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Der indiskrete Roboter

Der indiskrete Roboter

Titel: Der indiskrete Roboter
Autoren: Gerhard Branstner
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. . .« Der Ingenieur ließ Oskar los und massierte sich nachdenklich das Kinn. »Vielleicht ist es doch das kleinere Risiko, wenn wir die Unterlagen herausgeben.«
    Der Roboter nutzte die Nachdenklichkeit des Ingenieurs, stieß dem Assistenten den Ellenbogen in die Seite und stürzte sich wieder auf die Schubladen. Der Assistent kam ins Stolpern und schlug gegen das Schaltpult. Die Signallämpchen erloschen und ein schriller Signalton setzte ein. Der Assistent rappelte sich hoch, und der Ingenieur rief:
    »Jetzt reicht es!«
    Die beiden Weißkittel warfen sich wie auf Kommando auf den Roboter, doch Oskar schien jetzt auch die Geduld verloren zu haben. Er überwältigte die beiden nach einem kurzen Handgemenge, schleppte einen nach dem anderen in den angrenzenden Raum, schloß die aus Gitterstäben bestehende Tür ab und steckte den Schlüssel in die Hosentasche.

    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Oskar, »aber ich muß die rote Mappe haben, und da ihr ein Hindernis seid, mußte ich euch überwinden.«
    »Red keinen Blödsinn!« rief der Assistent, »du bist ein Roboter und darfst dich nicht an Menschen vergreifen. Das verlangen die Regeln.«
    »Ich bin ein Eigenbau und habe meine eigenen Regeln«, entgegnete Oskar. »Und gebrochen habe ich euch doch nichts.«
    Der Assistent gab jedoch noch nicht auf. »Du hast mich gegen das Schaltpult gestoßen, und dabei habe ich den Haupthebel der Energieemission heruntergedrückt.«
    »Und was hat das zur Folge?« fragte Oskar neugierig.
    »Die Stromversorgung des kosmischen Leuchtturms ist unterbrochen.«
    »Interessant«, meinte Oskar, »ich sehe mal nach.« Er trat zum Schaltpult. »Dieser hier?«
    »Ja.«
    Oskar fummelte an dem Hebel herum, gab es aber bald auf. »Er läßt sich nicht bewegen, scheint verbogen zu sein.«
    »Eine Katastrophe!« Der Ingenieur fuchtelte mit den Armen verzweifelt in der Luft herum. »Wir müssen ihm die Unterlagen geben! Die sind doch jetzt ohne Bedeutung, wo der Leuchtturm ohne Strom ist.«
    Der Assistent hatte indessen eine andere Idee. Während Oskar sich wieder über die Schubladen hermachte, schlich er zu der von dem Roboter nicht einsehbaren Seite des Raumes, wo sich das Haustelefon befand. Da die Anlage auf Separatenergie basierte, mußte sie noch funktionieren.
    »Willst du den Mechaniker rufen?« fragte der Ingenieur.
    Der Assistent nickte und legte den Finger auf den Mund.
    »Ich möchte wissen«, flüsterte der Ingenieur, »wo sich der Kerl die ganze Zeit herumtreibt. Er müßte doch den Spektakel bemerkt haben und längst hier sein.«
    »Er wird im Versuchsraum sein, da hört und sieht er nichts.« Der Assistent wählte die Nummer des Versuchsraums, und tatsächlich meldete sich der Mechaniker mit unbekümmerter Stimme. »Hör jetzt mal gut zu«, flüsterte der Assistent ins Telefon. »Wir sind in einer verrückten Situation. Stell keine Fragen. Du mußt uns helfen. Wir sitzen im Nebenraum der Schaltzentrale gefangen. Schleich dich durch Gang C zu uns heran. Im Schaltraum ist ein Roboter, er darf dich nicht sehen. Ach so: zieh dich aus, bring aber die Sachen mit.«
     
    »Auch das noch!« Boris sprang vom Fahrersitz des Jeeps, der plötzlich mitten auf der Chaussee stehengeblieben war, öffnete die Motorhaube, faßte da und dort an und rief: »Starte mal durch!«
    Fredy drehte den Zündschlüssel, aber außer einem kläglichen Kratzen war nichts zu hören. »Wir sollten lieber laufen«, meinte Fredy.
    »Da kommen wir mit Sicherheit zu spät«, entgegnete Boris. »Ich krieg’ die Karre schon hin, ruf inzwischen die Station an.

    Fredy griff sich das Funkgerät.
    Von der Station meldete sich Gustav. »Ich denke, ihr seid längst im Energieposten.«
    »Panne«, erklärte Fredy.
    »Auch das noch! Die Oberste Raumbehörde hat soeben Alarmstufe 3 ausgelöst. Der Leuchtturm ist ohne Energiezufuhr. Wahrscheinlich hat Oskar die Schaltzentrale demoliert.«
    »Das würde Oskar nie tun!«
    »Vielleicht hat er was abgekriegt und ist defekt«, gab Gustav zu bedenken. »Und ein defekter Roboter ist unberechenbar.«
    »Mach mir keine Angst«, sagte Fredy betroffen.
    »Ein bißchen Angst kann manchmal nicht schaden«, meinte Gustav.
    »Habt ihr noch immer keine Verbindung mit dem Energieposten?«
    »Wir bemühen uns«, sagte Gustav, »bisher leider vergeblich.«
    Boris kam unter der Motorhaube hervor. »Starte mal durch!«
     
    Der völlig entkleidete Mechaniker schlich, den zusammengerollten Overall unter dem Arm, Gang C entlang zur
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