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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen
Autoren: Phil Rickman
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Geschichten waren nach und nach durchgesickert, so wie aus Klärschlamm langsam das faulige Wasser austritt, und Gomer Parry schämte sich, denselben Beruf zu haben wie Roddy. Zu viele Leute hatten ein Auge zugedrückt, das war’s. Zu viele – sogar Beschäftigte im sogenannten öffentlichen Dienst – hatten weggeschaut und gesagt, was macht es schon, wenn ein paar Londoner ausgenommen werden, die haben ja genug Geld.
    Übel, die Zugezogenen so zu verachten. Sind ja immerhin auch Menschen. Menschen mit Träumen, und an Träumen ist schließlich nichts verkehrt.
    Meistens.
    Aber was ist mit Gomer Parry? Hätte er sich auch zurückgehalten, wie die anderen, und weggeschaut, wenn er geahnt hätte, wie schlimm es war? Was ist mit Gomer? Diesem kleinen Kerl mit wilden weißen Haaren, einer Drahtbrille und einem Gefühl dafür, was richtig und ehrenhaft ist: der Berufs-Ehrenkodex, das ritterliche Benehmen der Baggerführer.
    Die Frage ergibt überhaupt keinen Sinn, denn am Anfang ginges um nichts weiter als um eine Entwässerungsanlage. Um Rohrleitungen und solchen Kram.
     
    Gomer hatte sich schon mehr als einmal darüber gewundert, dass sich seine und Roddys Wege noch nie gekreuzt hatten. Das war komisch, auch wenn ihre Betriebe an verschiedenen Enden des Countys lagen. Landwirtschaftsdienste: Das waren große Maschinen in einer kleinen Welt.
    Aber jetzt war es so weit, es ließ sich nicht vermeiden an diesem nasskalten und windigen Sonntag – wenn Minnie noch gelebt hätte, wäre Gomer an so einem Tag sicher nicht mehr vom Kamin wegzukriegen gewesen. Aber jetzt war der Kamin auch nicht mehr, was er mal war, und diese Dame am Telefon hatte ziemlich verzweifelt geklungen, außerdem war sie nur an den Wochenenden hier draußen.
    Eine Londonerin. Die Leute aus London suchten immer weiter im Westen, Hauptsache, sie bekamen Landluft in ihre Lungen, als ginge es um irgendeine neue Droge. Die Landhaus-Immobilien in Herefordshire blieben heutzutage nicht lange auf dem Markt, vor allem die, die auch wie Landhaus-Immobilien
aussahen
, selbst wenn sie deutliche Nachteile hatten.
    Dies war ein klassisches Beispiel. Zu dem Besitz gehörten ein hübsches altes Bauernhaus und ein paar Hektar Land, und er lag an der A 49 zwischen Hereford und Ross. Das Haus war aus den rostfarbenen Steinen erbaut worden, die es in dieser Gegend gab, und von der Vorderseite aus hatte man einen schönen, weiten Blick über die Felder bis zu den Black Mountains.
    Aber davor lag die A 49.
    Während Gomer ein Streichholz an seine Zigarette hielt, der Oktoberregen rann über seine Mütze, rasten fünf Autos und ein großer Lieferwagen vorbei – und das an einem Sonntag. Gut, er verbrachte zwar selbst seine Tage auf großen, dröhnenden Baggern, aber er würde es niemals aushalten, so nah an einer Hauptstraßezu wohnen, mit all den Rasern und diesen Monsterlastwagen, die alles vibrieren ließen und stinkende Dieselwolken ausstießen, wenn sie auf ihrem Weg zur M 5 und in die Midlands hier vorbeifuhren.
    Aber diese Mrs.   Pawson in ihrer engen weißen Jeans fand das nach London anscheinend friedlich.
«Oh, wir hatten genug davon, Mr.   Parry.
Ich
jedenfalls. Wir konnten uns selbst nicht mehr denken hören, und ich war überzeugt, dass Gus dabei war, Asthma zu bekommen. Ich hab meinem Mann gesagt, wenn wir jetzt nicht rausziehen, machen wir es nie mehr, jedenfalls nicht mehr vor der Pensionierung. Wir brauchten so dringend Frieden um uns herum. Und einen Ort, an dem man spazieren gehen kann.»
    Spazieren gehen? Gomer war ziemlich sicher, dass sie damit bald aufhören würden, denn zwischen ihrem Haus und dem nächsten öffentlichen Fußweg lagen mindestens zweihundert Meter, die nicht gepflastert waren. Die Pawsons hätten für den halben Preis etwas Modernes bekommen können, an einer ruhigen Straße und ohne sich den Kopf über Instandhaltungsmaßnahmen zerbrechen zu müssen.
    Aber etwas Moderneres passte nicht in den Traum.
Das
hier war der Traum: achtzehntes Jahrhundert, alles ein bisschen krumm und schief, fragwürdige Elektrik, und natürlich regnete es irgendwo rein.
    Und eigene Wasserleitungen.
    Das ZU VERKAUFE N-Schild lag im nassen Kies am Rand der Auffahrt. Gomer vermutete, dass es im Laufe des Jahres wieder an der Hecke stehen würde. Sie würden ihr Geld schon wiederbekommen – so, wie sich in Hereford im Moment die Preise entwickelten, würden sie wahrscheinlich sogar das Doppelte kriegen. Selbst, wenn man abzog, was es sie kosten würde,
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