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Der Hund von Welt

Der Hund von Welt

Titel: Der Hund von Welt
Autoren: Katharina von der Leyen
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und wenn er niedlich guckt, packt garantiert irgendjemand ein Wurstbrot aus und verfüttert es in mundgerechten kleinen Stücken. Keinesfalls darf der Hund sich hier so zuhause fühlen, dass er Artgenossen auf der Straße durch die Glasscheibe anbellt; dann wird der ganze Umkleidevorgang gewöhnlich umgehend abgebrochen, alle gucken ganz irritiert und der Mensch eilt gesenkten Hauptes aus dem Geschäft. Solches Verhalten sollte man sich aufheben für die Momente, wenn das Ganze tatsächlich allzu lange dauert. Ansonsten gilt: Wenn man sich niedlich aufführt, verleitet das den Mensch dazu, vor lauter Dankbarkeit relativ viel Geld für überflüssige Gewänder auszugeben, er fühlt sich anschließend besser und vergnügter als vorher, als er noch sein ganzes Geld beisammen hatte. So ganz werden Hunde Menschen nie verstehen.

Der Hund im Büro

    Viele Hunde fragen sich immer wieder, wo der Mensch eigentlich von Montag bis Freitag jeden Tag ohne sie hingeht. Manche machen sich geradezu verrückt mit ihren Vorstellungen: Trifft der Mensch sich mit einem anderen Hund? Geht der Mensch ohne sie in den Park? Amüsiert er sich ohne seinen eigenen Hund? Wann kommt er nach Hause? – Manche Hunde denken sich im Laufe eines Tages so sehr in Rage, dass sie ihrer wachsenden Anspannung ein Ventil geben müssen, indem sie beispielsweise Kissen zerfetzen oder die Tapete von der Wand reißen. Entgegen der üblichen Einstellung des Menschen, der auf kaputte Kissen, Möbel oder abgerissene Tapeten oft recht emotional reagiert, ist solches Verhalten übrigensdurchaus wichtig und gut. Auch wenn Verhaltenstherapeuten dies nie öffentlich zugeben würden (sie beziehen ihren Lebensunterhalt immerhin vom Menschen, der seinerseits für neue Kissen und neue Tapeten sorgen muss), ist derlei körperlicher Einsatz gesund, weil es eine Verminderung des Stresslevels fördert. Die Methoden dafür sind eben sehr individuell; die einen brauchen Stille und machen auf dem Sofa oder dem Küchentisch meditative Übungen, die anderen suchen sich körperlichen Ausgleich: Hierdurch wird angestaute Energie abgebaut, der Hund distanziert sich von seinen Problemen, und die Durchblutung von Muskulatur, Organen und Gefäßen verbessert sich.

    Fritz sagt:

      Es ist dem Hund davon abzuraten, den Flur des Büros als Rennstrecke zu verwenden, egal, wie rutschsicher der Teppichboden ist und wie scharf man die Kurven nehmen kann;
      die UPS-Boten und Fahrradkuriere zu verbellen, als sei man zuhause. Verbellen ist grundsätzlich ungünstig: Es könnte schließlich auch der Pizza-Bote sein. Viel besser ist es also, sich alle Boten zum Freund zu machen – dann bringen sie beim nächsten Mal möglicherweise Geschenke in Form von Hundekuchen mit;
      dem Chef/der Chefin im Laufe des Tages ein eingespeicheltes Spielzeug auf den Schoß zu legen, wenn es langweilig ist. Viel effektiver ist es, sich strategisch günstig mit einem Ball oder Spielzeug ganz still in den Flur zu legen und sehr, sehr traurig zu gucken. Irgendwann wird irgendjemand das Mitleid packen, das ist sicher – aber im Umgang mit Menschen ist es immer besser, wenn sie glauben, alles war ihre Idee;
      offensiv zu betteln. Garantierte Resultate bringt es, um die Mittagszeit mit eingezogenem Bauch seufzend durch die Flure zu schleichen oder ca. eine halbe Stunde vor dem Essen eine besonders weichherzige Person aus dem Büro mit Zärtlichkeiten zu überschütten (wichtig ist, dass genügend Zeit zwischen den kleinen Aufmerksamkeiten und dem Mittagessen liegt, damit (s.o.) der Mensch denkt, es war seine Idee, die Hälfte von seinem Hühnerbrust-Sandwich abzugeben: Und zwar nicht aus Beweggründen wie Mitleid oder Erpressung, sondern aus erwiderter selbstloser Liebe.

    Trotzdem ist es tröstlich zu hören, dass der Mensch sich keineswegs tagaus, tagein in Abwesenheit seines Hundes amüsiert. Der Mensch geht ins Büro, eine Art Zwinger für Menschen. Das Büro ist ein eingeschränkter Lebensraum, in dem die meisten Menschen mehr Zeit verbringen als irgendwo sonst (außer vielleicht ihrem Bett, das sie gewöhnlich ebenfalls mit ihrem Hund teilen). Er amüsiert sich dort durchaus nicht, sondern nimmtKommandos von seinem „Chef“ bzw. „Chefin“, kurz: dem Alpha-Tier, entgegen, verhält sich den ganzen Tag über eher unterwürfig und denkt immer nur daran, dass er gerne nach Hause zu seinem Hund möchte. Seine Belohnung für diese Art des Lebens ist ein bisschen Geld, das er gewöhnlich fast vollständig
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