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Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Titel: Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Autoren: Martin Schüller
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»Schließlich sind wir im Urlaub«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
    »Wie lange willst du noch in Garmisch bleiben?«
    »Solange es mir gefällt.«
    »Es sind schon sechs Wochen«, sagte Hardy.
    Vor sechs Wochen waren sie in die Villa eingezogen, die Hardy als Feriendomizil für die Familie gekauft hatte. Die sechs Wochen waren angefüllt gewesen mit Einkaufen und Einrichten, Umrücken und Austauschen der mitgekauften Möbel, Ärger mit Gärtnern und Handwerkern, Vorbereitung der Einweihungsfeier. Die sechs Wochen waren im Flug vergangen.
    Aber in ihrem Business waren sechs Wochen eine Ewigkeit. Hardy zog an seiner Zigarette und sah Carlo an, der immer noch aus dem Dachfenster starrte. Ein alter Löwe, so kam er ihm vor. Ein alter Löwe, des Kämpfens müde.
    »Mir gefällt es hier«, sagte Hardy. »Ich hab nur ein wenig Sorge, dass es Reagan und seinen Jungs langweilig werden könnte. Und Ula.«
    »Ula plant das Fest. Damit ist sie erst mal beschäftigt. Und Reagan muss endlich lernen zu gehorchen.«
    Hardy sagte nichts. Reagan war Gunthers jüngerer Bruder. Eigentlich hieß er Ronald, aber niemand nannte ihn so. Ihn unter Kontrolle zu halten, war schwieriger, als sie beide es sich hatten vorstellen können.
    »Verdammt, er wird bald dreißig«, sagte Carlo zum Fenster hinaus.
    »Seine Männer, die taugen nichts. Du solltest sie rausschmeißen.«
    »Dann muss ich ihn auch rausschmeißen.«
    »Dann mach das.«
    Ein langes Schweigen breitete sich aus. Carlo starrte in die Abendsonne.
    »Er ist mein Sohn«, sagte er endlich und drehte sich zu Hardy. »Und der Sohn von Marie.«
    Er sprach beherrscht, aber seine Kiefer mahlten. Hardy hob beschwichtigend die Hand. Einen Moment sahen sie sich in die Augen, dann wandte Carlo den Blick und sah wieder aus dem Fenster.
    »Was ist los?«, fragte Hardy.
    »Nichts, über das sich zu reden lohnt«, sagte Carlo, ohne ihn anzusehen.
    »Nerven?«
    »Vielleicht.«
    »Vielleicht tut dir auch der Urlaub nicht gut.«
    »Dass das Geschäft mir besser täte, bezweifle ich.«
    »Aber du tätest dem Geschäft gut. Wir sind zu lange weg, wenn du mich fragst.«
    Langsam wandte Carlo ihm den Kopf zu.
    »Ich frag dich aber nicht«, sagte er, ganz ruhig. »Es ist meine Entscheidung.«
    »Natürlich. Aber gib Gunther nicht zu viel Leine.«
    Carlo sah wieder in den weiß-blauen Himmel hinaus. »Nein«, antwortete er, aber in seinem Blick stand Sorge.

ZWEI
    »Nehmen Sie doch Platz, Herr Schwemmer.«
    Polizeidirektor Wasl wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Sein Lächeln kam Schwemmer ziemlich geschäftsmäßig vor, was aber vielleicht daran lag, dass er noch ein wenig fremdelte mit seiner neuen Dienststelle im bayerischen LKA . Außerdem waren freundliche Polizeidirektoren etwas, das er in seiner Laufbahn selten erlebt hatte, und wenn, hatte die Freundlichkeit meist einen Haken gehabt.
    Aber er rief sich zur Ordnung. Wasl hatte ihm in den drei Monaten, die er nun hier im Dezernat 61 war, keinen Grund zur Klage geliefert. Er und die meisten Kollegen waren ihm höflich und respektvoll begegnet, von den üblichen Ausreißern mal abgesehen. Aber eine Dienststelle ohne eine Handvoll Misanthropen, Maulhelden und/oder Deppen war ihm noch nie untergekommen. Und ihre Zahl lag hier absolut im Durchschnitt.
    »Sie haben gehört, dass der Kollege Niedermayer krank ist?«, fragte Wasl.
    Schwemmer nickte.
    »Und nun ist bedauerlicherweise die Mutter von Frau Krösen verstorben, weshalb sie Sonderurlaub beantragt hat, den wir ihr natürlich nicht verweigern wollen … Kurz, Herr Schwemmer: Ich hab keinen anderen.«
    »Wovor hätten Sie mich denn gern bewahrt?«, fragte Schwemmer.
    »Davor, gleich wieder in die Heimat geschickt zu werden«, sagte Wasl. »Wir versuchen das normalerweise zu vermeiden, weil es immer wieder zu Irritationen kommt, wenn man mit den ehemaligen Kollegen und Untergebenen zusammenarbeitet. Man muss sich seiner Rolle da immer bewusst sein.«
    Schwemmer schob den Unterkiefer vor. Er sagte nichts.
    Wasl lächelte milde. »Das scheint Ihnen nicht zu behagen …«
    »Die Gründe haben Sie selbst genannt«, sagte Schwemmer. Es behagte ihm wirklich nicht. Er hatte sich nicht von dort wegversetzen lassen, weil er sich besonders wohlgefühlt hatte.
    »Aber die Gründe, warum es sich leider nicht vermeiden lässt, hab ich auch genannt, gell?«, sagte Wasl.
    »Was sagt Hessmann denn dazu, dass ich da auftauche?«, fragte Schwemmer.
    »Ehrlich gesagt habe ich Polizeidirektor Hessmann
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