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Der Hexer von Hymal 01 - Ein Junge aus den Bergen

Titel: Der Hexer von Hymal 01 - Ein Junge aus den Bergen
Autoren: N. Bernhardt
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armer alter Mann brauche sie dringender als du«, ignorierte der Alte die Frage.
    Thorodos verstaute das Gefäß in seiner Jacke und setzte sodann seinen Marsch unbeirrt fort. Nikko kramte noch schnell einen Apfel aus seinem Rucksack hervor, um dann schließlich mit neuer Kraft und Mut im Herzen dem alten Mann zu folgen.
    Wenigstens ein Rätsel war gelöst. Kein Wunder, dass der Alte den schwierigen Aufstieg so gut meisterte. Der Trank warf jedoch mehr Fragen auf, als er beantwortete.

    Im kniehohen Schnee in der Senke kamen die beiden nur mühsam voran. Nicht nur war es schwierig, den Verlauf des Pfads überhaupt noch auszumachen, der Weg schien nach Osten hin auch weniger stark abzufallen, was es nur noch unwahrscheinlicher machte, dass die beiden den Schnee schnell hinter sich lassen würden. Tatsächlich stieg er nach einer Zeit sogar wieder an.
    Als die hoffentlich letzte Anhöhe erklommen war, bot sich den beiden Reisenden zum Lohn schließlich ein weiter Blick hinunter in das Tal im Osten. Dies war Hymal, das unbekannte Land, über das im Dorf so viele Geschichten erzählt wurden. Was sie hier wohl erwarten würde? Viel konnte man von hier oben jedoch noch nicht erkennen, denn dort im Osten wurde es langsam dunkel.
    »Wir müssen aus dem Schnee raus, bevor es Nacht wird. Also weiter!«, drängte der Alte schließlich und nahm einen weiteren Schluck aus seiner Flasche.
    Der Abstieg auf der anderen Seite gestaltete sich jedoch schwieriger als erhofft. Zum einen war der Hang auf der Ostseite wesentlich steiler. Zum anderen machte den beiden die zunehmende Dunkelheit mehr und mehr zu schaffen. Teilweise gelangten sie nur halb rutschend in die Tiefe. Wie weit sie mittlerweile schon vom eigentlichen Pfad abgekommen waren, konnte Nikko nicht einmal mehr erahnen.

    Schließlich hatten sie den Schnee doch hinter sich lassen können und waren wohl auf einer Art Plateau gelandet. Genau konnte Nikko es nicht erkennen, denn jetzt war es schon fast völlig finster. Nur ein schwacher Schimmer umkränzte noch die bizarren Gipfel im Westen und ließ sie so in einem unwirklichen Licht erscheinen, während im Osten einige wenige Sterne den pechschwarzen Himmel nur leicht erhellten.
    »Machen wir ein Feuer?«, fragte der fröstelnde Junge schließlich in Hoffnung auf etwas Wärme, nicht zuletzt auch, um seine schneenassen Kleider und Schuhe trocknen zu können, bevor die Kälte der Bergnacht über sie hereinbräche.
    »Hast du denn Holz mitgebracht?«, spottete Thorodos mit einem heiseren Lachen.
    Nikko schwieg daraufhin nur und schämte sich seiner Unbedarftheit. Nach einem kurzen Augenblick kramte der Alte dann wieder die seltsame Flasche aus seiner Jacke hervor und reichte sie dem Jungen.
    »Hier, nimm einen kleinen Schluck davon«, meinte er dann mit lieblicher Stimme, fast so, als wollte er sich für das gemeine Lachen entschuldigen.
    Nikko glaubte natürlich, es würde sich wieder um den Stärkungstrank handeln und nahm gierig einen kräftigen Schluck. Ein großer Fehler, wie sich sogleich zeigte! Wie Feuer brannte es in seinem Mund. Der entsetzliche Schmerz breitete sich in seinem ganzen Körper aus und nahm ihm die Luft. Mit tränenden Augen, hustend und panisch nach Luft japsend, glaubte sich Nikko schon dem Tode nah. Es schien nur noch die Frage, ob er erst verbrennen oder ersticken würde!
    Einen kurzen Augenblick später, der dem gequälten Jungen jedoch wie eine Ewigkeit vorkam, war der Schmerz dann plötzlich vorüber. Schnell erholte er sich und stellte erstaunt fest, dass nunmehr eine angenehme Wärme seinen Körper erfüllte, die sich langsam bis in die Fingerspitzen ausbreitete, und dann sogar bis in die Zehen.
    »Einen kleinen Schluck hatte ich gesagt«, kommentierte der Alte kopfschüttelnd. »Gib her, ich brauche auch etwas davon!«
    »Was war denn das für ein Gebräu?«, fragte Nikko und reichte dem Alten die Flasche.
    »Versuch, etwas Schlaf zu finden. Die Wirkung hält nur wenige Stunden«, ignorierte Thorodos erwartungsgemäß die Frage und nahm selbst einen kleinen Schluck.

    Für Nikko war es eine sehr unruhige Nacht. Nicht nur bohrten sich Geröll und Kieselsteine unerbittlich in sein Fleisch, sogar durch beide Decken, die er auf den kargen Boden ausgebreitet hatte. Ihm war auch unerträglich heiß. Er hatte wohl einen deutlich zu großen Schluck aus der Flasche mit dem Feuertrank genommen! Trotz der nachtkalten Bergluft, die gelegentlich von eisigem Wind durchsetzt war, schwitzte Nikko fürchterlich.
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