr hinabsinken. M eine eigenen vier Wände gaben mir die Geborgenheit und den Abstand, den ich jetzt dringend brauchte. Irgendwann stand ich mit klapprigen Beinen auf und ging ins Bad. Ich musste mich dazu überwinden, noch zu duschen und mir die Zähne zu putzen. Am liebsten wäre ich mit meinen Klamotten ins Bett gegangen. Nichts mehr hören und sehen … einfach nur schlafen. Nach zwei Gläsern Rotwein und tausend Gedankengängen musste ich irgendwann doch eingeschlafen sein, denn die Türklingel riss mich aus dem Schlaf. Ich stolperte durch die dunkle Wohnung, mach te im Flur Licht und sah auf meine Armbanduhr. Drei Uhr Morgens – wer um Himmels Willen läutete um so eine Uhrzeit? Ich sah durch den Spion und keuchte auf.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher