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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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Nachmittag an. Die Theaterleute schlafen immer bis Mittag, weil sie ja am Abend arbeiten!«
    Das sah das Schwein ein. Und da es ohnehin immer hungrig war, ließ es sich vom Hund zu einem Gulasch mit Nockerln einladen.
    Der Hund hatte gar keine Freude an seinem Gulasch. Er zerbrach sich den Kopf, wie dem Schwein die Sache auszureden sei, ohne es zu kränken. Das Schwein durfte sich einfach nicht im Theater vorstellen! Alle würden es doch auslachen! Und ein Schwein mit einer zarten Seele hält das nicht gut aus!
    Beim Tellerauslecken kam dem Hund ein Einfall. »Schwein«, sagte er, »jeder ordentliche Musicalstar hat einen Agenten!«
    »Einen was?«, fragte das Schwein.
    »Einen Agenten«, antwortete der Hund. »Der erledigt für ihn die Geschäfte! Macht die Gage aus und so! Und schaut, ob die Verträge in Ordnung sind.«
    »Wo nehm ich bloß so jemanden her?«, fragte das Schwein.
    »Ich bin dein Agent«, sagte der Hund.
    Das Schwein nickte. »Gut«, rief es. »Du bist sicher ein ordentlicher Agent!«
    »Und darum«, sagte der Hund, »gehe ich zuerst zum Theaterdirektor! Das ist vornehmer! Und es wirkt auch besser, wenn ich deine Talente anpreise!«
    »Genau!«, rief das Schwein. »Eigenlob stinkt!«
    »Eben«, brummte der Hund. Er hatte nicht die Absicht, wirklich zum Theaterdirektor zu gehen. Er dachte: Ich werde nur so tun! Ich werde das Schwein hier sitzen lassen und ein bisschen spazieren gehen, und dann werde ich zurückkommen und dem Schwein sagen, dass in dieser Saison leider kein Musical aufgeführt wird und dass für die nächste Saison schon alle Musicalrollen vergeben sind! So eine Absage, fand der Hund, sei leichter auszuhalten für das Schwein als ein Rausschmiss wegen Talentlosigkeit.
    »Gut«, sagte das Schwein. »Jetzt ist es schon fast zwei Uhr! Zahl, und dann gehen wir!«
    Der Hund wollte das Schwein überreden, im Gasthaus auf ihn zu warten, aber das gelang ihm nicht. Das Schwein begleitete ihn bis zum Theater. Vor dem großen Eingangstor sagte der Hund: »Also, dann tschüs, bis nachher!«
    »Ich komme mit«, sagte das Schwein. »Bis zur Tür vom Direktor komme ich mit!«
    Und schon hatte das Schwein das Tor aufgemacht, war ins Foyer hineingewieselt und hatte den Portier gefragt: »Wo geht es zum Herrn Direktor?«
    »Die Treppe hinauf und dann rechts die zweite Tür«, sagte der Portier.
    Das Schwein rannte im Schweinsgalopp die Treppe hoch, und dem Hund blieb nichts anderes übrig, als hinterherzurennen.
    DIREKTION stand an der zweiten Tür rechts. Neben der Tür war ein Sessel.
    »Mach’s gut«, sagte das Schwein. »Ich halt die Klauen!« Es setzte sich auf den Sessel. Der Hund war ratlos. Er starrte die Tür an und dachte: Was tu ich denn jetzt?
    Da kam eine junge, blonde Frau den Gang entlang. Sie sah den Hund, stürmte auf ihn zu, rief: »Ach, wie herrlich«, riss die Tür zur Direktion auf, rief zur Tür hinein: »Direktor, ein Hund ist gekommen!«, und schubste den Hund in die Direktion.
    An den Wänden hingen viele Fotos von Schauspielern. Der Herr Direktor saß hinter einem riesigen Schreibtisch. Er hatte rote Locken und einen roten Backenbart und abstehende Ohren und einen dicken Bauch. »Nehmen Sie Platz, mein Bester«, sagte er. »Zigarre, Kaffee oder Schnaps genehm?«
    »Danke nein, bitte«, sagte der Hund. Er nahm den Borsalino ab und setzte sich auf einen Sessel vor dem Schreibtisch.
    »Sie sind wirklich die Rettung in allerletzter Minute«, sagte der Direktor. Er nahm eine Mappe vom Tisch. »Hoffentlich schaffen Sie den Text bis morgen. Es ist eine Hauptrolle!« Er drückte dem Hund die Mappe in die Pfoten. Der Hund wurde immer ratloser, doch dem Direktor fiel das nicht auf. »Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen«, sagte er. »Jetzt hab ich mir ein Schnäpschen verdient!« Er stand auf, ging zu einem Schrank und holte eine Schnapsflasche heraus und zwei Gläser und füllte die Gläser und trank eines leer. Das zweite Glas gab er dem Hund. Der Hund konnte Schnaps nicht leiden, weil er aber so ratlos war, trank er den Schnaps aus. Der Direktor füllte sich sein Glas noch einmal und trank es wieder leer. »Wissen Sie«, sagte er, »das kommt alles davon, weil niemand auf mich hört! Immer habe ich unserem Hund gepredigt, dass ein Schauspieler nicht bergsteigen darf. Dass das zu gefährlich ist! Aber man redet ja in den Wind! Und jetzt liegt der Hund mit zwei vergipsten Hinterpfoten und einem Verband über den Ohren im Krankenhaus!« Der Direktor nahm sich einen dritten
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