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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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mich nicht?«, beschwerte es sich beim Hund.
    »Ach, er hat dich über den grünen Klee gelobt«, log der Hund. »Gerade vorher, als du auf dem Klo warst!«
    Da war das Schwein beruhigt.
    Von diesem Tag an traten der Hund und das Schwein siebenmal in der Woche in dem Theaterstück »Ein Prinz sucht sein Glück« auf. Der Hund war bald der Liebling des Publikums und das Schwein konnte kaum Schaden anrichten. Es spielte ja keine Rolle, ob es seinen Satz sagte oder ob es ihn vergaß. Und wenn dann der Vorhang fiel und die Leute klatschten und sich die Schauspieler zusammen verneigten, freute sich das Schwein und dachte: Die jubeln alle mir zu! Doch eines Tages bekam das Schwein eine Zeitung in die Pfoten. Auf der letzten Seite der Zeitung stand eine Kritik über das Theaterstück. »Ein Prinz sucht sein Glück«, stand da, sei ein sehr spannendes und dazu noch sehr poetisches Stück. Und der Hund, der den Prinzen spiele, sei ein großer Künstler. Die Schauspielerin, die die Prinzessin spiele, sei auch ein großes Talent. Auch der Windhund und der Vater der Prinzessin und die Zofe und der Kammerdiener Franz wurden lobend erwähnt. Sogar der Koch, der dem Hund im 2. Akt drei Marillenknödel brachte, bekam ein Lob. Und zum Schluss stand noch geschrieben: »Nur warum andauernd der kleine Bruder vom Prinzen über die Bühne jappelt und ›Mir soll’s recht sein‹ grunzt, bleibt rätselhaft. Auf diese Figur hätte der Autor besser verzichten sollen!«
    Das Schwein galoppierte mit der Zeitung zum Hund. »Lies das!«, grunzte es empört. »Dem Volltrottel, der das geschrieben hat, dem werde ich es zeigen! Hat man so was schon gehört! Der wird noch Augen machen!«
    »Was hast du vor?«, fragte der Hund und bekam drei dicke Kummerfalten auf der Stirn.
    »Das wirst du heute Abend sehen!« Das Schwein grunzte geheimnisvoll.
    »Mach bitte keinen Unfug«, mahnte der Hund. »Sonst geht noch etwas schief!«
    »Ach, Gotterl, nein!«, rief das Schwein. »Bei dem Glück, das ich habe, seit ich mit dir zusammen bin, kann gar nichts schief gehen!«
    Als an diesem Abend der Vorhang im Theater hochging, saß der Hund – so wie bei jeder anderen Vorstellung auch – auf seinem Thron, und das Schwein saß zu seinen Pfoten.
    Der Hund rief:
    »Lieber Kammerdiener, lieber Franz,
    ungeduldig bin ich schon ganz!
    Vor drei Tagen bat ich um ihre Hand
    die Prinzessin aus dem Nachbarland!
    Wann sagt sie denn endlich Ja?
    Warum ist der reitende Bote noch nicht da?
    Ich zittere vor Sehnen und Bangen,
    würd am liebsten zu weinen anfangen!«
    Nun hätte das Schwein sagen sollen: Mir soll’s recht sein, Bruder! Doch das Schwein pfiff auf seinen Text. Es sprang auf und schlug um den Thron herum Purzelbäume und sang dabei: »Komm, lieber Tralala, und mache die Trala wieder trala!«
    Die Zuschauer lachten, ein paar klatschten sogar, und eine dicke, blonde Frau, die in der ersten Reihe saß, rief: »Bravo!«
    Dann kam der Kammerdiener Franz auf die Bühne. Er hatte ein großes Briefkuvert in der Hand und sprach:
    »Mein Prinz, hier ist die Nachricht,
    auf die Ihr so schrecklich erpicht!«
    Der Prinz schnappte sich das Kuvert, riss es auf, zog ein Blatt Papier heraus und las vor:
    »Werter Prinz, ich muss dir sagen,
    die Ehe mit dir kann ich nicht wagen,
    dem Grafen Windhund gehört mein Herz,
    und macht dir dieses auch großen Schmerz,
    es ist nicht mehr zu ändern!
    Such dir eine Frau in anderen Ländern!«
    Nun hätte der Hund zu weinen und zu schluchzen anfangen sollen, doch dazu kam er nicht, denn das Schwein purzelte schon wieder über die Bühne und quäkte dabei unentwegt: »Mir soll’s recht sein, Bruder, mir soll’s recht sein, Bruder, mir soll’s recht sein, Bruder ...«
    Die Zuschauer lachten wieder, fast alle klatschten jetzt, und die dicke, blonde Frau in der ersten Reihe sprang auf und rief: »Bravo, bravo, bravissimo!«
    Der Kammerdiener Franz schnappte sich das Schwein und wollte es abschleppen, nach hinten, in die Kulissen. Doch das Schwein wehrte sich, es wand sich und strampelte und quäkte: »Ich bin der Hauptdarsteller! Ohne mich läuft hier doch nichts! Lass mich sofort los!«
    Das gefiel den Zuschauern noch besser als das Purzelbaumschlagen und das Tralala-Lied. Das Theater wackelte vor Gelächter, alle Zuschauer klatschten, und die dicke, blonde Frau aus der ersten Reihe warf dem Schwein Kusshände zu.
    »Vorhang runter«, rief der Theaterdirektor hinter den Kulissen. Langsam fiel der Vorhang. Der Direktor sauste auf die
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