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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Autoren: Lars Kepler
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gelingt, Lydia lange genug hinzuhalten, kann er sich von hinten anschleichen.
    »Lydia«, sagt Erik. »Schön, dich wiederzusehen.«
    Sie rührt sich nicht von der Stelle und sieht Erik und Simone wortlos an. Die Schere schimmert in ihrer Hand, baumelt lose herab. Das Licht der Lampe funkelt auf dem grauen Grund des Gangs.
    »Wir sind gekommen, um Benjamin abzuholen«, erklärt Erik ruhig.
    »Benjamin«, erwidert Lydia. »Wer ist das?«
    »Das ist mein Kind«, sagt Simone halb erstickt.
    Erik versucht, ihr mit einer Geste klarzumachen, dass sie still sein soll, und vielleicht sieht sie es, denn sie weicht einen kleinen Schritt zurück und bemüht sich, ruhiger zu atmen.
    »Ich habe hier keine anderen Kinder gesehen, nur mein eigenes«, sagt Lydia bedächtig.
    »Lydia, hör mir zu«, sagt Erik. »Wenn wir Benjamin bekommen, gehen wir wieder und vergessen das Ganze. Ich schwöre, dass ich nie, nie wieder jemanden hypnoti…«
    »Aber ich habe ihn nicht gesehen«, beharrt Lydia und wirft einen Blick auf die Schere. »Hier gibt es nur mich und meinen Kasper.«
    »Lass uns, lass uns ihm nur seine Medikamente geben«, bittet Erik und merkt, dass seine Stimme zittert.
    Lydia steht genau richtig, denkt er fieberhaft, sie kehrt dem Haus den Rücken zu, Joona braucht sich also bloß auf der Rückseite des Hauses anzuschleichen und sie von hinten zu übermannen.
    »Ich will, dass ihr jetzt geht«, sagt Lydia kurz.
    Erik meint einen Menschen zu sehen, der sich an den Fahrzeugreihen schräg hinter dem Haus vorbeibewegt. Sein Herz macht vor Erleichterung einen Satz. Plötzlich wird Lydias Blick wachsam. Sie hebt die Taschenlampe, leuchtet den Holzschuppen an und lässt den Lichtkegel über den Schnee schweifen.
    »Kasper braucht seine Medikamente«, sagt Erik.
    Lydia senkt die Lampe wieder. Ihre Stimme ist streng und kühl.
    »Ich bin seine Mutter, ich weiß, was er braucht«, sagt sie.
    »Da hast du Recht, das stimmt natürlich«, erwidert Erik schnell. »Aber wenn wir ihm nur kurz sein Medikament geben … dann kannst du ihn erziehen, ihn zurechtweisen, es ist doch Sonntag und …«
    Erik verstummt unfreiwillig, als er die Gestalt hinter dem Haus näher kommen sieht.
    »Die Sonntage«, fährt er fort, »die nutzt du doch immer, um …«
    Zwei Personen kommen um das Haus herum. Joona bewegt sich steif und widerwillig auf sie zu. Hinter ihm geht Marek, der einen Elchstutzen auf Joona gerichtet hat.
    Lydia verzieht den Mund, verlässt den freigeschaufelten Gang und steigt auf den Harsch.
    »Erschieß sie«, sagt sie kurz und deutet mit einem Kopfnicken auf Simone. »Fang mit ihr an.«
    »Ich habe aber nur zwei Patronen«, entgegnet Marek.
    »Mach es, wie du willst, Hauptsache, du machst es«, sagt sie.
    »Marek«, sagt Erik. »Ich wurde suspendiert, ich hätte dir sonst gerne geholfen, dich …«
    »Halt’s Maul«, unterbricht Marek ihn.
    »Du hattest angefangen, über die Dinge zu sprechen, die in dem großen Landhaus in Zenica-Doboj passiert sind.«
    »Ich kann dir zeigen, was passiert ist«, sagt Marek und sieht Simone mit ruhigen, glänzenden Augen an.
    »Tu es einfach«, seufzt Lydia und wirkt ungeduldig.
    »Leg dich hin«, befiehlt Marek Simone. »Und zieh die Jeans aus.«
    Sie rührt sich nicht. Marek richtet das Gewehr auf sie, und sie weicht zurück. Erik tritt näher, und Marek zielt schnell auf ihn.
    »Ich schieße ihm in den Bauch«, erklärt Marek. »Dann darf er zugucken, wie wir uns amüsieren.«
    »Tu es einfach«, sagt Lydia.
    »Warte«, ruft Simone und öffnet ihre Jeans.
    Marek spuckt in den Schnee und macht einen Schritt auf sie zu. Er scheint nicht recht zu wissen, was er tun soll, schaut zu Erik hinüber und richtet das Gewehr kurz auf ihn. Simone begegnet seinem Blick nicht. Er zielt mit dem Gewehr auf sie und richtet die Mündung erst auf ihren Kopf und dann auf den Bauch.
    »Tu das nicht«, sagt Erik.
    Marek senkt erneut den Elchstutzen und nähert sich Simone. Lydia weicht etwas zurück. Simone zieht ihre Jeans und die Skiunterhose herunter.
    »Halt das Gewehr«, sagt Marek leise zu Lydia.
    Sie kommt langsam näher. Gleichzeitig hört man es zwischen den schneebedeckten Fahrzeugen mehrmals metallisch knacken. Joona hustet. Auf einmal hört man ein Grollen. Ein Motor ist angelassen worden, und sie hören das harte Geräusch arbeitender Kolben. Unter dem Harsch gehen starke Scheinwerfer an. Der ganze Boden unter ihnen wird leuchtend weiß. Der Motor heult auf, die Gangschaltung protestiert
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