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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Autoren: Eva Maaser
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neigte und mit der sie auch jetzt klarmachte, wo die Grenzen der Vertraulichkeit lagen, verdross Brunichild. Was sollte das? Außerdem war die Frage rein rhetorisch gemeint. Wusste doch jedermann, dass Wittiges seine Frau anbetete. Sie hätte sich keinen besseren - und keinen attraktiveren - Ehemann wünschen können. Die meisten Frauen am Hof hätten für Wittiges sofort die Röcke gehoben und die Beine breit gemacht. Ein Mann mit einer gefährlichen Ausstrahlung. Brunichild seufzte. Es war ihr persönliches Opfer gewesen, die Ehe zwischen ihm und Aletha zu stiften, und Aletha wusste das. Sie wussten viel zu viel voneinander. Und sicher ahnte ihre einstige Sklavin, dass sie Wittiges aus höchst persönlichen Gründen auf diese gefährliche Mission geschickt hatte, die zudem von vornherein zum Scheitern verurteilt war und ihm wie eine Strafexpedition vorkommen musste. Ja, es war nicht nett gewesen, ihn fortzuschicken - aber notwendig. Über die Gründe gedachte sie mit niemandem zu reden. Auch mit Aletha nicht, die Brunichild oft um ihr Eheglück beneidet hatte.
    „Mir fehlen die zwei Jahre, die ich in Rouen gefangen saß“, brach es unvermittelt aus Brunichild heraus. 
    „Du hast nie viel darüber erzählt“, bemerkte Aletha leise. „Erging es dir schlecht dort?“
    „Anfangs, aber dann ... erhielt ich unerwartet Besuch. Der Bischof von Rouen sprach ein paarmal vor und ...“ Das ging Aletha nichts an.
    „Chilperich?“
    Die beiden Frauen schauten sich an, dann huschte ein verächtliches Lächeln über Brunichilds Gesicht. „Einmal ließ er sich tatsächlich mit Geschenken blicken und wollte mich dazu bringen ... Glaubst du, ich setze mich mit diesem Mörder zu Tisch?“ Schlagartig verlor sie sich in Erinnerungen. Es war wie ein unheimlicher Sog, der sie zwang, sich wieder einmal den alten Schrecken auszusetzen. Der Raum um sie herum entglitt ihr, sie merkte es nicht einmal.
    „Brunichild!“, hörte sie Alethas besorgte Stimme.
    „Lass mich!“ Sie wollte sich erinnern. Es verging kein Tag, an dem sie sich nicht erinnerte, sie brauchte das so nötig wie Wasser und Brot zum Leben. Heiß stieg ein Gefühl in ihr auf, dem sie sich in diesem Moment ganz hingab. Hass .
    Sigiberts Bruder Chilperich hatte ihre Schwester Gailswintha geheiratet - und war ihrer rasch überdrüssig geworden. Denn Gailswintha war dahintergekommen, dass er eine Geliebte hatte, und hatte ihm deswegen die Hölle heiß gemacht. Eines Tages hatte er ihr dann rasend vor Zorn die Hände um den Hals gelegt ... Aber angestiftet zu diesem Mord hatte ihn seine Hure Fredegund, die er nach dem Mord nicht schnell genug hatte heiraten können.
    Jetzt gehen die Erinnerungen wieder mit ihr durch, dachte Aletha. Sie suhlt sich im Hass auf Chilperich und Fredegund, und dabei kämpft sie bloß gegen ihre eigene Hilflosigkeit an. Seit Jahren dringt sie darauf, dass ihr Chilperich die fünf Städte überträgt, die die Morgengabe für Gailswintha bildeten. Täte er das endlich, würde er seine Schuld anerkennen, aber er denkt nicht daran, und sie hat kein Mittel, ihre Sühneforderung gegen ihn durchzusetzen. Seit Chilperich auch Sigibert hat ermorden lassen, muss sie sich noch kleiner, noch unwichtiger und angreifbarer vorkommen. Ihre ganze Macht wankt und wackelt, und sie kann nichts dagegen tun.
    „Hör auf damit! Hör auf, dich mit diesen Erinnerungen zu quälen.“ Aletha schüttelte ihren Arm, es wurde Zeit, sie aus der gefährlichen Versenkung in die Vergangenheit herauszureißen.
    „Ich lebe für meinen Sohn und für meine Rache, das weißt du“, wisperte Brunichild. „Und niemand wird mir das ausreden.“
    Aletha gab sich Mühe, die Ruhe zu bewahren. „Chilperich hat deine Töchter freigegeben, erinnere dich auch daran“, sagte sie etwas lauter.
    Eine der Hofdamen spähte zu ihnen herüber und machte einen Schritt auf sie zu. Vielleicht dachte sie, der Königin sei unwohl. Tatsächlich war Brunichild blass geworden, und ihre Augen hatten einen fiebrigen Glanz angenommen. Mit einem Kopfschütteln gab Aletha der Edelfrau zu verstehen, dass sie die Unterhaltung der Königin nichts anging. Verwirrt und gekränkt zog die Frau sich zurück.
    Über die Ermordung Gailswinthas wusste Aletha so viel wie Brunichild, denn es war Wittiges gewesen, der die Tote gefunden hatte, als er in Sigiberts Auftrag als Spion in Soissons tätig gewesen war: Er hatte die Mörder praktisch auf frischer Tat ertappt, konnte aber nichts tun außer sein eigenes Leben zu
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