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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Autoren: Jonas Jonasson
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dieser Karlsson vielleicht doch professioneller war, als es auf den ersten Blick gewirkt hatte.
    * * * *
    Das Bolschoi-Theater wechselte drei-, viermal jährlich das Programm. Dazu kam mindestens ein Gastspiel pro Jahr, wie das der Wiener Oper.
    So ergaben sich für Allan und Julij Borissowitsch eine Handvoll Gelegenheiten, sich in aller Diskretion in Julijs und Larissas Hotelsuite zu treffen, um passende Informationen über die sowjetischen Kernwaffen zusammenzubasteln, die dann an die CIA weitergegeben wurden. Sie mischten Dichtung und Wahrheit so geschickt, dass die Informationen aus amerikanischer Perspektive ebenso glaubwürdig wie ermutigend klangen.
    Allans Berichte hatten unter anderem zur Folge, dass Präsident Nixons Beraterstab Anfang der siebziger Jahre auf Moskau zuging, um ein Gipfeltreffen zum Zwecke der beiderseitigen Abrüstung zu erwirken. Nixon fühlte sich sicher, weil er die USA für das stärkere Land hielt.
    Präsident Breschnew war dem Abrüstungsvorschlag eigentlich auch nicht abgeneigt, weil seine Berichte ihm wiederum sagten, dass die Sowjetunion das stärkere Land war. Die Sache wurde etwas kompliziert, als eine Putzfrau der CIA-Büros in Paris sehr merkwürdige Informationen an die GRU verkaufte. Sie hatte Dokumente gefunden, die vom Büro der CIA in Paris geschickt worden waren. Darin wurde angedeutet, dass die CIA einen Spion an sehr zentraler Stelle im sowjetischen Nuklearwaffenprogramm hatte. Das Problem war nur, dass die Informationen, die dieser Spion lieferte, überhaupt nicht den Tatsachen entsprachen. Wenn Nixon aufgrund der Angaben, die ein sowjetischer Münchhausen an die CIA schickte, abrüsten wollte, hatte Breschnew sicher nichts dagegen einzuwenden. Aber kitzlig war die Angelegenheit denn doch. Und der Münchhausen musste auf jeden Fall lokalisiert werden.
    Breschnews erste Maßnahme bestand darin, den technischen Leiter des Kernwaffenprogramms, den unverbrüchlich loyalen Julij Borissowitsch Popow, zu sich zu rufen und ihn um eine Einschätzung zu bitten, woher diese falschen Informationen gekommen sein könnten. Obgleich die Berichte, die die CIA bekommen hatte, die sowjetische Kernwaffenkapazität deutlich unterschätzten, deuteten die Formulierungen doch darauf hin, dass hier ein Eingeweihter sprach, was natürlich die eine oder andere Frage aufwarf. Daher brauche man Popows fachkundige Hilfe.
    Popow las sich also durch, was er sich mit seinem Freund Allan aus den Fingern gesogen hatte, und zuckte mit den Schultern. Jeder x-beliebige Student hätte sich das nach ein bisschen Geblätter in der Bibliothek zusammendichten können, meinte er. Genosse Breschnew solle sich deswegen keine Sorgen machen, wenn Genosse Breschnew einen Rat von einem einfachen Physiker annehmen wolle.
    Ja, zu diesem Zweck habe Breschnew Julij Borissowitsch ja zu sich gebeten. Er bedankte sich bei seinem Kernwaffenchef herzlich für die Hilfe und trug ihm noch Grüße an Larissa Alexandrowna auf, Julij Borissowitschs charmante Frau.
    * * * *
    Während der KGB völlig nutzloserweise zweihundert sowjetische Bibliotheken überwachen ließ, in denen sich Literatur zu Kernwaffen befand, überlegte Breschnew weiter, wie er sich zu Nixons inoffiziellen Vorschlägen stellen sollte. Bis zu dem Tag, als – Schockschwerenot! – Nixon von Dickerchen Mao Tse-tung nach China eingeladen wurde! Breschnew und Mao hatten einander vor Kurzem mitgeteilt, dass sie bis auf Weiteres nichts mehr voneinander wissen wollten, und jetzt bestand plötzlich das Risiko, dass China und die USA eine unheilige Allianz gegen die Sowjetunion bildeten. Das durfte selbstverständlich nicht passieren!
    Tags darauf erhielt Richard Milhous Nixon, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, daher eine offizielle Einladung in die Sowjetunion. Es folgte harte Arbeit hinter den Kulissen, eines führte zum andern, und schließlich hatten Nixon und Breschnew zwei separate Abrüstungsabkommen nicht nur anvisiert, sondern auch beide unterschrieben. Das eine betraf die Antiroboterroboter (ABM-Abkommen), das andere strategische Waffen (SALT-Verträge). Da die Verträge in Moskau unterzeichnet wurden, nutzte Nixon die Gelegenheit, auch dem Agenten der amerikanischen Botschaft die Hand zu schütteln, der ihn so vorbildlich mit Informationen über die sowjetische Kernwaffenkapazität versorgt hatte.
    »Gern geschehen, Herr Präsident«, sagte Allan. »Aber wollen Sie mich jetzt nicht auch zum Abendessen einladen? Das machen sie doch immer
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