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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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Schwein die Vorderpfoten. »Was würdest du denn gerne tun?«, fragte er.
    »Ich?« Das Schwein blinzelte verschämt.
    »Ja, du!«, sagte der Hund.
    »Also ich ...« Das Schwein zierte sich. Es senkte den Schädel und schlug die Augen nieder.
    »Na, Schwein, so sag es doch schon, genier dich doch nicht«, redete ihm der Hund zu.
    Sehr leise sagte das Schwein: »Zum Theater würde ich gern gehen.«
    »Als Kartenverkäufer, als Platzanweiser, als Kulissenschieber, als Vorhangaufzieher oder als Beleuchter?«, fragte der Hund.
    »Als Schauspieler«, flüsterte das Schwein.
    Da war der Hund erschrocken, denn das Schwein war ja nun wirklich keine Schönheit und eine Grunzstimme hatte es auch. Doch der Hund ließ sich seinen Schrecken nicht anmerken. Er sagte: »O.K., Schwein, dann versuchen wir halt unser Glück beim Theater! Aber wenn du zum Theater willst, dann musst du etwas vorsprechen können. Das heißt, du musst dem Theaterdirektor etwas aufsagen, damit er sich von deinem Talent überzeugen kann.« Er schaute das Schwein an. »Kannst du Gedichte aufsagen?«
    Das Schwein schüttelte den Schädel. »Leider nicht«, sagte es. »Ich bin nämlich nicht gut im Auswendiglernen!«
    Der Hund seufzte, aber nur ganz leise. »Wir werden üben«, sagte er.
    Am nächsten Morgen kaufte der Hund in einer Buchhandlung drei Gedichtbände. Und nach dem Mittagessen, als sie in einem Wirtshausgarten saßen und Kaffee tranken, fing der Hund mit dem Schwein zu lernen an.
    Das war eine echte Hundsarbeit!
    Hundertmal sagte er dem Schwein vor: »Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken hin ...«
    Das Schwein merkte sich bloß: »Guter Mond ...« Mehr ging in sein Schweinshirn nicht hinein. Einmal sagte es: »Guter Mond, du stehst so stille in der Abendwolke hier ...«
    Einmal sagte es: »Guter Mond, die Abendwolken ziehn durch dich hin«, dann sagte es: »Guter Mond, deine Abendwolken stehen stille ...«
    Es war zum Aus-der-Hundshaut-Fahren!
    »Vielleicht solltest du besser Sänger werden«, schlug der Hund vor.
    »Genau!«, rief das Schwein entzückt. »Dann kann ich tralala singen, wenn mir zufällig der Text entfallen ist!« Und dann sang das Schwein dem Hund vor. Es sang: »Komm, lieber Tralala, und mache die Tralala trala, und lass uns an dem Bache, die trala-la-la-la!«
    Das Schwein sang so falsch, dass dem Hund die Flatterohren bebten und die Nasenlöcher feucht wurden.
    »Möchtest du nicht vielleicht Tänzer werden?«, fragte der Hund.
    Das Schwein überlegte. Ziemlich lange überlegte es, dann rief es: »Du, Hund, ich werde Musicalstar! Da kann ich singen und tanzen und spielen! Wie findest du das?«
    Der Hund nickte und tat, als ob er das gut fände. Er wollte das Schwein nicht kränken. Kommt Zeit, kommt Rat, dachte er. Wer sich so wenig merkt wie das Schwein, vergisst vielleicht auch die Wahnsinnsidee, Musicalstar werden zu wollen.
    So vergesslich war das Schwein aber nun wieder auch nicht. Drei Tage später kamen der Hund und das Schwein in eine kleine Stadt. Auf dem Hauptplatz stand ein großes Haus, das hatte rechts und links vom Eingangstor Säulen.
    »Was ist denn das für ein Haus?«, fragte das Schwein.
    »Keine Ahnung«, log der Hund. Er wollte dem Schwein nicht sagen, dass das Haus mit den Säulen das Stadttheater war.
    »Ich werd es gleich herausgefunden haben«, sagte das Schwein. Es bremste, sprang vom Moped und lief auf einen Esel zu, der des Weges kam.
    Es verbeugte sich vor dem Esel und fragte: »Pardon, der Herr, könnten Sie mir sagen, welches Haus das ist?« Es zeigte zum Säulenhaus.
    »Das ist unser Stadttheater«, sagte der Esel und ging weiter.
    Das Schwein klatschte in die Pfoten. »Ich bin ja durch und durch ein Glücksschwein«, rief es. »Kaum habe ich beschlossen, Musicalstar zu werden, kommen wir auch schon in eine Stadt, die ein Theater für mich hat!«
    Das Schwein wollte sofort ins Theater hinein. Der Hund hielt es zurück. »Sachte, sachte, Freund«, sagte er. »Zuerst essen wir einmal in aller Ruhe ein Häppchen und überlegen, wie wir am besten vorgehen!«
    »Wie sollen wir schon vorgehen«, rief das Schwein ungeduldig. »Ich gehe zum Direktor und singe ihm ein bisschen vor und tanze dazu! Und wenn er will, sage ich ihm auch noch das Gedicht von der Sonne und den Morgenwolken auf!«
    »Vom Mond und den Abendwolken«, sagte der Hund.
    »Ist doch Jacke wie Hose«, rief das Schwein.
    »Pass auf«, sagte der Hund. »Jetzt ist es Mittag. Das Theater ist noch zugesperrt. Die fangen erst am
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