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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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Bühne. »Ist das Schwein verrückt geworden?«, brüllte er. »Hinaus mit dem Schwein, nichts wie hinaus mit dem Schwein!«
    »Das will ich ja!«, rief das Schwein. »Aber wenn mich der blöde Kerl nicht loslässt, dann kann ich doch nicht!«
    Der Kammerdiener Franz ließ das Schwein los und das Schwein rannte auf den Vorhang zu. Der Direktor packte es am Ringelschwanz. Das Schwein flitzte unter dem Vorhang durch, und weil der Direktor den Ringelschwanz nicht losließ, sauste er hinter dem Schwein her und stand plötzlich neben dem Schwein vor dem Vorhang, an der Rampe.
    Das Schwein lächelte und verbeugte sich vor den klatschenden Zuschauern. Dem Direktor blieb nichts anderes übrig, als sich auch zu verneigen und auch zu lächeln. Weil er aber eine Riesenwut auf das Schwein hatte, trat er dem Schwein dabei gegen eine Hinterhaxe. Das Schwein verlor das Gleichgewicht, kippte vornüber und fiel der dicken, blonden Frau in den Schoß.
    »Was für eine Ehre«, rief die dicke, blonde Frau entzückt, »einen Schauspieler habe ich noch nie in den Armen gehalten!«
    Der Hund nahm die Krone vom Kopf, legte das Zepter neben den Thron und schlich in seine Garderobe.
    »Aus und vorbei«, sprach er zu sich. »Und bevor mich der Direktor hinauswirft, gehe ich lieber selber!«
    Er setzte den Borsalino auf, wickelte den Schal um den Hals, band die Wanderniere um den Bauch und verließ das Theater. Bis auf die Straße hinaus war der Applaus zu hören!
    Der Hund lief zum Parkplatz hinter dem Theater, wo das Moped vom Schwein geparkt war. Er holte seine Reisetasche und den Koffer vom Gepäckträger. Er setzte sich neben das Moped, nahm einen Bogen Briefpapier aus der Reisetasche und schrieb darauf:
    Lieber Freund Schwein,
    unsere Wege trennen sich nun.
    Aber du wirst sicher auch weiter
    noch viel Glück haben. Das weiß
    ich genau.
    Dein Freund Hund.
    Der Hund band den Brief mit einem Schuhband an den Lenker vom Moped, nahm die Reisetasche in die rechte Vorderpfote und den Koffer in die linke und marschierte in die Nacht hinein und pfiff dabei seine neun Lieder. Er war sehr wohlgemut. Schrecklich gern war er nämlich mit dem Schwein nicht Freund gewesen!
    Ein paar Tage später, bei einer Rast in einem Kaffeehaus, las der Hund in der Zeitung:
    Riesenerfolg im Theater!
    »Der Prinz sucht sein Glück« wurde neu inszeniert! Das Stück ist viel lustiger geworden und viel kürzer auch. Ein schweinischer Künstler von Gottes Gnaden feiert darin Erfolge.
    Und eine Woche später sah der Hund an einem Kiosk eine Zeitung hängen, die hatte auf der ersten Seite ein großes Bild. Darauf war das Schwein, und Wange an Wange mit dem Schwein die dicke, blonde Frau. Die, der das Schwein in den Schoß geplumpst war. Die Frau hatte ein Kränzlein auf dem Kopf und lächelte. Unter dem Foto stand:
    Große Hochzeit in der feinen Gesellschaft! Die Besitzerin der Wurstfabrik »Extra & Knack« hat heute das Komikerschwein vom Stadttheater geheiratet. Angeblich war es Liebe auf den ersten Blick. Das Schwein wird sich leider vom Theater zurückziehen und in den Betrieb der Ehefrau einsteigen.
    »O.K., das hätten wir geschafft!«, murmelte der Hund, nachdem er die Zeitung gelesen hatte. Und als er dann weiterwanderte, pfiff er besonders fröhlich vor sich hin.

3. Kapitel
Der Hund geht in die Schule
    Etliche Tage wanderte der Hund drauflos und blieb für sich. Höchstens, dass er im Vorbeigehen einen freundlichen Gruß erwiderte oder ein paar Worte mit dem Wirt sprach, wenn er wo einkehrte. Wer gerade eine so anstrengende Freundschaft, wie die mit dem Schwein, hinter sich hat, sehnt sich nach Ruhe. Langweilig war dem Hund trotzdem nicht, denn er redete viel mit sich selbst. Mit zweierlei Stimmen redete er, damit die Selbstgespräche nicht zu eintönig wurden. Mit tiefer Brummstimme stellte er sich Fragen. Mit hoher Bellstimme gab er sich Antworten. Und er schaute viel. Blumen, Käfer und Schmetterlinge schaute er gern an. Mit dem Hirn fotografieren nannte er das. Am Abend, wenn er in einem Wirtshausbett lag, ordnete er die Hirnfotos im Kopf. Eine richtige Kopfkartei von A bis Z legte er sich an. Die Namen aller Blumen, Käfer und Schmetterlinge, die er sah, kannte er leider nicht. Und Bücher, in denen er hätte nachschlagen können, führte er im Reisegepäck nicht mit. So gab er eben allem Unbekannten neue Namen. Einen Käfer taufte er Tüchtig , einen Frau Meier . Eine Blume nannte er Rudi , eine andere Zuckerschnee . Schmetterlingen gab er die Namen
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